Hat die Festnahme eines 20-Jährigen womöglich schreckliche Szenen auf einem Weihnachtsmarkt verhindert? Er soll einen Anschlag geplant haben.
01.12.2023 - 17:50:01Terroranschlag geplant? 20-Jähriger stand vor Abschiebung. Auch in anderen Teilen Deutschlands gab es Festnahmen.
Er soll vorgehabt haben, Besucher eines Weihnachtsmarktes anzugreifen: Die Polizei in Niedersachsen ermittelt gegen einen 20-Jährigen wegen des Verdachts eines geplanten Terroranschlags.
Die Ermittler sehen den Weihnachtsmarkt in Hannover als ein mögliches Ziel an - das «können wir derzeit nicht ausschließen», sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landeskriminalamts der Deutschen Presse-Agentur. Nach LKA-Angaben ist der Mann weiter in polizeilichem Gewahrsam.
Der 20-jährige Iraker aus Sachsen-Anhalt stand kurz vor seiner Abschiebung. «Eine Abschiebung war in Abstimmung mit der Bundespolizei bereits für den heutigen Freitag, den 1. Dezember 2023, vorbereitet worden», teilte das Innenministerium in Magdeburg mit.
Der 20-Jährige war am 21. November in Helmstedt festgenommen worden. Laut Landeskriminalamt Niedersachsen hatte die Polizei Hinweise, wonach der Mann eine schwere Gewalttat geplant hatte. Er soll vorgehabt haben, Besucher eines Weihnachtsmarktes anzugreifen. D
Der 20-Jährige habe gegen die Abschiebe-Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingereicht. Das Amt habe den Asylantrag des 20-Jährigen am 21. November 2023 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Ausreisefrist betrage in einem solchen Fall eine Woche.
Zuletzt wurden in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg zwei Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren festgenommen, die einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt geplant haben sollen.
Sorge vor dem Weihnachtsmarktbesuch?
Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens sagte zuvor dem NDR über den Verdächtigen: «Er hat angekündigt, dass er Anschläge im Zusammenspiel von Großveranstaltungen in der Weihnachtszeit offensichtlich ausüben möchte, und deswegen haben wir ihn in Präventionsgewahrsam genommen.»
Mit Blick auf die Sicherheitslage auf Weihnachtsmärkten sagte Behrens, die Polizei sei dort «sehr klar und robust unterwegs» - unter anderem wegen der kriegerischen Auseinandersetzung im Nahen Osten. «Wir haben auch weiterhin Islamisten», betonte sie.
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums gibt es derzeit keine konkrete Gefährdungslage, aber eine «hohe abstrakte Gefährdung». Der Gaza-Krieg habe die Sicherheitslage bundesweit verschärft. Alle Weihnachtsmärkte hätten ein Sicherheitskonzept, auch erhöhte Polizeipräsenz solle die Märkte sichern. Ein Ministeriumssprecher sprach von einer «sehr volatilen Sicherheitslage».
Die Polizeidirektion Hannover erklärte zum dortigen Weihnachtsmarkt, eine «angemessene Anzahl von Einsatzkräften» sei dort unterwegs. Eine sogenannte mobile Wache solle als Anlaufstelle für Besucher dienen, die Anzeigen erstatten oder Hinweise an die Polizei geben wollten. Der Weihnachtsmarkt werde auch in diesem Jahr zusätzlich mit mehreren Kameras im Gebiet der Altstadt überwacht.
Anlehnung an Vorgehensweisen des IS
Die beiden unter Terrorverdacht festgenommenen Jugendlichen aus Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sitzen in Untersuchungshaft. Sie sollen mit der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sympathisiert haben. Laut Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf sollen sie sich verabredet haben, mit der Explosion eines Kleinlasters Anfang Dezember Besucher eines Weihnachtsmarktes in Leverkusen zu töten.
Der in Nordrhein-Westfalen festgenommene 15-Jährige will sich den Angaben zufolge bereits Benzin beschafft haben, bei Durchsuchungen wurden aber keine Brennstoffe gefunden. Es habe ein «sehr konkretes Gedankenmodell» zur Tatplanung gegeben, sagte Oberstaatsanwalt Holger Heming. Allerdings gebe es keine Erkenntnisse, wonach sich die beiden einen Kleinlaster beschafft hatten.
Die Jugendlichen sollen ihren Anschlag laut Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft in Anlehnung an die Ziele und Vorgehensweisen des IS geplant haben. Die Rede war von ideologisch angelehnten Sympathisanten, keineswegs von einer tatsächlichen Mitgliedschaft oder von tatsächlichem Kontakt.
Dem Jüngeren werden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft unter anderem die Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich heimtückischem Mord aus niedrigen Beweggründen, sowie die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen.
Die mutmaßlichen Planungen der Jugendlichen - der 15-Jährige ist ein Deutsch-Afghane, der 16-Jährige hat die russische Staatsangehörigkeit - erinnern an den Anschlag am 19. Dezember 2016 an der Gedächtniskirche in Berlin. Damals war ein islamistischer Terrorist mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt gerast. Insgesamt 13 Menschen starben, einer von ihnen Jahre später an den Folgen.
Deutschlandweite Bedrohungslage
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministerium kann ein Präventivgewahrsam laut Polizeigesetz des Landes nach einer richterlichen Entscheidung zunächst einmal höchstens 14 Tage dauern. Dies kann nach der Prüfung durch einen Richter um weitere 14 Tage verlängert werden. Im Rahmen der Gefahrenabwehr ist demnach eine letztmalige Verlängerung um sieben Tage möglich.
Auch die Bremer Polizei teilte mit, den Sicherheitsbehörden lägen aktuell keine Erkenntnisse vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Weihnachtsmärkte in Bremen ableiten ließe. Die Bedrohungslage in Deutschland und in Europa sei aber unverändert, Weihnachtsmärkte hätten wegen der zu erwartenden hohen Besucherzahlen, der meist zentralen Lage und offener Zugangsmöglichkeiten eine besondere Bedeutung. Das Sicherheitskonzept der Polizei Bremen sehe auch den Schutz vor Überfahrtaten und den Einsatz unterschiedlicher Barrieren vor.