Berlin - Vier Verbände der Gesundheitsindustrie warnen vor der geplanten Gefahreneinstufung von Ethanol durch ein aktuelles Verfahren der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA).
18.11.2024 - 12:15:29Gemeinsame Pressemeldung von BPI, BVMed, IHO und VDGH: Ethanol ist im medizinischen Bereich unverzichtbar - und muss es bleiben!. "Eine verschärfte Einstufung würde sich gravierend auf die Herstellung wichtiger Arzneimittel und Medizinprodukte und damit auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten auswirken", so der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), der Industrieverband Hygiene & Oberflächenschutz (IHO) und der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) in einer gemeinsamen Stellungnahme. Hauptkritikpunkt der Verbände: Die zur Bewertung herangezogenen Daten zur Risikoeinstufung basieren nur auf der oralen Aufnahme von Ethanol. "Während die missbräuchliche Einnahme von Alkohol unserer Gesundheit schaden kann, ist Alkohol in der Medizin und Hygiene unverzichtbar. Ethanol ist in Produktionsprozessen sowie in Desinfektionsmitteln, Arzneimitteln oder Medizinprodukten wirksam, sicher und unabdingbar", so die Verbände.
Das laufende ECHA-Verfahren bezieht sich auf die Biozidprodukte-Verordnung und die CLP-Verordnung ("Classification, Labelling and Packaging"). Expert:innen befürchten, dass Ethanol zeitnah als reproduktionstoxisch und/oder krebserzeugend der Kategorie 2 oder sogar der höchsten Gefahrenkategorie 1 ("Cancerogen Mutagen Reprotoxic", kurz: CMR) eingestuft wird. Das hätte auch für die industrielle Gesundheitswirtschaft und damit die Gesundheitsversorgung weitreichende negative Folgen. Denn dadurch würde die Verwendung von Ethanol als Haupt- oder Hilfswirkstoff in Produkten und der Einsatz in Produktionsprozessen erschwert, aber auch die Verwendung im Rahmen der geltenden Arbeitsschutzregelungen stark eingeschränkt.
In einem gemeinsamen Informationspapier geben die vier Verbände Hintergründe zu den Ethanol-Anwendungen in der Gesundheitsversorgung:
Die geplante Einstufung als CMR-Stoff 1 würde als wesentliche Änderung von Produkten ein lang andauerndes Konformitätsbewertungs-Verfahren auslösen und das Inverkehrbringen unter dem Biozidrecht voraussichtlich enorm erschweren.
Das Fazit von BPI, BVMed, IHO und VDGH: "Um eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit Desinfektionsmitteln, Reinigern, Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie die Produktions- und Lieferfähigkeit mit entsprechenden Endprodukten gewährleisten zu können, muss eine Einstufung von Ethanol als CMR-Substanz der Kategorien 1 oder 2 dringend vermieden werden. Ansonsten würde dies dem Zweck der Biozid- und der CLP-Verordnungen zuwiderhandeln, die Gesundheit des Menschen zu verbessern. Stattdessen gäbe es eine Verschlechterung bei der Hygiene und der Gesundheitsversorgung. Der Schutz vulnerabler Patientengruppen, insbesondere im Krankenhaus beziehungsweise im ambulanten Sektor, könnte nicht mehr sichergestellt werden. Gerade auch in Pandemiezeiten ist Ethanol unverzichtbar, um die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit wirksamen Desinfektionsmitteln sicherzustellen und damit eine entscheidende Säule im Infektionsschutz zu gewährleisten. Deshalb muss die von der ECHA geplante Gefahreneinstufung von Ethanol im medizinischen Bereich verhindert werden."
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