Prozess, BND-Mitarbeiter

Ausgerechnet ein BND-Mitarbeiter soll während Russlands Krieg für Moskau spioniert haben.

13.12.2023 - 13:49:45

Prozess gegen BND-Mitarbeiter zunächst unterbrochen. Für den Prozess gelten strengste Sicherheitsmaßnahmen. Man müsse sich an James Bond orientieren, heißt es aus dem Gericht.

Der Spionage-Prozess gegen einen mutmaßlichen Agenten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) ist zunächst unterbrochen. Er soll am Donnerstag (9.30 Uhr) vor dem Berliner Kammergericht fortgesetzt werden, wie der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats, Detlev Schmidt, sagte.

Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft Teile der Anklage während der mit Unterbrechungen knapp zweieinhalb stündigen Verhandlung verlesen.

Sie wirft dem 53 Jahre alten BND-Mitarbeiter Carsten L. und seinem mutmaßlichen Komplizen Arthur E. (32) Landesverrat im besonders schweren Fall vor. Weil die Anklage Angaben beinhaltet, die aus Sicht der Bundesanwaltschaft der besonderen Geheimhaltung bedürfen, unterbrach sie ihren Vortrag nach 20 Minuten und beantragte den Ausschluss der Öffentlichkeit.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde dann darüber verhandelt, wie in dieser Frage weiter verfahren wird. Dies sei sehr kontrovers erfolgt, erklärte Richter Schmidt hinterher. Es seien eine Reihe von Aspekten genannt worden, über die der Senat in Ruhe nachdenken wolle und müsse. Seine Entscheidung will das Gericht bei der Fortsetzung am Donnerstag mitteilen.

Die beiden deutschen Angeklagten sollen im Herbst 2022 - einige Monate nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine - geheime Informationen an den russischen Geheimdienst FSB verraten und dafür jeweils mehrere Hunderttausend Euro «Agentenlohn» erhalten haben. Beide sitzen in Untersuchungshaft.

Die Festnahme der Männer

Carsten L. wurde am 21. Dezember 2022 in Berlin festgenommen, seine Wohnung und der Arbeitsplatz wurden durchsucht. Arthur E. wurde im Januar 2023 als mutmaßlicher Mittäter bei der Einreise aus den USA am Flughafen München gefasst. Die Ermittlungen dazu seien in enger Zusammenarbeit mit dem BND und mit Unterstützung der US-Bundespolizei FBI geführt worden, hieß es damals.

So läuft der Prozess ab

Nach Gerichtsangaben sind zunächst 51 Prozesstage bis zum 17. Juli 2024 angesetzt. Wegen vieler als geheim eingestufter Informationen könnte die Verhandlung teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen. Es gelten strengste Sicherheitsmaßnahmen. Handys und Laptops sind im Verhandlungssaal nicht erlaubt. Auch Armbanduhren oder Schmuckstücke wie Siegelringe oder Medaillons dürfen nicht getragen werden. Selbst Füller oder Kugelschreiber sind tabu. Nach Gerichtsangaben werden vor Ort Stifte für Notizen bereitgestellt.

«Wenn es um Geheimdienste geht, muss man sich etwas an James Bond orientieren», kommentierte Gerichtssprecherin Lisa Jani das Vorgehen. Solche strengen Sicherheitsmaßnahmen gab es demnach auch bei dem Prozess zur spektakulären Entführung des vietnamesischen Ex-Managers Trinh Xuan Thanh in Berlin im Sommer 2017. Wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung hatte das Berliner Kammergericht 2018 einen ebenfalls aus Vietnam stammenden Angeklagten und 2023 einen Tathelfer zu jeweils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Andere Vorfälle beim BND

Der BND ist der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands. Die Behörde mit rund 6500 Mitarbeitern informiert die Bundesregierung über Entwicklungen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung.

Zuletzt flog dort 2014 ein sogenannter Maulwurf - ein Doppelagent - auf. Das Münchner Oberlandesgericht sprach den 32-Jährigen später wegen jahrelanger Spionage des Landesverrats sowie der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig und verurteilte ihn zu acht Jahren Haft. Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime BND-Dokumente an den US-Geheimdienst CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert.

Die Dimensionen des Falls um Carsten L. und Arthur E. bezeichnete der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz als «durchaus gravierend». «Er steht exemplarisch für massive Versäumnisse bei der Eigensicherung», sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei «richtig und äußerst wichtig, den Fall zum Anlass zu nehmen, die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Nachrichtendienste grundlegend zu überprüfen».

@ dpa.de