Deutschland, Finanzen

Gastrosteuer runter, Pendlerpauschale hoch - doch wer zahlt am Ende? Der Finanzminister bleibt bei seiner Absage an Kompensationen.

23.10.2025 - 15:58:36

Klingbeil: Länder-Entlastungen stehen nicht zur Debatte. In den Ländern gehen die Meinungen auseinander.

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sieht nach der Steuerschätzung erst recht keinen Grund mehr, Einnahmeausfälle der Länder durch den Bund auszugleichen. «Ich glaube, dass spätestens mit diesen Zahlen diese politische Debatte beendet sein wird», sagte der Vizekanzler mit Blick auf ein bis morgen (Freitag) geplantes Treffen der Länder-Ministerpräsidenten. Klingbeil zog damit die Kritik mehrerer Länder auf sich.

In Mainz wollen die Länder darüber sprechen, wie die Finanzbeziehungen mit dem Bund grundsätzlich neu geregelt werden können. Es müsse künftig sichergestellt werden, dass der Bund Mehrkosten, die durch in Berlin entstandene Gesetze entstehen, trägt, betonte der Ministerpräsident des Gastgeberlandes Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer (SPD). Aus Sicht der Länder soll das Konnexitätsprinzip gelten: Wer bestellt, bezahlt.

Gastrosteuer und Pendlerpauschale

Konkret steht das zur Debatte bei der von der schwarz-roten Koalition geplanten Mehrwertsteuersenkung für Speisen in der Gastronomie und bei der geplanten Erhöhung der Pendlerpauschale. Beides sind Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag - aktuell beraten darüber Bundestag und Bundesrat. Wegen der dadurch befürchteten Milliardeneinbußen kam von den Ländern teils deutliche Kritik und die Forderung nach Kompensation. 

Klingbeil sieht dafür nach der Steuerschätzung keinen Spielraum: Während der Bund bis 2029 nicht mit zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen kann, kommen bei Ländern und Kommunen voraussichtlich 39,1 Milliarden Euro mehr rein. Weder bei der Gastrosteuersenkung noch bei der Pendlerpauschale sieht Klingbeil damit noch Redebedarf bezüglich potenzieller Kompensationen.

Der SPD-Chef betonte, nicht alle Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag seien für ihn «mit großer Leidenschaft» verbunden, er stehe aber zu den Vereinbarungen. Auch Länderchefs hätten bei den Verhandlungen mit am Tisch gesessen. Im Nachhinein nun die Spielregeln zu verändern und eine Kompensation durch den Bund zu fordern, gehe nicht.

Unterschiedliche Meinungen in den Ländern

Schweitzer sieht darin die typische Haltung eines Finanzministers: «Die Berufsauffassung eines guten Finanzministers muss sein, die Taschen zuzunähen», sagte er zum Auftakt des Länder-Treffens. Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) forderte: «Wer Beschlüsse fasst, muss auch Verantwortung für die Finanzierung übernehmen.» Entlastungen für Pendler und die Gastronomie seien richtig, aber dürften nicht auf Kosten der Länderhaushalte gehen.

Deutlichen Gegenwind bekommt Klingbeil auch aus Hessen. Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) warf dem Vizekanzler eine unkluge Kommunikation vor. «Ich glaube, der Bundesfinanzminister sollte seine Energie lieber darauf verwenden, eine Lösung dafür zu finden, anstatt so etwas herbeizuführen wie ein Drohpotenzial», kritisierte Rhein. Das Motto: «Wenn ihr nicht mitmacht, bekommen die Bürger diese Entlastungen nicht», sei der falsche Weg.

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) betonte, es seien Bundesgesetze gewesen, die viele Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten auf die Kommunen abgewälzt hätten. Der Bund stehe in der Verantwortung. «Er muss da helfen», sagte Kretschmer in Mainz.

Söder springt Klingbeil zur Seite

Beistand dagegen bekommt Klingbeil von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, der als CSU-Chef den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt hat. Der Bund habe von Anfang an gesagt, bei Steuern könne er nicht ausgleichen, sagte Söder. «Deswegen ist es für mich eindeutig, da kann es keine Kompensation geben.» Er appellierte an seine Länder-Kollegen, den Reformen zuzustimmen: «Wer nicht will, dass Innenstädte veröden ohne Gastronomie, wer nicht will, dass die Dorfwirtschaft verschwindet, und wer auch nicht will, dass die Pendler benachteiligt werden, gerade im Vergleich zum Deutschlandticket, der muss am Ende zustimmen, und da werde ich sehr dafür werben», sagte er.

@ dpa.de

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