Straße, Sicherheit

Die Stimmen für mehr Entscheidungsfreiheit bei der Verkehrsplanung wurden lauter.

21.06.2023 - 12:48:07

Kabinett beschließt Reform des Straßenverkehrsgesetzes. Das Kabinett hat eine Reform beschlossen und so könnten die debattierten Tempo-30-Zonen bald leichter eingerichtet werden.

Das Kabinett hat eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Es soll Erleichterungen für Kommunen bringen, zum Beispiel neue Busspuren oder Tempo-30-Zonen einzurichten. Länder und Kommunen könnten künftig schneller und flexibler auf die besonderen Anforderungen vor Ort reagieren, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in Berlin.

Eine leichtere Anordnung von Tempo-30-Regelungen solle etwa Spielplätze sowie hochfrequentierte Schulwege und Fußgängerüberwege betreffen. Wissing betonte aber erneut, ein flächendeckendes Tempo 30 in Städten werde es nicht geben. Es bleibe bei einer Regelgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern innerorts.

Es dürfe auch künftig bei der Anordnung einer Tempo-30-Zone nicht zu Beeinträchtigungen von Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs kommen. Die «Leichtigkeit» des Verkehrs könne durch Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeschränkt werden, so Wissing. Es müsse sichergestellt werden, dass der Verkehr fließe und Waren in Geschäften ankämen.

Neben Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes nahm das Kabinett auch einen Entwurf zur Änderung der untergeordneten Straßenverkehrsordnung zur Kenntnis, der nun mit den Ländern abgestimmt werden soll. Neben dem Bundestag muss auch der Bundesrat den Änderungen zustimmen. Ziel ist nach Ministeriumsangaben eine Verabschiedung noch in diesem Jahr.

Verweis aufs Grundgesetz

In der Diskussion um eine flächendeckende Ausweitung von Tempo-30-Zonen in Städten verwies Bundesverkehrsminister Volker Wissing zuvor auf das Grundgesetz.

«Die Regelgeschwindigkeit bleibt 50, und eine Ausnahme muss begründet werden. Und die muss auch auf der Grundlage eines Gesetzes begründbar sein. Das verlangt der Verfassungsstaat, und dabei bleibt es», sagte Wissing im Deutschlandfunk.

Kernaufgabe des Staates sei es, «Freiheitseingriffe» zu begründen. Deshalb müssten Kommunen begründen, wenn sie Tempo-30-Zonen ausweisen wollen. «Das verlangt das Grundgesetz, und das können wir nicht aus Gründen der Vereinfachung des Bürokratieabbaus aufheben.»

Grüner fordert «mutige Schritte»

Bei der Reform des Straßenverkehrsgesetzes forderte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer weitreichende Schritte ein. «Der absolute Vorrang des Autoverkehrs steht der notwendigen Verkehrswende in den Städten bisher immer noch entgegen», sagte der Grünen-Politiker in Düsseldorf.

Wegen der geltenden Straßenverkehrsordnung hätten die Kommunen oft nicht die nötige Handlungsfreiheit, um Verkehrsprobleme flexibel vor Ort zu lösen. Die Reform sei überfällig, und es sei gut, dass die Bundesregierung diese jetzt endlich angehe. «Ich hoffe, dass Bundesregierung und Bundestag jetzt tatsächlich mutige Schritte gehen und den Kommunen mehr Handlungsfreiheit geben», sagte Krischer. «Die Zeiten des Stillstands und der Blockaden von Veränderungen müssen ein Ende haben.»

Linken-Chef schießt gegen Wissing

Die Linke sieht Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) indes wegen fehlender Fortschritte beim Klimaschutz als Wackelkandidat in der Regierung. «Es stellt sich wirklich die Frage, wie lange Wissing noch Rückendeckung vom Kabinett bekommt», erklärte Parteichef Martin Schirdewan der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Ein Ministerium ohne diesen Minister ist kein schlechteres, vielleicht wäre es sogar besser für das Klima.»

Schirdewan übte auch scharfe Kritik an Wissings Haltung, Tempo 30 in Städten nicht flächendeckend zuzulassen. «Dass es innerorts immer noch keine Regelgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde gibt, ist ein großer Fehler», meinte der Parteichef. Der Verkehrsminister wisse offenbar nicht, dass er für alle Verkehrsteilnehmende zuständig sei, also auch für Fußgänger, Radfahrer und Passagiere in Bus und Bahn. «Wer die Zahl der Verkehrstoten senken will, der muss die Entscheidung über Tempo-30-Zonen den Kommunen überlassen», betonte Schirdewan.

@ dpa.de