Es ist ein blutiger Fall, der per Kamera dokumentiert wurde und die ganze Republik erschütterte: die Messerattacke von Mannheim.
13.02.2025 - 12:48:42Prozess um tödlichen Messerangriff in Mannheim hat begonnen. Aber dem Verfahren, so der Richter, sind Grenzen gesetzt.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat der Prozess gegen einen 26-jährigen Afghanen wegen der tödlichen Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz begonnen. Der Generalbundesanwalt hat Anklage gegen Sulaiman A. unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes erhoben. Der Täter radikalisierte sich demnach mutmaßlich nach der Machtergreifung der Taliban.
Sulaiman A. hatte auf dem Marktplatz in Mannheim fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Polizist Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamte schoss den Angreifer nieder.
«Religiöse Pflicht, vermeintliche Ungläubige zu töten»
Oberstaatsanwältin Verena Bauer sagte beim Prozessauftakt in Stuttgart-Stammheim, der aus Afghanistan stammende Mann habe ab der Machtergreifung der Taliban 2021 begonnen, sich für deren Ideologie zu interessieren. Er habe sich dann intensiv mit dem Islam auseinandergesetzt und radikale Gelehrte in sozialen Medien verfolgt, schließlich Sympathien für den Islamischen Staat (IS) entwickelt. Spätestens Anfang Mai 2024 sei er zu der Überzeugung gelangt, dass es nicht nur legitim, sondern seine religiöse Pflicht sei, vermeintlich Ungläubige zu töten.
Angehörige des Polizisten bei Auftakt anwesend
Der 26-Jährige wurde am Morgen in Handschellen in den streng gesicherten Saal 1 des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim geführt. Zahlreiche Medienvertreter und Besucher verfolgten den Prozessauftakt. Auch Angehörige des getöteten Polizisten, darunter die Mutter, waren als Nebenkläger anwesend.
Für das Verfahren sind zunächst mehr als 50 Prozesstage bis Ende Oktober angesetzt. Die Ladung der Zeugen und Sachverständigen sei noch nicht abgeschlossen, sagte eine Gerichtssprecherin vor Prozessauftakt. Voraussichtlich würden sich im Verfahrensverlauf unter anderem Gutachter zu rechtsmedizinischen, psychiatrischen, islamwissenschaftlichen und IT-forensischen Fragen äußern. Als Nebenkläger treten in dem Verfahren auch mehrere Verletzte auf, darunter das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger.
Richter präzisiert die Rolle des Verfahrens
Der Vorsitzende Richter präzisierte beim Prozessauftakt die Rolle des Verfahrens. In dem Prozess gehe es vor allem anderen um die individuelle Schuld des Anklagten und eine mögliche Rechtsfolge, sagte Richter Herbert Anderer. Das sei Sinn und Zweck des Strafprozesses.
Man werde die eine oder andere Frage nicht erörtern, manche nur streifen, sagte Anderer. Das tue man nicht, weil man uninteressiert sei oder bequem, sondern weil man sonst eine Grenze überschreite, die die Gewaltenteilung auferlege. Das Verfahren sei kein Untersuchungsausschuss, dies sei keine parlamentarische Stunde, so der Vorsitzende Richter. Man müsse die Grenze zur ersten und zweiten Gewalt ziehen, das möge zur Enttäuschung führen. Das Verfahren werde sehr emotionale Momente mit sich bringen, ganz sicher für die Verfahrensbeteiligten, aber auch für die Richterinnen und Richter.
Asylantrag des Angreifers 2014 abgelehnt
Der Angreifer war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 2013 als Teenager nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Der Antrag wurde 2014 abgelehnt. Es wurde allerdings ein Abschiebeverbot verhängt, vermutlich wegen des jugendlichen Alters. Der Täter hatte zuletzt mit seiner deutschen Ehefrau und zwei Kleinkindern im hessischen Heppenheim gewohnt - rund 35 Kilometer nordöstlich von Mannheim. Er war der Polizei vor der Tat nicht bekannt.
Die Tat löste auch eine intensive Debatte über striktere Abschiebungen ausländischer Straftäter aus. Als Konsequenz kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen.