Berlin, Empörung

Brandsätze fliegen in der Hauptstadt in Richtung eines Hauses mit jüdischen Einrichtungen.

18.10.2023 - 11:19:29

Berlin: Empörung nach versuchtem Anschlag auf Synagoge. Die Politik reagiert entsetzt. Der Zentralrat der Juden spricht von «psychischem Terror».

  • Pro-Palästina-Demonstranten streiten sich mit der Polizei vor dem Brandenburger Tor. - Foto: Paul Zinken/dpa

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  • Feuerwerkskörper fliegen hinter einem Polizeiauto bei einer nicht angekündigten pro-palästinensischen Demonstration in Neukölln. - Foto: -/TNN/dpa

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  • Polizeikräfte stehen vor der jüdischen Gemeinde Kahal Adass Jisroel in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte. - Foto: Christoph Soeder/dpa

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Pro-Palästina-Demonstranten streiten sich mit der Polizei vor dem Brandenburger Tor. - Foto: Paul Zinken/dpaFeuerwerkskörper fliegen hinter einem Polizeiauto bei einer nicht angekündigten pro-palästinensischen Demonstration in Neukölln. - Foto: -/TNN/dpaPolizeikräfte stehen vor der jüdischen Gemeinde Kahal Adass Jisroel in der Brunnenstraße in Berlin-Mitte. - Foto: Christoph Soeder/dpa

Auf ein Haus mit jüdischen Einrichtungen in Berlin hat es nach Angaben der betroffenen Gemeinde in der Nacht zum Mittwoch einen versuchten Brandanschlag gegeben. Neben der Synagoge ist dort auch eine Kindertagesstätte. Das Gebäude geriet den Angaben zufolge jedoch nicht in Brand. Politiker reagierten mit Entsetzen. Die israelische Botschaft in Berlin mahnte scharfe Konsequenzen an.

«Wir vertrauen darauf, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden diesen Fall mit unnachgiebiger Strenge behandeln werden», erklärte die Botschaft. «Dies ist ein entscheidender Moment für jede Demokratie.» Entweder man stehe an der Seite jener, die Terror bekämpfen, oder man schweige und lasse die Taten der Terroristen zu - «sei es im Nahen Osten oder im Herzen Europas».

Scholz kündigt verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an

Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte während seiner Nahostreise verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an. «Es ist ganz klar, dass wir nicht hinnehmen werden und niemals hinnehmen werden, wenn gegen jüdische Einrichtungen Anschläge verübt werden», sagte der SPD-Politiker am Mittwoch vor Journalisten in Kairo. Auch gewalttätige und mit antisemitischen Parolen begleitete Veranstaltungen seien nicht zu akzeptieren.

«Da müssen die Versammlungsbehörden das ihre tun, zum Schutz der jüdischen Einrichtungen die Polizei. Und das werden wir auch machen und alles verstärken», sagte Scholz.

Er sei persönlich empört über den Anschlag und die antisemitischen Parolen. «Und das ist eine Haltung, von der ich überzeugt bin, dass ich mir da einig bin mit den Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands.»

Grünen-Politikerin: Haben ein Problem mit Antisemitismus

Entsetzt zeigte sich die Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion Irene Mihalic. «Das ist einfach ein Wahnsinn, was sich hier gerade Bahn bricht.» Deutschland habe ein Problem mit Antisemitismus und mit israelbezogenem Antisemitismus, konstatierte Mihalic. Dies sei in den vergangenen Jahren oft nicht ernst genug genommen worden. Hier müsse, unter anderem über politische Bildungsarbeit, viel mehr getan werden. Man müsse alles tun, damit Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher leben könnten.

Die israelische Botschaft in Berlin mahnte scharfe Konsequenzen angemahnt. «Wir vertrauen darauf, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden diesen Fall mit unnachgiebiger Strenge behandeln werden», erklärte die Botschaft am Mittwoch. «Dies ist ein entscheidender Moment für jede Demokratie.» Entweder man stehe an der Seite jener, die Terror bekämpfen, oder man schweige und lasse die Taten der Terroristen zu - «sei es im Nahen Osten oder im Herzen Europas».

Harsche Kritik vom Zentralrat der Juden

Auch der Zentralrat der Juden verurteilte den versuchten Brandanschlag scharf. «Dieser Brandanschlag ist die konsequente Fortsetzung der Verherrlichung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen. Der "Tag des Zorns" ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet.»

Der Zentralrat kritisierte, dass deutsche Medien die Nachricht der Hamas verbreitet hätten, die den Raketentreffer auf ein Krankenhaus in Gaza der israelischen Armee zugeschrieben habe. Es sei schnell klar geworden, dass «mit großer Wahrscheinlichkeit eine verunglückte Terrorrakete für den tragischen Treffer verantwortlich war». Der Zentralrat fügte hinzu: «Wir haben alle eine Verantwortung dafür, dass unschuldige tragische Opfer nicht für widerwärtige Terrorpropaganda missbraucht werden.»

In dem attackierten Haus an der Brunnen-Straße in Berlin-Mitte ist neben der Synagoge unter anderem eine Kindertagesstätte untergebracht. Die Gemeinde Kahal Adass Jisroel hatte den Anschlag auf der Plattform X bestätigt.

Vielerorts pro-palästinensische Demonstrationen

Nach dem Raketeneinschlag in ein Krankenhaus im Gazastreifen protestierten in Deutschland vielerorts Unterstützer der Palästinenser, teils gewaltsam. In Berlin wurden dabei am Dienstagabend nach einer Pro-Palästina-Mahnwache am Brandenburger Tor nach Polizeiangaben Einsatzkräfte angegriffen. Die Polizei sprach von mehr als 300 Menschen, die sich dort versammelt hätten, ein dpa-Fotograf schätzte die Zahl auf rund 1000. Nach mehreren Lautsprecher-Aufforderungen, den Ort zu verlassen, wurde die unerlaubte Ansammlung aufgelöst.

Das nahe gelegene Holocaustmahnmal musste von Polizisten geschützt werden. Nach Medienberichten hatten Demonstranten versucht, dorthin zu gelangen, wurden aber daran gehindert. Die Polizei bestätigte das am Mittwochmorgen zunächst nicht.

Im Berliner Bezirk Neukölln gab es nach einem Aufruf zu einer nicht angemeldeten Pro-Palästina-Demonstration Ausschreitungen. Es hätten Barrikaden, E-Scooter und ein Kinderspielplatz gebrannt, teilte die Feuerwehr auf X, ehemals «Twitter», mit. Ihre Einsatzkräfte seien mit Pyrotechnik beschossen worden. Die Polizei wurden mit Steinen angegriffen. Zwei Polizisten mussten vom Rettungsdienst versorgt werden.

Auch in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens gab es pro-palästinensische Kundgebungen mit insgesamt mehr als 500 Beteiligten.

@ dpa.de