Zeitgenössische Kunst, Videokunst

Zeitgenössische Kunst bei Mike Steiner: Pionierarbeit zwischen Performance, Malerei und Videokunst

22.12.2025 - 18:15:03

Zeitgenössische Kunst wird durch Mike Steiner zum lebendigen Experiment: Seine Werke und Initiativen, von Malerei bis Videokunst, setzen Maßstäbe und fordern Betrachter zu neuen Denkwegen heraus.

Kann ein einzelner Künstler die Grenzen zwischen Zeitgenössischer Kunst, Performance Art und Videokunst neu definieren? Mike Steiner – Maler, Galerist, Sammler und Pionier der Medienkunst – hat diese Frage für mehrere Generationen von Künstlern und Kunstinteressierten beantwortet. Bei jedem neuen Werk, bei jeder Ausstellung, öffnete Mike Steiner das Feld des Experiments ein weiteres Mal. Voll Neugier, aber niemals beliebig: Steiners Schaffen ist ein radikaler Gestaltungswille aus dem Innersten der Zeitgenössischen Kunst.

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Mike Steiner, geboren 1941 in Allenstein und gestorben 2012 in Berlin, stand wie kaum ein Zweiter für das Gestalten mit neuen und alten Medien. Bereits in den späten 1950er Jahren betrat er mit seiner Malerei erstmals das Rampenlicht – als einer der jüngsten Teilnehmer bei der Großen Berliner Kunstausstellung. Früh interessierte er sich für die Verbindung von Leinwand, Raum und bewegtem Bild, und genau diese Intermedialität zieht sich wie ein roter Faden durch sein Œuvre. Sein malerischer Stil war zunächst vom Informel und der Pop Art geprägt, bald aber wandte sich Steiner viel radikaler der Abstraktion und der Erkundung neuer Bildmedien zu.

Seine Entwicklung von traditioneller Malerei hin zur Videokunst und Multimedia-Installationen war inspiriert von Aufenthalten in New York, wo er auf Künstler wie Allan Kaprow – den Vater des Happenings – und auf Vertreter der Fluxus-Bewegung traf. Zusammen mit Persönlichkeiten wie Lil Picard und Al Hansen, lernte er die Avantgarde von innen kennen. Aus dieser Schnittstelle der internationalen Kunstströmungen schöpfte er sein künstlerisches Kapital.

Das Hotel Steiner, gegründet 1970 im Herzen Berlins, wurde bald zum pulsierenden Magneten für Künstler unterschiedlichster Stilrichtungen. Nicht zufällig wurde es mit Andy Warhols Chelsea Hotel verglichen. Künstlergrößen wie Joseph Beuys, Arthur Køpcke oder Marina Abramovi? gaben sich bei Steiner die Klinke in die Hand – ein Hauch von New Yorker Bohemien, aber unverwechselbar Berlin. Die Studiogalerie in der Ludwigkirchstraße, ab 1974 das Zentrum für Videokunst und Performance Art, war eine logische Fortsetzung der Idee; Berlin bekam endlich ein Zentrum für experimentelle und partizipative Kunstformen, vergleichbar mit dem Kölner Aktionsraum, der von Wulf Herzogenrath geprägt wurde.

Steiner war ein wichtiger Protagonist der Aktionskunst. Hier dokumentierte und organisierte er Performances von Größen wie Valie Export, Jochen Gerz, Carolee Schneemann und Marina Abramovi?. Berühmtheit erlangte die spektakuläre Aktion „Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst“ (1976) mit Ulay: der ‚Kunstraub‘ des Spitzweg-Gemäldes in der Neuen Nationalgalerie – eine Inszenierung zwischen Aktion, Protest und Kunstkommentar. Steiner war dabei oft nicht nur als Kurator und Organisator im Spiel, sondern hielt die vergänglichen Ereignisse mit seiner Videokamera für die Nachwelt fest.

Die größte Anerkennung erfuhr Mike Steiner 1999 mit seiner monumentalen Einzelausstellung "Color Works" im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin. Hier wurde das Bogenmaß seines Gesamtwerks deutlich: von frühen informellen und gegenständlichen Arbeiten zu den Painted Tapes, einer faszinierenden Fusion aus Malerei und Videokunst. Seine Werke, oft als "künstlerische Fortsetzung der Malerei mit elektronischen Mitteln" beschrieben, loteten konsequent die Schnittstellen zwischen klassischer Leinwand und experimenteller Medienkunst aus.

Im direkten Vergleich fällt auf: Während Künstler wie Nam June Paik die technische Innovation in die Videokunst trugen und Joseph Beuys Kunst und gesellschaftliches Engagement verschmolzen, bewegte sich Mike Steiner stets zwischen diesen Polen. Seine Haltung ist dabei weniger Manifest, sondern eher offenes Labor: Immer wieder griff er zu neuen Medien – Super-8-Film, Fotografie, Copy Art, Diaserien – und hinterfragte durchlässig die jeweilige Form.

Faszinierend ist Steiner als Sammler und Förderer. Mit dem Erwerb des ersten Videotapes von Reiner Ruthenbeck begann er Mitte der 1970er Jahre eine der wichtigsten privaten Sammlungen deutscher Videokunst. Namen wie Marina Abramovi?, Bill Viola, George Maciunas oder Allan Kaprow sind heute darin vertreten. Seine Videogalerie wurde ab 1985 im Kabel-TV gesendet – über 120 Sendungen, in denen er Videokunst einem breiten Publikum zugänglich machte. Steiner war damit Vorreiter auf einem Feld, das in Deutschland bis heute kaum institutionalisiert ist.

Der biografische Hintergrund ist eng verwoben mit den künstlerischen Aufbrüchen der Nachkriegszeit. Steiner war geprägt von den kulturellen Umbrüchen West-Berlins, fand aber auch international Anklang durch Ausstellungen in Genf, Mailand, Paris und später in Korea oder San Francisco. In der Zusammenarbeit mit Künstlern wie Ben Vautier, Dorothy Iannone oder Vertreterinnen des Wiener Aktionismus erwuchs ein Netzwerk, das bis heute für die Geschichte der Performance Art und der Zeitgenössischen Kunst von Bedeutung ist.

In der letzten Schaffensphase ab 2000 rückte erneut die Malerei ins Zentrum. Die Arbeiten dieser Jahre: abstrakt, farbintensiv, souverän komponiert. Seine Stoffarbeiten, Fotozyklen wie „Das Testbild als Readymade“ und Installationen aus dieser Zeit zeugen vom immerwährenden Impuls, Grenzen aufzubrechen – nicht zuletzt auch die zwischen digitaler und analoger Welt.

Für Kenner bleibt Mike Steiner ein Unikum: Er steht gleichsam für den interdisziplinären Wandel der zeitgenössischen Kunst wie für die Lust am stetigen Neu-Anfang. Sein umfangreiches Archiv, das 1999 als Sammlung an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz überging und bis heute im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart bewahrt wird, ist Monument und Arbeitsgrundlage für nachfolgende Generationen.

Was bleibt? Die Frage, wie Kunst heute Medien, Zeit und Raum umdeutet, findet in Mike Steiner ein vorbildliches Experimentierfeld. Wer tiefer eintauchen möchte, dem sei ein Streifzug durch die offizielle Webseite empfohlen, auf der Biografie, Werkgruppen und Ausstellungsübersichten lebendig dokumentiert sind. Zeitgenössische Kunst bedeutet bei Mike Steiner immer: Neugier, Experiment und Grenzüberschreitung.

Weitere Informationen, Werkgruppen und Ausstellungen von Mike Steiner gibt es hier

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