Ein junges Paar stirbt bei einer Messerattacke in einem Zug bei Brokstedt, die Tat sorgt für Entsetzen.
07.07.2023 - 11:41:31Messerangriff von Brokstedt: Angeklagter streitet Tat ab. Jetzt beginnt der Prozess. «Ich möchte nur soviel sagen, dass ich unschuldig bin», sagt der Beschuldigte.
Unter großem öffentlichen Interesse hat der Prozess um die tödliche Messerattacke in einem Regionalzug im schleswig-holsteinischen Brokstedt begonnen.
Der Palästinenser Ibrahim A. muss sich vor dem Landgericht Itzehoe wegen zweifachen Mordes und vierfachen versuchten Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 34-Jährigen vor, am 25. Januar nahe des Bahnhofs von Brokstedt eine 17-Jährige und ihren zwei Jahre älterer Freund erstochen zu haben. Zwei weitere Frauen und zwei Männer erlitten schwere Verletzungen.
Ibrahim A. streitet die Messerattacke ab: «Ich möchte nur soviel sagen, dass ich unschuldig bin», sagte er. Er räumte zwar ein, im Zug gewesen zu sein, bestritt aber, den Messerangriff verübt zu haben.
Aus Frust über einen erfolglosen Behördentermin
Zuvor hatte Staatsanwältin Janina Seyfert die Anklageschrift verlesen und dabei detailliert den Ablauf der Bluttat am 25. Januar geschildert, bei der zwei Menschen starben und vier weitere schwer verletzt wurden. Demnach stach Ibrahim A. aus Frust über einen erfolglosen Behördentermin in Kiel zunächst auf eine 17 Jahre alte Jugendliche ein. Sie starb nach 26 Messerstichen, bei denen unter anderem die Oberschenkelarterie durchtrennt wurde. Anschließend soll der Angeklagte zwölf Mal auf den 19 Jahre alten Freund der Jugendlichen eingestochen haben. Er erlitt unter anderem einen tödlichen Stich ins Herz.
Im weiteren Verlauf der Tat soll Ibrahim A. dann in verschiedenen Waggons des Zuges vier weitere Fahrgäste angegriffen und schwer verletzt haben. Schließlich gelang es einem Mann, den Täter mit einer Aktentasche und einer Laptoptasche so zu schlagen, dass er das Messer verlor und umringt von Zeugen aufgab. Seyfert warf dem Angeklagten zweifachen Mord und vierfachen versuchten Mord aus niederen Beweggründen und in Heimtücke vor.
Verteidiger: Wahnerkrankung des Angeklagten zentraler Punkt
Im Prozess ist die Frage einer möglichen Wahnerkrankung des Angeklagten nach Auffassung des Verteidigers zentraler Punkt der kommenden Beweisaufnahme. Das erklärte der Verteidiger des 34-Jährigen, Björn Seelbach.
Seelbach verwies darauf, dass ein psychiatrischer Sachverständiger eine schwere psychische Erkrankung beim Angeklagten festgestellt habe. Der Gutachter sei aber noch nicht sicher, ob auch zum Tatzeitpunkt ein akuter wahnhafter Schub bestanden habe. Käme der Gutachter auch in dem auf etwa 40 Verhandlungstage terminierten Verfahren zu dem Schluss, wäre Ibrahim A. möglicherweise schuldunfähig gewesen. Damit stünde am Ende des Verfahrens dessen Unterbringung in der Psychiatrie.Ibrahim A. verglich sich mit Anis Amri
Derzeit sitzt der Angeklagte in Untersuchungshaft. Dort fiel er mehrfach wegen aggressiven Verhaltens auf und gilt als schwieriger Gefangener.
Der Mann war erst wenige Tage vor der tödlichen Messerattacke aus einer Untersuchungshaft entlassen worden, die er in Hamburg wegen einer anderen Straftat abgesessen hatte. Während dieser Zeit hatte er sich wegen psychischer Auffälligkeiten 16 Mal mit einem Psychiater getroffen.
Der Fall Ibrahim A. beschäftigte auch mehrere Landesparlamente, weil es Mängel beim Austausch von wichtigen Informationen zwischen Behörden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gegeben hatte, wo Ibrahim A. jeweils lebte und auch Straftaten beging. Wenige Monate vor seiner Entlassung aus dem Hamburger Gefängnis soll sich der mutmaßliche Mörder mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen haben.