Es ist die erste durch das Bundesverfassungsgericht angeordnete Wahlwiederholung in der Geschichte der Bundesrepublik: Nach den Pannen im September 2021 wird der Bundestag in Teilen Berlins neu gewählt.
11.02.2024 - 11:48:52Nach den Pannen von 2021: Berlin wählt wieder
Rund zweieinhalb Jahre nach der von Pannen überschatteten Bundestagswahl 2021 in Berlin wird diese teilweise wiederholt. Die Wahllokale sind seit 8.00 Uhr geöffnet, sie schließen um 18.00 Uhr.
Neu gewählt wird nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in 455 von 2256 Wahlbezirken und den zugehörigen Briefwahlbezirken, also in etwa einem Fünftel. Zur Stimmabgabe aufgerufen sind 549.549 Berlinerinnen und Berliner.
Die Teilwiederholung lief aus Sicht der Landeswahlleitung «ruhig» an. Die Wahlbeteiligung lag demnach mit Stand 12.00 Uhr bei 25,4 Prozent. Damit rangierte die Beteiligung zu diesem Zeitpunkt um 2 Prozentpunkte niedriger als zur Hauptwahl 2021, wie die Landeswahlleitung mitteilte.
An den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag wird der Wahlgang in der Hauptstadt nichts ändern. Der Anteil der am Sonntag in Berlin Wahlberechtigten an deren Gesamtzahl auf Bundesebene beträgt nur 0,9 Prozent. Kleine Verschiebungen sind aber möglich. Einige Abgeordnete könnten ihren Sitz im Bundestag verlieren, andere neu ins Parlament einziehen.
Am 26. September 2021 hatte Berlin sowohl die Bundestagswahl als auch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten auf bis dahin beispiellose Weise verpatzt. Lange Schlangen vor Wahllokalen, fehlende oder falsche Stimmzettel, eine zeitweise Wahlunterbrechung mancherorts - die Liste der Probleme war lang. Die Wahlen auf Landes- und Bezirksebene waren bereits am 12. Februar 2023 komplett wiederholt worden.
«Der Fehler muss geheilt werden»
Nun sind aus Sicht von Landeswahlleiter Stephan Bröchler wichtige Vorkehrungen für einen reibungslosen Ablauf getroffen worden. «Der Fehler muss geheilt werden und das können nur wir, die Bürgerinnen und Bürger», sagte Bröchler bei der Stimmabgabe.
Bröchler besuchte zusammen mit Bundeswahlleiterin Ruth Brand Wahlvorstände in Pankow und Mitte. Dabei bedankte sie sich bei den Wahlhelfenden. «Der Aufwand ist für Sie ja genauso groß wie bei einer vollen Bundestagswahl im ganzen Bundesgebiet», sagte Brand. Dafür sei genau so viel Engagement erforderlich. Für eine lebendige Demokratie sei das extrem wichtig. Brand überreichte den Helferinnen und Helfern Becher mit dem Aufdruck «Wer wählt, mischt mit!» als Dank.
Besonderheiten der Wahl
Die Parteien durften keine neuen Kandidaten aufstellen, der Stimmzettel hatte so auszusehen wie 2021. Das führte beispielsweise dazu, dass formell die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann erneut antritt, die es 2021 nicht in den Bundestag geschafft hatte. Sie wurde im Dezember 2022 bei einer großangelegten Razzia festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mitgliedschaft und Unterstützung einer (rechts-)terroristischen Vereinigung vor. SPD-Kandidat Michael Müller steht mit der Berufsbezeichnung Regierender Bürgermeister auf dem Stimmzettel. 2021 war er das noch, heute hat er das Amt längst nicht mehr inne.
Blick auf die Wahlbeteiligung - Merkel hat schon gewählt
Gewählt wird nun in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, allerdings in höchst unterschiedlichem Maße. In Pankow sind 85 Prozent der Urnenwahlbezirke betroffen, in Charlottenburg-Wilmersdorf 42 Prozent. Dagegen sind es in Lichtenberg nur 2,9 Prozent, in Treptow-Köpenick 3,4 und in Marzahn-Hellersdorf 6 Prozent. Somit ist klar, dass es in manchen Wahlkreisen schon allein rechnerisch keine Veränderungen geben kann. Manche befürchten angesichts dieser Ausgangslage, dass die Wahlbeteiligung gering ausfällt. Bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin in ihrer Gesamtheit betrug sie 75,2 Prozent.
Unter den betroffenen Wählern ist auch die frühere Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel hat von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht, wie das Büro der Bundeskanzlerin a. D. im Januar auf Anfrage mitgeteilt hatte. Unter den Berliner Senatoren ist Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) die Einzige, die zur Wahl aufgerufen war. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die anderen Senatsmitglieder sind nicht wahlberechtigt.
Die Wahl ist der Auftakt für ein wichtiges Wahljahr in Deutschland: Am 9. Juni steht die Europawahl an, im September sind drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.