Deutschland, Partei

Dass der Unionsfraktionschef Zustimmung aus SPD und Grünen bekommt, ist ungewöhnlich.

12.09.2025 - 11:43:33

Spahn über Vermögen: «Wer schon hatte, hat immer mehr»

Unionsfraktionschef Jens Spahn prangert eine ungerechte Vermögensverteilung in Deutschland an. «Wer schon hatte, hat immer mehr», sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Talkshow «maybrit illner». «Wir hatten in den letzten Jahren, gerade in der Niedrigzinsphase, die Situation, dass Vermögen eigentlich ohne größeres eigenes Zutun von alleine fast gewachsen ist. Immobilienwerte, Aktienwerte und anderes mehr.» Spahn räumte ein: «Es ist ein Problem, die Vermögensverteilung.»

Menschen mit vergleichsweise niedrigen Einkommen müssten ebenfalls an der Vermögensbildung beteiligt werden, sagte Spahn. Er forderte zudem, die sozialen Sicherungssysteme an den demografischen Wandel, also die alternde Gesellschaft anzupassen. «Wachstum ist die Voraussetzung auch für funktionierende Sozialsysteme.»

Warten auf Verfassungsgerichtsurteil zu Erbschaftsteuer

Spahn verwies darauf, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer erwartet werde und die Koalition die Steuer dann möglicherweise neu regeln werde. Es könnte sein, dass das Verfassungsgericht die Regierung zu einer Reform der Erbschaftsteuer zwingt. 

Bayern dringt schon seit längerem auf eine Reform der Erbschaftsteuer - auch weil die Immobilienpreise stark gestiegen sind, die Freibeträge aber seit 15 Jahren nicht erhöht wurden. Die bayerische Staatsregierung hat deshalb Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Diese zielt auf eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer ab – für geringere Steuersätze und höhere Freibeträge.

SPD erfreut über Spahns Äußerungen

Die SPD-Bundestagsfraktion reagierte positiv auf Spahns Äußerungen. «Wir freuen uns, dass auch Jens Spahn die ungleiche und massiv ungerechte Vermögensverteilung in unserem Land als Problem ansieht», sagte Fraktionsvize Wiebke Esdar den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Wir werden uns nun gemeinsam auf den Weg machen und Maßnahmen umsetzen, die dafür sorgen, dass die Reichen in diesem Land nicht immer reicher und die Armen nicht immer ärmer werden», fügte sie hinzu. 

Das erwartete Verfassungsgerichtsurteil könne «ein guter Startpunkt» sein, um die Vermögensverteilung in Deutschland gerechter zu machen. Die Reform der Erbschaftsteuer sei dabei eine von mehreren Säulen. Es gehe «nicht um das vererbte Haus von Oma und auch nicht um den kleinen Handwerksbetrieb im Nachbarort», sondern darum, «dass die Reichsten der Reichen einen gerechteren Beitrag für das Gemeinwesen in diesem Land leisten». Die SPD fordert höhere Steuern für Vermögende, was die Union bisher ablehnt. 

Grüne bieten Spahn Zusammenarbeit bei dem Thema an 

Die Grünen reagierten ähnlich. «Jetzt spricht auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jens Spahn, öffentlich darüber, dass die Ungleichheit von Vermögen in Deutschland ein Problem ist und die Erbschaftssteuer reformiert werden muss», sagte die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge in Berlin. «Sollte dahinter tatsächlich die Absicht stehen, zu handeln und die Erbschaftssteuer gerechter zu machen, wäre das eine erfreuliche Kehrtwende der CDU», betonte sie. Denn die aktuelle Politik der Bundesregierung verschärfe die Ungleichheit im Land. 

Spahn müsse seinen Worten Taten folgen lassen, mahnte Dröge. Die Grünen böten hier die Zusammenarbeit an. «Gemeinsam können wir die Erbschaftssteuer zügig reformieren und gerechter machen», betonte sie. 

Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier, zeigte sich «überrascht, mit welcher Klarheit Jens Spahn die wachsende Vermögensungleichheit in Deutschland als Problem benennt.» «Und er hat recht», fügte sie hinzu. Sie kritisierte vor diesem Hintergrund Debatten über Kürzungen im Sozialen. Notwendig seien hingegen gute Löhne, ein armutsfester Mindestlohn, eine Bildungsoffensive und gezielte Investitionen im sozialen Bereich.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, bekräftigte, dass Menschen mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit erhalten müssten, Vermögen aufzubauen. Das sei mehr als überfällig. Denn die Realität sei heute: Wer wenig habe, bleibe oft abgehängt. «Es ist ein erfreulicher Wandel, dass selbst Vertreter aus der politischen Mitte wie Jens Spahn offen anerkennen, dass die Vermögensverteilung in Deutschland ein Problem ist.»

@ dpa.de

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