Unionsfraktion, Scholz

Könnte die Ukraine Taurus-Marschflugkörper nur mit deutscher Hilfe einsetzen - oder auch ohne? Die Union wirft dem Kanzler eine Falschinformation der Bevölkerung vor.

12.03.2024 - 15:01:22

Unionsfraktion droht Scholz mit Untersuchungsausschuss. Sie verlangt Aufklärung.

  • CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: Kanzler Scholz sollte zur Aufklärung von Widersprüchen in der Taurus-Debatte beitragen. - Foto: Serhat Kocak/dpa

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  • Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Lenkflugkörper Taurus im Rahmen der Übung «Two Oceans» über See. - Foto: Bundeswehr/Bundeswehr/dpa

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CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: Kanzler Scholz sollte zur Aufklärung von Widersprüchen in der Taurus-Debatte beitragen. - Foto: Serhat Kocak/dpaDie von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Lenkflugkörper Taurus im Rahmen der Übung «Two Oceans» über See. - Foto: Bundeswehr/Bundeswehr/dpa

Vor den erneuten Beratungen im Bundestag über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine kommt aus der Unionsfraktion die Drohung mit einem Untersuchungsausschuss. Dieser sollte notfalls aufklären, wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu der Aussage komme, dass das Waffensystem nur unter Mitwirkung deutscher Soldaten eingesetzt werden könne, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in Berlin.

«Die Zielrichtung eines Untersuchungsausschusses wäre der Bundeskanzler und die Frage, wie kommt er zu Aussagen gegenüber der Öffentlichkeit, die erkennbar von den deutschen Militärs und der Herstellerfirma des Taurus nicht gedeckt sind.»  

Aus der Unionsfraktion war bereits nach dem Bekanntwerden der Taurus-Abhöraffäre das Einsetzen eines Untersuchungsausschusses ins Spiel gebracht worden. Dabei ging es aber um die Frage, wie es Russland gelingen konnte, ein Gespräch hochrangiger Offiziere der Bundeswehr zu einem möglichen Taurus-Einsatz abzuhören.

Taurus-Einsatz nur unter Mitwirkung deutscher Soldaten?

In diesem Gespräch war auch die Rede davon, dass das Waffensystem unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne deutsches Mitwirken eingesetzt werden könnte. Scholz hat inzwischen jedoch mehrfach erklärt, dass ein Taurus-Einsatz nur unter Mitwirken deutschen Personals möglich wäre. Machte man dies, würde das aus Sicht des Kanzlers die Gefahr erhöhen, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen würde.

Würde Scholz zur Aufklärung dieser Widersprüche beitragen, wäre die Debatte darüber schnell wieder beruhigt, sagte Dobrindt. Es stellten sich Fragen wie: «Hat er zum Zeitpunkt, als er diese Aussagen getroffen hat, keine Kenntnis darüber gehabt, dass keine deutschen Soldaten zur Anwendung der Taurus-Marschflugkörper notwendig sind? Warum hatte er keine Kenntnis darüber und kommt trotzdem zu einer solchen Aussage? Oder hatte er Kenntnis darüber und hat sie nur vor seiner Aussage vergessen gehabt? Die letzte Variante wäre: Er kannte die Aussage und hat trotzdem die Öffentlichkeit anders informiert.»

Regierungsbefragung und Abstimmung im Bundestag

Die Union will diese Fragen dem Kanzler bereits an diesem Mittwoch im Bundestag in der Regierungsbefragung stellen. Am Donnerstag wird der Bundestag dann über einen Antrag der Union abstimmen, in dem die sofortige Lieferung von Taurus-Systemen an die Ukraine verlangt wird.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, ging davon aus, dass seine Fraktion diesem geschlossen zustimmen werde. «Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen.» Wie viele Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP sich anschließen werden, lasse sich nur schwer einschätzen.

Frei räumte ein, dass die Union für ihre Taurus-Forderung nach Meinungsumfragen keine Mehrheit in der Bevölkerung habe. Allerdings habe Scholz zur Verunsicherung der Menschen beigetragen. Zugleich betonte der CDU-Politiker, «dass wir unser Handeln nicht an Stimmungen ausrichten». Die Union handele so, weil sie davon überzeugt sei, dass die Lieferung der Marschflugkörper richtig und notwendig sei.

Grünen-Fraktionschefin: Werden Unionsantrag nicht absegnen

Die Grünen im Bundestag wollen nach Aussagen ihrer Vorsitzenden Britta Haßelmann den bevorstehenden Antrag der Unionsfraktion zur Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine ablehnen. Das erklärte Haßelmann nach der Sitzung ihrer Fraktion im Bundestag.

Es sei «ganz offenkundig», dass ein Teil der Unionsfraktion mit der Antragsinitiative «einen innenpolitischen Beitrag setzen» wolle, erklärte sie. «Diese Absicht teile ich nicht und die werden wir auch nicht unterstützen.» Zugleich betonte Haßelmann, für ihre Fraktion sei grundsätzlich klar, dass das System Taurus auch zur Unterstützung der Ukraine bei ihrem Verteidigungskampf gegen Russland «dazugehören soll und kann».

Haßelmann betonte, dass mit dem geplanten Antrag der Unionsfraktion weder ein einzelnes Waffensystem an die Ukraine geliefert noch die Lage für die Menschen in der Ukraine verbessert werde. Die Unterstützung der Regierungskoalition für das angegriffene Land werde nach wie vor «groß und klar» bleiben, versprach sie.

FDP wirft Union bei Taurus «Symbolpolitik» vor

Die FDP-Bundestagsfraktion befürwortet nach den Worten ihres Vorsitzenden Christian Dürr zwar eine Taurus-Lieferung an die Ukraine, wird einem Antrag der Union hierzu aber nicht zustimmen. «Wir halten es für richtig in der Sache, keine Frage, aber diese symbolischen Anträge bringen uns in Wahrheit ja nicht weiter», sagte Dürr in Berlin. Über eine Lieferung der Marschflugkörper entscheide die Bundesregierung und nicht der Bundestag.

Mit Blick auf Abgeordnete wie die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die für den Unionsantrag stimmen will, betonte der Fraktionsvorsitzende erneut: «Es gibt bei Koalitionsregierungen (...) keine wechselnden Mehrheiten.» Strack-Zimmermann hatte schon in der vergangenen Sitzungswoche des Bundestags für einen Unionsantrag gestimmt, in dem die sofortige Lieferung des Waffensystems an die Ukraine verlangt wurde. 

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sagte später in einem Interview, er sei kurz davor gewesen, dies ebenfalls zu tun. Laut Kubicki könnten jetzt mindestens zwölf FDP-Abgeordnete für den Unionsantrag stimmen, wenn darin nicht auf die Ampel und den Kanzler eingeprügelt werde. 

Dürr betonte, Kubicki habe auch gesagt, er könne für keine Anträge stimmen, die am Ende nur Symbolpolitik seien. «In Wahrheit geht es der Union ja eher darum, das Parlament zu spalten, offensichtlich, und nicht darum, dass die Unterstützung für die Ukraine weiter noch verstärkt wird», kritisierte der Fraktionsvorsitzende.

@ dpa.de