Linken-Spitze, Schwerdtner

Die Linke stellt sich personell neu auf.

19.10.2024 - 04:30:36

Linken-Spitze: Schwerdtner und van Aken kandidieren. Beim Bundesparteitag mussten die beiden designierten Vorsitzenden bereits ein schwieriges Thema abräumen.

Bei ihrem Bundesparteitag in Halle wählt die Linke heute eine neue Doppelspitze. Beworben haben sich die Publizistin Ines Schwerdtner und der frühere Bundestagsabgeordnete Jan van Aken. Die beiden hatten schon am Freitagabend ihre erste Bewährungsprobe: Eine von ihnen ausgehandelte Kompromissformel zum Nahost-Konflikt und gegen Antisemitismus in Deutschland fand beim Parteitag eine Mehrheit. Der Beschluss entschärfte einen heftigen internen Streit.

Vor allem van Aken hatte nach eigenen Angaben über mehrere Tage hinweg stundenlang mit Parteikollegen verhandelt, um die Differenzen zu glätten. «Wir sind als Partei wirklich einen großen Schritt weiter gekommen», sagte er. Entscheidend sei, dass sich die Linke an der Seite der Opfer stelle.

Der beschlossene Antrag enthält Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand im Nahen Osten und der Freilassung aller Geiseln. «Die völkerrechtswidrige Kriegsführung in Gaza und Libanon muss sofort eingestellt werden», heißt es darin. Und weiter: «Das Unrecht der Besatzung der palästinensischen Gebiete ist niemals eine Rechtfertigung für den menschenverachtenden Terror der Hamas – und genauso rechtfertigt der 7. Oktober nicht die Völkerrechtsverbrechen der israelischen Armee in Gaza oder im Libanon.»

Kompromiss ersetzt schärferen Antrag

Deutschland und die Nato dürften keine Waffen liefern, heißt es weiter. Die Bundesregierung solle Palästina als eigenen Staat in den Grenzen von 1967 anerkennen, um so die Möglichkeiten einer Zweistaatenlösung zu stärken. Es wird zugleich betont: Die Linke stehe entschieden gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus.

Der Kompromiss ersetzte andere Anträge zum Thema, über die deshalb nicht mehr abgestimmt wurde. Darunter war ein viel schärfer formulierter Antrag, den unter anderem die Linke aus Berlin-Neukölln eingebracht hatte. Darin wurde gefordert, «Israels Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung als Genozid» einzustufen. Der Begriff wird laut der Bundeszentrale für politische Bildung in der Regel allgemein für Völkermord und die gezielte Verfolgung von Bevölkerungsgruppen verwendet. In dem Antrag wurde der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 nicht erwähnt.

«Das ist für mich heute der Aufbruch»

Vor der Nahost-Debatte am späten Freitagabend hatten die rund 500 Delegierten stundenlang die Lage und die künftige Linie der Partei debattiert. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow rief seine Partei zum Neuanfang auf. «Ich wünsche uns die notwendige Kraft, uns neu zu sortieren», sagte er. «Das ist für mich heute der Aufbruch.»

Die scheidenden Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler warben ebenfalls für ein kraftvolles Signal und betonten, die Linke werde noch gebraucht. Sie ziehen sich zurück, weil die Partei zuletzt bei Wahlen schlecht abgeschnitten hatte. Sie musste zudem die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht verkraften. Schwerdtner und Van Aken hoffen, die Partei zu stabilisieren.

Eine Journalistin und ein Biologe

Ines Schwerdtner wurde 1989 im sächsischen Werdau geboren und zog als Kind mit ihrer Familie nach Hamburg, wo ihre Eltern eine berufliche Zukunft suchten. Die 35-jährige Politologin möchte sich nach eigenen Worten besonders für Ostdeutschland einsetzen. Schwerdtner ist erst seit Sommer 2023 in der Partei, fühlt sich ihr aber nach eigenen Worten bereits seit 2007 verbunden. Damals lernte sie die Berliner Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch kennen. Wenn Lötzsch sich nächstes Jahr aus dem Bundestag zurückzieht, will Schwerdtner deren Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg verteidigen.

Van Aken war bereits von 2009 bis 2017 im Bundestag. Der gebürtige Reinbeker vertrat den Wahlkreis Hamburg-Altona. Im Parlament war er Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und warb für Rüstungskontrolle. Er schied nach eigenen Worten aus, weil er grundsätzlich für eine Mandatsbegrenzung ist. Der 63-Jährige ist Biologe und hat nach eigenen Worten bei Greenpeace gelernt, wie man Kampagnen organisiert. Später arbeitete er als Biowaffeninspekteur der Vereinten Nationen.

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