Staatsanwalt, Jacht-Untergang

Nach dem Untergang der Luxusjacht "Bayesian" vor Sizilien mit sieben Todesopfern ermittelt die Staatsanwaltschaft nun wegen fahrlässiger Tötung.

25.08.2024 - 10:51:12

Staatsanwalt ermittelt nach Jacht-Untergang wegen Tötung

Damit soll geklärt werden, ob das Segelschiff möglicherweise sank, weil die Gefahr eines aufziehenden Sturms unterschätzt wurde. Bislang richten sich die Ermittlungen aber nicht konkret gegen den Kapitän oder andere Mitglieder der Crew. Die Bergung des 30 Millionen Euro teuren Schiffs wird vermutlich Monate dauern.

Bei dem Unglück in Ufernähe der italienischen Mittelmeerinsel kamen am Montag der britische Milliardär Mike Lynch (59) und dessen erst 18 Jahre alte Tochter ums Leben sowie zwei befreundete Ehepaare und der Schiffskoch. 15 Menschen konnten gerettet werden. Der schwerreiche Software-Unternehmer hatte auf der Segeltour mit Familie, Freunden und Geschäftspartnern einen Freispruch vor Gericht feiern wollen.

Ermittler: Jacht von Fallböe getroffen

Nach Erkenntnissen der Ermittler wurde die "Bayesian" gegen 4.00 Uhr morgens in einem Sturm mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde von einer Fallböe getroffen. Sie sank dann binnen weniger Minuten. Staatsanwalt Raffaele Cammarano sagte auf einer Pressekonferenz in Palermo: "Es war ein plötzliches, abruptes Ereignis." Demnach sagte der Wetterbericht zwar "Störungen" voraus - es gab aber keine Sturmwarnung. Andere Kapitäne hatten ihre Boote in Sicherheit gebracht.

Fallböen entstehen nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes, wenn kalte Luft in einem Gewitter nach unten fällt, auf Land oder Wasser trifft und sich dort in linearer Richtung ausbreitet. Aus nächster Nähe sehen sie oft wie eine rasend schnelle "weiße Wand" aus. Häufig richten sie mehr Schäden an als Tornados.

Bergung könnte sich noch Wochen hinziehen

Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von der sogenannten Blackbox der 56-Meter-Jacht, die allerdings noch nicht entdeckt wurde. Zudem wollen sie vor einer Ausweitung der Ermittlungen die Bergung des Schiffs abwarten. Dies wird nach Schätzung von Experten mindestens zwei Monate dauern. Die 500-Tonnen-Jacht - eines der größten Segelschiffe der Welt - liegt einen Kilometer vor dem kleinen Hafen Porticello auf dem Meeresgrund.

Die Staatsanwaltschaft schloss aber auch nicht aus, dass zuvor schon einige Beteiligte namentlich in ein Register der Verdächtigen eingetragen werden. Dies würde ihnen nach italienischem Recht Zugang zu den Akten erlauben. Staatsanwalt Ambrogio Cartosio sagte: "Es ist wahrscheinlich, dass es eine Kette von Fehlern und unkorrektem Verhalten gab." Dies könne "sowohl den Kapitän und die Besatzung als auch den Hersteller betreffen". Die Jacht wurde 2008 von einer italienischen Werft gebaut.

Schwester verabschiedet sich mit rührenden Worten

Vor allem geht es auch um die Frage, warum mit Ausnahme des Kochs alle Crew-Mitglieder überlebten - von den zwölf Passagieren aber nur die Hälfte. Vermutet wird, dass die Todesopfer in ihren Kabinen im Schlaf überrascht wurden. Auch von einer Party am Vorabend ist die Rede. Nach Angaben der Ermittler wurden bei den Überlebenden keine Alkoholtests gemacht. Die Staatsanwaltschaft stellte klar, dass der Kapitän - ein Neuseeländer - sowie die anderen Besatzungsmitglieder Italien verlassen dürfen.

Mit rührenden Worten verabschiedete sich Lynchs Tochter Esme von ihrer jüngeren Schwester Hannah (18). "Sie ist mein kleiner Engel, meine Heldin", heißt es in einer Mitteilung der Familie vom Freitagabend. "Hannah platzte oft in mein Schlafzimmer und legte sich zu mir. Manchmal strahlte sie, manchmal war sie frech, manchmal fragte sie um Rat. Egal, was passierte, sie brachte mir grenzenlose Liebe." Esme war nicht an Bord. Die Mutter überlebte das Unglück.

Lynch selbst gehörte zu den reichsten Briten. Mit dem Verkauf seiner Software-Firma an den US-Konzern Hewlett Packard hatte er Milliarden gemacht. Die Übernahme stellte sich dann aber als Flop heraus, was lange juristische Streitigkeiten zur Folge hatte. Ein Gericht sprach Lynch jedoch kürzlich frei.

@ dpa.de