ROUNDUP, Ostsee-Risiko

Russland setzt für den Transport seines Rohöls über die Ostsee auf eine sogenannte Schattenflotte aus teils überalterten und unterversicherten Öltankern.

25.10.2024 - 13:20:29

Ostsee-Risiko 'Schattenflotte' - Greenpeace-Liste mit maroden Tankern

Greenpeace veröffentlichte eine konkrete Liste mit 192 derartigen Tankern. 171 Schiffe davon fuhren nach Recherchen der Umweltorganisation in den vergangenen zwei Jahren einmal oder öfter durch die deutsche Ostsee und das Seegebiet der Schifffahrtsroute Kadetrinne in der Mecklenburger Bucht.

Die Tanker seien überaltert, viele wiesen technische Mängel auf, hätten zeitweise ihr automatisches Identifizierungssystem abgeschaltet oder Ladung auf See an andere Tanker übergeben. Das sei ein besonders riskantes Manöver, teilte Greenpeace mit. Die aufgeführten 192 Schiffe seien die gefährlichsten Öltanker der sogenannten russischen Schattenflotte.

Zudem stünden die Tanker bislang auf keiner Sanktionsliste. Greenpeace warnte, bei einer Havarie in der Kadetrinne nordöstlich der Mecklenburger Bucht wäre die gesamte deutsche Ostseeküste in Gefahr. Alle Tanker seien unzureichend gegen die Folgen einer Ölpest versichert.

Zwei bis drei Öltanker pro Tag

"Diese Schrott-Tanker müssen als Erstes auf die EU-Sanktionsliste", fordert Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace. "Die Bundesregierung muss schnell handeln und eine drohende Katastrophe verhindern." Auf der Liste von Greenpeace stehen unterschiedliche Schiffstypen mit einer Länge von 183 bis 275 Metern. Das älteste Schiff ist 27, das jüngste 16 Jahre alt.

Im September hatte Greenpeace eine Datenrecherche veröffentlicht, wonach seit Januar 2021 die Fahrten der aus Russland auslaufenden Rohöltanker in der Ostsee um 70 Prozent zugenommen haben. Ein Jahr nach dem Beginn von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hätten 2023 knapp 1.000 mit Öl beladene Tanker aus Russland die Ostseeküste westwärts passiert. Das seien durchschnittlich zwei bis drei Schiffe pro Tag. Hauptabnehmer seien Indien und China.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Parlamentskreises Meerespolitik, Daniel Schneider, betonte, es müsse geprüft werden, wie die bisherigen EU-Sanktionen durch die Listung weiterer Tanker der russischen Schattenflotte verbessert werden könnten, um den Ölschmuggel durch Russland zu unterbinden und einer Umweltkatastrophe zuvorzukommen. "Hierfür müssen insbesondere auch die Flaggenstaaten verpflichtet werden, maroden, seeuntüchtigen Tankern ohne ausreichenden Versicherungsschutz den Transport von großen Ölmengen zu untersagen."

Schattenflotte Thema bei Umweltministerkonferenz

Russland wird bereits seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in Hand westlicher Reedereien sind oder nicht von westlichen Versicherungen versichert wurden. Der Preisdeckel war zusammen mit einem weitgehenden Importverbot für russisches Öl in die EU in Kraft getreten. Der aus acht Anrainerstaaten bestehende Ostseerat hatte in diesem Jahr entschlossene Maßnahmen gegen die Schattenflotte einschließlich der Verschärfung von Sanktionen gefordert.

Schleswig-Holstein will bei der Umweltministerkonferenz im November über die Gefahren der Schattenflotte sprechen. Man habe das Thema für die Tagung angemeldet, teilte Umweltstaatssekretärin Katja Günther (Grüne) mit. Es sei erschreckend, dass die maroden und größtenteils nicht versicherten Öltanker und Frachter auf der Ostsee unterwegs seien. "Die Frage ist aktuell nicht, ob es eine Ölkatastrophe geben wird, sondern wann", so Günther.

Die Kosten für ein derartiges Unglück würden nach Günthers Angaben - ganz abgesehen von der zerstörten Natur - die Steuerzahler tragen müssen. Sie nannte die sogenannte Schattenflotte eine massive Bedrohung für die Ostsee. "Jetzt ist nicht die Zeit sich wegzuducken: Ich fordere die beteiligten Bundesressorts und vor allem den Bundesverkehrsminister auf, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um diese Gefahr abzuwenden."

@ dpa.de