Zeitgenössische Kunst, Mike Steiner

Zeitgenössische Kunst zwischen Malerei und Video: Das Werk von Mike Steiner im Fokus

08.12.2025 - 18:15:01

Mike Steiner revolutionierte die zeitgenössische Kunst durch seine innovative Verknüpfung von Malerei, Performance Art und Videokunst. Entdecken Sie die Vielseitigkeit, Experimentierfreude und Relevanz seines Œuvres.

Wie verschieben sich die Grenzen von Kunst, wenn Malerei und bewegtes Bild ineinander übergehen? Kaum ein Name steht enger für diesen Brückenschlag als Mike Steiner. In der zeitgenössischen Kunst ist er ein Pionier, der es wagte, Pop Art, Abstraktion, Performance Art und Videokunst zu fusionieren und dabei stets nach der Essenz künstlerischer Freiheit zu suchen.

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Von den ersten Auftritten auf der Großen Berliner Kunstausstellung im Alter von nur 17 Jahren bis zur legendären Einzelausstellung 1999 im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, spannt sich das Schaffen Mike Steiners über ein halbes Jahrhundert voller künstlerischer Umbrüche. Früh setzte sich Steiner mit Malerei auseinander, hatte Kontakt zu Größen wie Georg Baselitz und Karl Horst Hödicke, und wagte bald schon den Sprung nach New York.

Steiners Werk lässt sich nie auf eine Technik, einen Stil oder ein Medium festlegen. Seine informellen und abstrakten Gemälde werden in den 60ern und 70ern durch Einflüsse aus der Pop Art beflügelt, geprägt von einer intensiven Auseinandersetzung mit internationalen Strömungen. In New York öffneten sich ihm durch Lil Picard die Türen zu Fluxus, Happening und Pop Art. Im Atelier von Robert Motherwell, im inspirierenden Umfeld von Allan Kaprow und Al Hansen, zeigte sich sehr früh, wie sehr Steiner den künstlerischen Austausch und die Grenzerfahrung suchte – eine Haltung, die seine Arbeit durchweg prägen sollte.

Die Initialzündung für ein radikal neues Kunstverständnis setzt Steiner in den 1970er Jahren mit der Videokunst. Mit Art/Tapes/22 in Florenz, inspiriert von Kaprow und Hansen, entstehen seine ersten Videos. Sie markieren einen Bruch und zugleich eine Öffnung: Steiner erkennt, dass die Videokunst neue dramaturgische Möglichkeiten bietet, etwa das Festhalten flüchtiger Performances oder das Schaffen ungewöhnlicher Bildräume.

Diese Pionierleistung entfaltet sich konkret mit der Gründung des legendären Hotel Steiner und der Studiogalerie in Berlin. Hier, auf Höhe des damaligen künstlerischen Pulses, wird die Galerie nicht nur zu einer Produktionsstätte für Video- und Performance Art, sondern zu einem Knotenpunkt der europäischen Avantgarde. Künstler wie Marina Abramovi?, Ulay, Valie Export, Carolee Schneemann oder Jochen Gerz performen, debattieren, experimentieren – Steiner selbst hält viele dieser Aktionen mit der Videokamera fest und archiviert das Ephemere. Sein Engagement spiegelt sich auch in der Sammlung wider: Tape um Tape entsteht ein einzigartiges Archiv der videokünstlerischen Entwicklung.

Berühmt wurde besonders die Aktion 'Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst' (1976) mit Ulay, in der ein Gemälde von Spitzweg symbolisch aus der Nationalgalerie „entführt“ und inmitten des Alltags neu inszeniert wurde. Steiner dokumentiert diesen ikonischen Kunstbegriff mit der Kamera, positioniert sich so zugleich als Chronist und Katalysator.

Im Vergleich mit Zeitgenossen wie Nam June Paik oder Joseph Beuys wird deutlich, dass Mike Steiner ein künstlerischer Netzwerker par excellence war. Während Beuys die Grenzen zwischen Aktion und Installation sprengte und Nam June Paik als Vater der Videokunst gefeiert wurde, schuf Steiner einen unverwechselbaren Stil an der Schnittstelle von Dokumentation, malerischem Experiment und performativem Augenblick. Faszinierend ist hierbei die Vielseitigkeit seiner Arbeit: Neben Videos und Performances beschäftigte sich Steiner mit Fotografie, Super-8-Film, Copy Art, Dia-Serien, Installationen, aber auch mit abstrakter Malerei, die in seiner späten Phase ab 2000 wieder zum Mittelpunkt wurde.

Technisch setzte Mike Steiner Maßstäbe durch die „Painted Tapes“ – Werke, die Videosequenzen und Farbe miteinander verschmelzen lassen. Diese verbinden malerische Gesten mit Videoeffekten und erzählen damit von der Sehnsucht nach einer Synthese der Sinne. Sein Video „Mojave Plan“, eine audiovisuelle Arbeit mit Tangerine Dream, steht beispielhaft für diese mediale Fusion und erhielt internationale Auszeichnungen.

Der biografische Hintergrund Mike Steiners spiegelt eine künstlerische Existenz am Puls der Zeit wider. 1941 in Allenstein geboren, wächst er in Berlin auf, studiert Malerei und macht schon in jungen Jahren durch eigenwillige Werke auf sich aufmerksam. In den 1970ern öffnet das Hotel Steiner seine Tore für Kreative aus aller Welt. Die Studiogalerie avanciert binnen Kurzem zum Magneten für Performance- und Videokunst – ein Ort, an dem das Neue, Unberechenbare zu Hause ist. Steiners Rolle als Galerist, Kurator, Sammler und Künstler verschmelzen dabei organisch. Immer wieder zieht er internationale Gäste an, organisiert legendäre Veranstaltungen, initiiert kunsthistorisch bedeutende Performances.

Sein Schaffen ist dabei stets durch eine Lust am Experiment bestimmt – stets bereit, Bestehendes zu hinterfragen. Die Videogalerie im Berliner Kabel-Pilot-Projekt (1985–1990) beispielsweise brachte mehr als 120 Sendungen zu Videokunst ins deutsche Fernsehen. Damit brachte Steiner das Medium aus der Nische ins Wohnzimmer und schuf ein Forum fu?r die junge Szene. Die großen Einzelausstellungen seiner späten Karriere, insbesondere 1999 im Hamburger Bahnhof, etablierten Steiner als künstlerisches Bindeglied zwischen den Disziplinen. Hier wurde noch einmal die Spannweite seines Werks gefeiert – von frühen informellen Malereien über ikonische Videokunst bis hin zu abstrakten Leinwänden und Installationen.

In der Rezeption betonen Kritiker und Kenner bis heute Steiners konzeptionelle Stärke: sein Gespür für Zwischenräume von Zeit und Raum, seine reflektierte Distanz zum eigenen Werk und die Fähigkeit, performatives Geschehen in bleibende Bilder zu übersetzen. Damit steht Mike Steiner gleichberechtigt neben Ikonen wie Joseph Beuys, Nam June Paik oder Marina Abramovi?, ohne deren Ansätze zu kopieren. Vielmehr geht es ihm immer um die Erweiterung des künstlerischen Mediums und die konsequente Überschreitung von Konventionen.

In den letzten Jahren seines Lebens wandte sich Steiner verstärkt der abstrakten Malerei zu, experimentierte mit Stoffarbeiten und ließ die Grenzen zwischen Gattungen und Techniken endgültig verschwimmen. Sein umfangreiches Videoarchiv – über viele Jahrzehnte liebevoll aufgebaut – bleibt ein Schatz für Forscher und Liebhaber, der im Hamburger Bahnhof heute bewahrt wird.

Mike Steiner ist 2012 verstorben, aber sein Werk bleibt zeitgenössisch, weil es sich jeder Festlegung widersetzt. Wer zeitgenössische Kunst verstehen will, sollte sich seinem Oeuvre ohne Vorurteile nähern – und die inspirierende Vielfalt seiner Ausdrucksformen entdecken.

Weitere Informationen, Werkverzeichnisse, Videos und Biografie finden Sie auf der offiziellen Seite von Mike Steiner: Mike Steiner – Zeitgenössische Kunst, Performance und Videokunst

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