Merz, Finanz-Kompromiss

Union und SPD kämpfen im Bundestag für ihr Milliarden-Kreditpaket.

13.03.2025 - 13:43:04

Merz bietet Finanz-Kompromiss an – Abfuhr der Grünen. Doch ihre Zugeständnisse kommen bei den Grünen nicht gut an.

Im Ringen um ihr Multimilliarden-Finanzpaket sind Union und SPD bereit, deutliche Schritte auf die Grünen zuzugehen. Der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz (CDU) bot im Bundestag an, die Schuldenbremse nicht nur für Verteidigung, sondern auch für Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie Nachrichtendienste zu lockern. Außerdem schlug er vor, einen Teil des geplanten, 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Sondertopfs fest für den Klimaschutz vorzusehen. Merz sprach in der ersten Lesung zu den geplanten Grundgesetzänderungen, die endgültige Abstimmung über das Paket ist für nächsten Dienstag geplant.

Bis zu 50 Milliarden für Klima- und Transformationsfonds

Bis zu 50 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollten in den Klima- und Transformationsfonds fließen, sagte Merz. Damit könne Deutschland nicht nur bei der Verteidigung, sondern auch bei der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und beim Klimaschutz einen großen Sprung nach vorn machen. «Was wollen Sie noch mehr?», fragte Merz die Grünen.

Diese erteilten dem CDU-Chef umgehend eine ganz klare Absage. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte an Merz gewandt, falls dieser sich frage, warum die Verhandlungen mit den Grünen gerade so liefen, wie sie liefen, dann antworte sie ihm: «Weil wir uns nicht auf Ihr Wort verlassen.»

Nirgends werde garantiert, dass die Ausgaben aus dem Infrastruktur-Topf wirklich zusätzlich seien. «Und wer von uns die Zustimmung für Hunderte von Milliarden Euro haben will für die Investitionen in dieses Land, der muss damit rechnen, dass wir darauf schauen, dass das Geld auch wirklich in die Infrastruktur in diesem Land gesteckt wird und nicht in Steuersenkungen», sagte Dröge.

Sie warf Merz Parteitaktik vor und erinnerte daran, dass SPD und Grüne vor der Wahl mehrfach eine Reform der Schuldenbremse ins Spiel gebracht hätten. «Sie haben dieses Angebot damals mehrfach abgelehnt», sagte sie zu Merz. «Weil Sie noch nie in der Lage waren, die Interessen dieses Landes an die erste Stelle zu stellen und nicht Ihre eigenen.»

Unbegrenzte Schulden-Möglichkeiten für Verteidigung

Das geplante Multimilliarden-Finanzpaket soll die Grundlage für eine neue schwarz-rote Koalition bilden. Konkret haben sich CDU, CSU und SPD vorgenommen, Verteidigungsausgaben ab einer bestimmten Summe von der Schuldenbremse auszunehmen. Alles, was über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt, also über etwa 44 Milliarden Euro, soll aus Krediten finanziert werden dürfen. Nach oben soll es keine Grenze geben.

Die Länder sollen außerdem mehr Spielraum für eigene Verschuldung bekommen. Drittes Vorhaben ist ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur, das mit Krediten von bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird.

Das soll Deutschland nicht nur ermöglichen, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erfüllen und die Bundeswehr fit zu machen, sondern auch den riesigen Investitionsstau bei Autobahnen, Brücken, Energienetzen, Kitas und Schulen anzugehen.

Die Grünen werden dringend gebraucht

Ohne die Zustimmung von Grünen oder FDP kann das Paket im Bundestag aber nicht beschlossen werden – denn allein haben Union und SPD nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes. Doch keine der beiden Fraktionen ist bisher zur Zustimmung bereit.

Mit den Grünen gibt es seit Tagen Gespräche. Sie wollen sicherstellen, dass mit den 500 Milliarden wirklich zusätzliche Infrastrukturprojekte finanziert werden. Die Befürchtung ist, dass stattdessen einfach ohnehin Geplantes aus dem Kernhaushalt ausgelagert wird, sodass dort Geld frei wird für Wahlgeschenke wie die Mütterrente und eine Steuersenkung bei der Gastronomie.

Die Grünen schlagen deshalb vor, erst einmal nur eine Änderung der Schuldenbremse für die Verteidigung zu beschließen – und da auch etwa Nachrichtendienste und Cyberabwehr aufzunehmen. Über die Infrastruktur-Milliarden solle dann im neuen Bundestag auch mit der Linken verhandelt werden. Das will aber die SPD nicht, weil sie fürchtet, dass es dann gar kein zusätzliches Geld für die Infrastruktur geben wird.

Die CDU gibt sich zuversichtlich, dass eine Einigung mit den Grünen gelingt. Die Grünen-Spitze dagegen sendet bislang ganz andere Signale. Es gebe bislang keine so relevante Annäherung, dass man zusagen könne, zeitnah eine gemeinsame Position zu finden, sagte Fraktionschefin Dröge. Sie kritisierte auch, dass im Topf für Infrastruktur kein Geld für das Klima vorgesehen sei.

Möglicher Stolperstein: Bundesverfassungsgericht

Scheitern könnte das Vorhaben auch noch am Bundesrat, der ebenfalls mit zwei Dritteln der Stimmen Ja sagen muss. Die sind aktuell auch noch nicht sicher.

Außerdem steht noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus, das sich damit beschäftigt, ob der alte Bundestag mit so kurzen Fristen und wenig Zeit überhaupt noch eine Grundgesetzänderung beschließen darf. Denn schon am Dienstag soll das Parlament darüber entscheiden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht diese Sitzung noch kurzfristig untersagt.

Koalitionsverhandlungen beginnen am Abend

Ungeachtet all dieser Unsicherheiten arbeiten Union und SPD weiter auf eine gemeinsame Bundesregierung hin. Den Auftakt macht eine größere Runde heute Abend in der CDU-Zentrale. Dann beginnt die Arbeit in den 16 thematischen Arbeitsgruppen.

Sie sollen nur zehn Tage Zeit haben, um einen ersten Vorschlag für ihren Bereich im Koalitionsvertrag zu machen. Dann übernimmt eine Steuerungsgruppe die Textarbeit, bis am Ende die Hauptverhandlungsgruppe wieder einsteigt. Dazu gehören die Parteichefs Friedrich Merz (CDU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (SPD) sowie Markus Söder (CSU).

Als Grundlage hatten sich Union und SPD in Sondierungen auf zentrale Punkte verständigt, es sind aber noch zahlreiche Fragen zu klären. Damit das möglichst geräuschlos läuft, gibt es strenge Vorgaben für die Arbeitsgruppen: keine Pressekonferenzen, keine Kommunikation von Zwischenergebnissen, keine Selfies.

@ dpa.de