Vor Beginn des vorerst letzten geplanten Termins im Prozess gegen AfD-Politiker Björn Höcke schien ein Ende in Sicht.
14.05.2024 - 15:08:49Zeitpunkt für Urteil im Höcke-Prozess unklar. Das Sammeln von Beweismitteln hat den Verhandlungstag jedoch in die Länge gezogen.
Am vorerst letzten geplanten Prozesstag gegen den AfD-Politiker Björn Höcke am Landgericht Halle haben zunächst über mehrere Stunden Anträge und Beweismittel im Mittelpunkt gestanden. Ob und wann ein Urteil fällt, war bis zum frühen Nachmittag nicht abzusehen. Höcke muss sich wegen des Vorwurfs des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verantworten.
Ursprünglich hatte das Gericht für den vierten Verhandlungstag die Verkündung des Urteils als möglich angekündigt. Zuvor müssen noch die Schlussvorträge gehalten werden. Höcke hat zudem die Möglichkeit zu einem letzten Wort des Angeklagten.
Was wird Höcke vorgeworfen?
Der Staatsanwaltschaft zufolge soll Höcke wissentlich in einer Rede im Mai 2021 in Merseburg eine Parole der SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, verwendet haben. Er sagte dort: «Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland». Beim dritten Teil des Dreiklangs handelt es sich um die verbotene Losung der SA. Die Staatsanwaltschaft Halle wirft Höcke vor, von der Herkunft und der Bedeutung der Losung gewusst zu haben. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht zurückgewiesen.
Unter anderem hatten die Verteidiger Höckes die Vernehmung eines Historikers und ehemaligen Gymnasiallehrers beantragt. Dieser erklärte am Vormittag, dass die Parole der SA, wegen deren Verwendung Höcke vor Gericht steht, in der NS-Zeit «nicht besonders präsent» gewesen sei. Weiter gab der Zeuge auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft an, mit Götz Kubitschek das «Institut für Staatspolitik» in Sachsen-Anhalt gegründet zu haben. Dieses war später vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden und wurde kürzlich aufgelöst.
Vor der Vernehmung des Historikers hatte das Gericht über diverse Beweisanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung entschieden. Daraufhin wurden auch Videos gezeigt. Eines zeigte einen Ausschnitt aus dem TV-Duell des Senders Welt, bei dem Höcke am 11. April gegen den Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt angetreten war. Darin äußerte sich der AfD-Politiker auch zu den von der Staatsanwaltschaft Halle erhobenen Vorwürfen gegen ihn.
Was für eine Strafe würde Höcke erwarten?
Das Gericht hatte zuvor eine Erklärung abgegeben, wonach es maximal eine Geldstrafe vorsieht. In diesem Fall müsste Höcke keine Aberkennung seiner Amtsfähigkeit befürchten. Die Staatsanwaltschaft sieht hingegen nur eine Freiheitsstrafe als angemessen an. Zudem solle Höcke 10.000 Euro zahlen, möglichst für gemeinnützige Einrichtungen wie Demokratieförderprojekte oder NS-Gedenkstätten. Das mögliche Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis hin zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Bis zu einer möglichen Urteilsverkündung gilt die Unschuldsvermutung.
Ein zweites gezeigtes Video zeigt einen Auftritt von Höcke im thüringischen Gera. Dort hatte er während eines Stammtisches die Parole «Alles für Deutschland» auch verwendet, das dritte Wort allerdings nicht selbst ausgesprochen, sondern es vom Publikum rufen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anzeige wegen der Rede in Merseburg und die Ermittlungen längst Thema in den Medien. Der Fall sollte zwischenzeitlich Teil der aktuellen Verhandlung in Halle werden, wurde es dann aber doch nicht.
Verteidigung fordert Freispruch
Die Verteidigung hat vor dem Landgericht in Halle einen Freispruch gefordert. Der Spruch sei eigentlich vergessen gewesen, sagte Verteidiger Ralf Hornemann in seinem Schlussvortrag. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass ihn nun zahlreiche Menschen kennen.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung gefordert. Sie hatte Höcke vorgeworfen, wissentlich die Losung «Alles für Deutschland» in einer Rede in Merseburg im Mai 2021 verwendet zu haben.
Höcke selbst richtete sich in seinem Schlusswort an die Staatsanwaltschaft. «Mein Eindruck ist, dass sie heute die Binde der Justitia nicht auf ihren Augen hatten, Herr Staatsanwalt», sagte Höcke. «Sie haben nicht nach entlastenden Momenten gesucht.» Zudem verwies der Politiker mehrfach darauf, dass er die Meinungsfreiheit in Deutschland als eingeschränkt sieht. Der Richter ermahnte Höcke, er solle sich zur Sache äußern und keine Wahlkampfrede halten.
Landtagswahlen in Thüringen
Der Thüringer AfD-Parteichef will am 1. September als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen antreten. Ein Urteil des Landgerichts wird voraussichtlich keine Auswirkungen auf seine Kandidatur haben. Die AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den dortigen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Der in Nordrhein-Westfalen geborene Höcke wird sich auch wegen weiterer Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen: Am Landgericht Mühlhausen in Thüringen wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Termine für die Verhandlung gab es dort bis zuletzt noch nicht. Vor dem Landgericht in Halle soll der Fall in Gera verhandelt werden. Auch hier gibt es bislang keine Termine.