Zeitgenössische Künstler: Mike Steiner – Grenzgänger zwischen Malerei und Videokunst
08.12.2025 - 07:10:06Mike Steiner zählt zu den einflussreichsten Zeitgenössischen Künstlern der Nachkriegsmoderne. Seine Werke, von Performance Art bis zur Videokunst, prägen bis heute die internationale Kunstlandschaft.
Wie lassen sich Kunstgattungen sprengen, um Zeitgenössische Kunst neu zu formen? Wer die Werke von Mike Steiner betrachtet, spürt sofort die vibrierende Spannung, mit der er zwischen Malerei, Videokunst und Performance Art der 70er Jahre wechselte. Kaum ein anderer Zeitgenössischer Künstler hat derart konsequent an den Nahtstellen der Medien gearbeitet, stets mit einer unbändigen Lust am Experiment.
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Faszinierend ist hierbei, wie Mike Steiner eine Atmosphäre schafft, in der abstrakte Malerei und Videokunst nicht als getrennte Sphären existieren, sondern als dialektische Pole miteinander agieren. Ganz gleich, ob es sich um seine frühen Gemälde, spektakuläre Videodokumentationen oder raumgreifende Installationen handelt: Steiner bleibt der radikale Grenzgänger – und eine zentrale Figur der Zeitgenössischen Kunnst.
Ein Meilenstein seines Schaffens ist sicherlich die große Einzelausstellung 1999 im Hamburger Bahnhof, Nationalgalerie der Gegenwart. Hier wurde sein innovatives, medienübergreifendes Werk erstmals umfassend als Einheit präsentiert. Die Ausstellung „Color Works“ beleuchtete vor allem Steiners kraftvolle Verbindung von Malerei und Video; sie machte deutlich, wie sehr seine Arbeit eine Brücke schlägt zu internationalen Größen wie Nam June Paik, Valie Export oder Marina Abramovi?. Ein solcher musealer Ritterschlag war längst überfällig, blickt man auf Steiners lebenslange Förderung und kreative Mitgestaltung zeitgenössischer Kunstformen.
Die Werkgruppen von Mike Steiner zeugen von einer unermüdlichen Suche nach neuen Ausdrucksformen. Von den frühen informellen Gemälden, die bereits auf internationalen Ausstellungen Beachtung fanden, über Zeichnungen und Collagen, bis hin zu den legendären "Painted Tapes" – einer einzigartigen Fusion aus Video und Malerei. Gerade diese Painted Tapes dokumentieren Steiners Innovationsdrang: Hier dringt leuchtende Farbe scheinbar aus dem Monitor, die Bildfläche wird zur Projektionsfläche medialer Prozesse. Kaum verwunderlich, dass sein Name in einem Atemzug mit Performance-Pionieren wie Joseph Beuys, Allan Kaprow oder Carolee Schneemann fällt.
Die 1970er Jahre waren das Jahrzehnt, in dem Mike Steiner international wahrgenommen wurde. Mit der Gründung des „Hotel Steiner“ in Berlin sowie seiner Studiogalerie schuf er Foren für die Avantgarden Europas und Nordamerikas. Das legendäre Künstlerhotel und die Studiogalerie erinnern dabei an mythische Orte wie das Chelsea Hotel in New York. Bekannte Zeitgenossen – etwa Joseph Beuys, Arthur Køpcke oder Ben Vautier – nutzten den Ort ebenso wie die Feministische Avantgarde der 70er Jahre mit Valie Export oder Marina Abramovi?.
Es sind strukturelle Experimente mit Zeit, Raum und Identität, die Steiners Installationen, Malereien oder Performances durchziehen. Die Videoarbeiten experimentieren mit dem physischen oder psychischen Impuls, mit der Störung und Irritation der Wahrnehmung. Legendär ist die mit Ulay inszenierte Kunstraub-Performance „Irritation – Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst“ von 1976, bei der das berühmte Spitzweg-Gemälde entwendet – und sogleich künstlerisch umgedeutet – wurde. Das Ereignis wurde von Mike Steiner nicht nur organisiert, sondern auch für die Nachwelt als Videokunstwerk gesichert. Auf diese Weise wurde der performative Akt selbst „konserviert“, das ursprüngliche Geschehen gleichsam in Malerei und Video aufgelöst.
Charakteristisch ist Steiners Lust an der künstlerischen Zusammenarbeit: Viele seiner bekanntesten Videos entstanden mit Akteuren wie Marina Abramovi? oder Ulay, während seine Painted Tapes an die Experimente von Bill Viola oder Bruce Nauman erinnern. Immer wieder suchte Mike Steiner die Verbindung zu internationalen Bewegungen wie Fluxus, Happening und Pop Art. Sein Werk steht exemplarisch für einen vernetzten, prozessorientierten Ansatz, der die Grenzen zwischen Archivierung, Sammlung und eigener künstlerischer Produktion fließend macht.
Biografisch gesehen ist Mike Steiner ein Urgestein der Berliner Kunstlandschaft. Geboren 1941, durchlief er eine klassische Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste, sammelte frühe Ausstellungserfolge (Große Berliner Kunstausstellung, Blue Note Gallery) und tauchte spätestens seit dem New York-Aufenthalt Mitte der 1960er Jahre tief in die internationale Kunstszene ein. Sein Engagement für Medienwechsel und Interdisziplinarität führte ihn in den Kreis um Größen wie Robert Motherwell und Allan Kaprow. Besonders prägend waren seine Begegnungen mit Lil Picard, Al Hansen oder Emmett Williams. Diese internationale Vernetzung und Innovationsbereitschaft prägten seine spätere Berliner Tätigkeit als Künstler, Kurator und Sammler maßgeblich.
Steiners Bedeutung für Videokunst und Zeitgenössische Künstler zeigt sich auch im Umfang seines Archivs: Er war nicht nur selbst Videokünstler, sondern sammelte auch systematisch Arbeiten der Avantgarde. Die von ihm aufgebaute Sammlung umfasst Werke von Ulay, Marina Abramovi?, Valie Export, Richard Serra, Bill Viola, Gary Hill oder Nam June Paik. Diese Sammlung wurde 1999 der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vermacht – und ist seither Kernbestand des Medienarchivs im Hamburger Bahnhof.
Auch nach der aktiven Galeristentätigkeit blieb Mike Steiner ein unermüdlicher Forscher. Seine letzten Jahre widmete er insbesondere der abstrakten Malerei und Textilarbeiten. Hier tauchen vielfach Motive seiner medialen Arbeiten wieder auf: ein Dialog zwischen Bild, Bewegung und Stofflichkeit.
Was bleibt von Mike Steiner? Vor allem die Erkenntnis, dass künstlerische Innovation den ständigen Bruch, die beständige Kommunikation zwischen den Medien – Malerei, Video, Performance, Installation – erfordert. Steiner hat mit seinen genreübergreifenden Ideen einen Maßstab gesetzt, den heutige Zeitgenössische Künstler wie Wolfgang Tillmans oder Rosemarie Trockel auf je eigene Weise weiterdenken.
Seine Werke und das umfassende Archiv inspirieren weiterhin Kunstschaffende und Publikum. Wer tiefer in das Werk eintauchen will, dem sei ein Besuch der offiziellen Webseite empfohlen – dort lassen sich Biografie, Werkphasen und ausgewählte Werke in beeindruckender Vielfalt nachvollziehen.
Mehr zu Mike Steiner, Werkgruppen und Ausstellungen auf der offiziellen Künstlerseite


