«Wir danken Gott für diesen großartigen Menschen»: In einer Predigt ehrt die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs das Leben und Wirken des verstorbenen Wolfgang Schäuble.
22.01.2024 - 15:36:34Bischöfin Fehrs: Schäuble gab vielen Menschen Kraft
Die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs hat die Vorbildfunktion des gestorbenen früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble gewürdigt.
Mit seinem «Hoffnungsmut» habe der CDU-Politiker unglaublich vielen Menschen Kraft gegeben, sagte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende im Berliner Dom in ihrer Predigt während des Gedenkgottesdienstes für Schäuble. «Es gibt Schweres, ja, Rollstühle, Barrieren, Grenzen aller Art, aber nichts, woraus man nicht das Beste machen könnte.» Bis zum Ende sei Schäuble so gewesen. «Wir danken Gott für diesen über alle Maßen prägenden Politiker und hingebungsvollen Demokraten, wir danken Gott für diesen großartigen Menschen.»
Bundestagsabgeordneter für 51 Jahre
Fehrs nannte den Gestorbenen einen «imponierenden Antipopulisten», die gerade in diesen Zeiten gebraucht würden. «Ein Antipopulist und zugleich Mensch, der sich ganz und gar, mit all seiner Kraft, Leidenschaft und Hingabe in den Dienst unseres Gemeinwesens und unserer Demokratie gestellt hat. Und dem mit seiner Willenskraft so vieles gelang. Wie würde unser Land jetzt aussehen, wenn nicht ein so weitsichtiger Politiker wie er den deutschen Einigungsvertrag ausgehandelt hätte?»
Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren gestorben. Er wurde in seiner Heimatstadt Offenburg beigesetzt. Schäuble war in seiner langen politischen Karriere Kanzleramtschef, Bundesinnen- und Finanzminister, CDU-Vorsitzender und Bundestagspräsident gewesen. Zuletzt war er einfacher Abgeordneter im Bundestag, dem er 51 Jahre lang angehörte - so lange wie kein anderer Abgeordneter in der deutschen Parlamentsgeschichte. Nach dem Gottesdienst sollte im Plenarsaal des Bundestags ein Trauerstaatsakt stattfinden, bei dem auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron eine Rede halten wollte.
Illustre Gäste
Am Gottesdienst nahmen neben der Familie Schäubles die Spitzen der fünf Verfassungsorgane teil, voran Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Außerdem waren zahlreiche politische Weggefährten gekommen - unter ihnen die früheren Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff, Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) und die ehemaligen Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth und Norbert Lammert (beide CDU). Auf den Stufen zum Altar stand vor einem Weihnachtsbaum ein großes Schwarz-Weiß-Porträt des Gestorbenen.
Im Gottesdienst wies Bischöfin Fehrs auf Schäubles Fähigkeit zur Selbstironie, seine sagenhafte Präsenz, seine Disziplin, seinen Intellekt «und seinen Scharfsinn, der auch Schärfe kannte», hin. Schäuble werde fehlen - seiner Familie, seinen Freunden und seinen Weggefährtinnen und Weggefährten. «An Tagen wie diesen merken wir, was fehlt, aber auch, was bleibt: Mit großer Dankbarkeit werden wir gewahr, wie viel Gutes Wolfgang Schäuble für unser Land, unsere Welt vorangebracht hat», sagte Fehrs.