Besetzung, Humboldt-Uni

Die Leitung der Berliner Humboldt-Universität wird wegen der Duldung der Besetzung von Räumen scharf kritisiert.

24.05.2024 - 04:01:42

Nach Besetzung an Humboldt-Uni: Aufräumen und aufarbeiten. Justizminister Buschmann sieht die Dozenten in der Verantwortung.

  • Ein Teil der Aktivisten verließ die Räume freiwillig, ein weiterer Teil wurde von der Polizei hinausgeführt. - Foto: Christophe Gateau/dpa

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  • Propalästinensische Aktivisten hatten Räume der Humboldt-Universität aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. - Foto: Soeren Stache/dpa

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Ein Teil der Aktivisten verließ die Räume freiwillig, ein weiterer Teil wurde von der Polizei hinausgeführt. - Foto: Christophe Gateau/dpaPropalästinensische Aktivisten hatten Räume der Humboldt-Universität aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. - Foto: Soeren Stache/dpa

Nach der Räumung der von rund 150 propalästinensischen Aktivisten besetzten Teile der Humboldt-Universität in Berlin will die Polizei den Einsatz nun aufarbeiten. Auch die politische Debatte über die Duldung der Besetzung durch die Universitätsleitung dürfte weitergehen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nahm allgemein die Dozenten in die Pflicht und forderte sie auf, Studenten zu ermutigen, Argumente vorzutragen. Wie groß der Sachschaden in der Humboldt-Universität ist, muss noch ermittelt werden.   

Propalästinensische Aktivisten hatten Räume der Humboldt-Universität aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Gruppe namens Student Coalition Berlin forderte von Berliner Hochschulen unter anderem, dass diese sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand im Gaza-Krieg einsetzen und Druck auf die deutsche Regierung ausüben. Diese solle ein Waffenembargo gegen Israel verhängen und alle militärischen, finanziellen und diplomatischen Hilfen an Israel beenden. 

Die Universitätsleitung duldete die Besetzung zunächst und setzte auf einen Dialog von Besetzern und Wissenschaftlern. Am Abend dann räumte die Polizei auf Anweisung des Senats das besetzte Gebäude. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) habe die Anweisung in Übereinstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gegeben, sagte die Universitäts-Präsidentin, Julia von Blumenthal. Wegner dankte der Polizei auf der Plattform X für ihren Einsatz. 

Ein Teil der Aktivisten verließ die Räume freiwillig, ein weiterer Teil wurde von der Polizei hinausgeführt. 150 propalästinensische Aktivisten seien aus dem Gebäude geführt worden, hieß es von der Polizei, über Verletzte sei nichts bekannt. 

«Guten Schritt gemacht»

Von Blumenthal äußerte angesichts der Räumung ihr Bedauern darüber, dass keine Verständigung erreicht worden sei. Den Versuch des Dialogs sah sie am Abend zumindest nicht als gescheitert an: «Ich bin nicht sicher, ob es gelungen wäre, aber ich hatte den Eindruck, dass wir einen guten Schritt gemacht haben mit diesem Dialog», sagte sie. Ihr gehe es darum, das Leid aller Betroffenen zu sehen. Zu Beginn der Räumung sagte sie, ihr sei es wichtig, in diesem Moment dabeizusein.

Sie wolle den Studierenden zeigen, dass sie auch ihre Präsidentin sei, auch wenn sie viele der politischen Forderungen nicht teile und die Sachbeschädigung im Gebäude verurteile «und alles verurteile, was insbesondere bei unseren jüdischen Studierenden, aber auch bei anderen Mitarbeitenden und Studierenden des Instituts für Sozialwissenschaften als Bedrohung empfunden wurde». 

Buschmann: Keine Billigung von Straftaten

Bundesjustizminister Buschmann sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe angesichts der Proteste: «Es darf keine Bedrohung, keine Beleidigung, keine Billigung von Straftaten stattfinden.» Gerade an Universitäten sollte das stärkere Argument zählen - und nicht das lautere Geschrei. Für das Leid in Gaza trage die islamistische Hamas die Verantwortung, und Deutschland habe eine besondere Verantwortung gegenüber Israel.

Selbstverständlich könne sich auf die Meinungsfreiheit auch berufen, wer mit dieser Haltung nicht einverstanden sei. «Die Grenze ist dort erreicht, wo Gewalt ausgeübt oder zu ihr aufgestachelt wird, wo Persönlichkeitsrechte verletzt oder Kennzeichen terroristischer Organisationen verwendet werden», sagte der Minister. 

Er empfinde manche Begleiterscheinungen der Proteste an den Universitäten besonders schmerzhaft, fügte Buschmann hinzu. «Denn dort sollen junge Menschen Konflikte austragen – und zwar mit rational überprüfbaren Argumenten. Nicht, indem andere niedergebrüllt oder mit der Faust bedroht werden.» Der Justizminister verteidigte Polizeieinsätze in diesem Zusammenhang.

«Universitäten sind besondere Orte - aber sie stehen nicht außerhalb des Rechts. Demonstrationen auf dem Uni-Campus unterliegen den gleichen Regeln wie andere Demonstrationen auch», sagte er. «Deshalb ist es natürlich richtig, wenn die Polizei einschreitet, wenn es zu Rechtsverstößen kommt.»

Deutliche Kritik an Duldung

Die CDU hatte die Duldung der Besetzung als mögliche Ermunterung für weitere Straftaten kritisiert, die SPD-Fraktion hatte gefordert, «den strafbaren Handlungen und Sachbeschädigungen ein Ende» zu bereiten. Auch die Gewerkschaft der Polizei hatte mitgeteilt, Universitäten als Orte des Austauschs und der Diskussion seien keine Legitimationsgrundlage, um menschenverachtende und antisemitische Parolen zu grölen. 

Die Stimmung bei der Räumung war aufgeheizt: Eine Aktivistin schrie auf dem Hof ihre Frustration heraus: «Meine Familie stirbt jeden Tag!» Aus einer Demonstration in unmittelbarer Nähe waren über Stunden laute Rufe zu hören, etwa der Aufruf zur Gewalt oder die mittlerweile verbotene Parole «from the river to the sea, palestine shall be free», die Israel das Existenzrecht abspricht. 

Nach dem Massaker der Hamas mit mehr als 1200 Toten am 7. Oktober in Israel sind im folgenden Gaza-Krieg laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 35.000 Palästinenser ums Leben gekommen, wobei die unabhängig kaum zu überprüfende Zahl nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheidet.

@ dpa.de