Zeiterfassung, Kleinbetriebe

Zeiterfassung: Kleinbetriebe dauerhaft von digitaler Pflicht befreit

19.11.2025 - 23:40:11

Der Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung sieht elektronische Dokumentation vor, gewährt jedoch Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten dauerhafte Befreiung von der Digitalpflicht.

Die Debatte um die digitale Arbeitszeiterfassung erreicht die entscheidende Phase. Während Millionen Beschäftigte längst wissen, dass eine Aufzeichnungspflicht kommt, ringt die Bundesregierung noch um die konkrete Ausgestaltung. Doch eines steht fest: Kleine Betriebe sollen verschont bleiben.

Was bedeutet das für den deutschen Mittelstand? Der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums zeichnet ein differenziertes Bild – mit klaren Vorgaben für Großunternehmen und pragmatischen Ausnahmen für das Handwerk. Die wichtigste Botschaft: Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern dürfen auch künftig zum Stift greifen statt zur Software.

Vom europäischen Gerichtshof zur deutschen Realität

Der Weg zur Zeiterfassungspflicht begann weit entfernt von Berlin. 2019 entschied der Europäische Gerichtshof in seinem wegweisenden „Stechuhr-Urteil”, dass alle EU-Staaten ihre Arbeitgeber zu einem verlässlichen Erfassungssystem verpflichten müssen. Das Ziel: Arbeitnehmerrechte besser schützen, Überstunden transparent machen.

Deutschland reagierte zunächst zurückhaltend. Erst das Bundesarbeitsgericht schuf 2022 klare Verhältnisse. Die Richter leiteten aus dem bestehenden Arbeitsschutzgesetz eine unmittelbare Verpflichtung ab: Sämtliche Arbeitszeiten müssen systematisch dokumentiert werden – und zwar von allen Arbeitgebern. Damit war Schluss mit freiwilligen Lösungen.

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Seither gilt: Die Pflicht zur Zeiterfassung existiert bereits heute. Was fehlt, ist lediglich die konkrete gesetzliche Regelung zur elektronischen Form.

Digital, tagesaktuell und delegierbar

Der Entwurf aus dem Bundesarbeitsministerium lässt wenig Spielraum. Beginn, Ende und Dauer jedes Arbeitstages sollen elektronisch und noch am selben Tag festgehalten werden. Zeiterfassungs-Apps, Softwarelösungen oder moderne Stempeluhren erfüllen diese Anforderung. Händische Stundenzettel auf Papier? In größeren Betrieben bald Geschichte.

Doch der Entwurf zeigt sich pragmatisch. Arbeitgeber dürfen die Erfassung an ihre Beschäftigten delegieren – die Verantwortung für funktionierende Systeme bleibt jedoch bei der Unternehmensführung. Eine nachvollziehbare Regelung, die den Arbeitsalltag nicht unnötig verkompliziert.

Worum geht es wirklich? Um die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen. Transparenz statt Vertrauensseligkeit, so die Botschaft des Gesetzgebers.

Die Rettung für Handwerk und Kleingewerbe

Hier liegt der Kern der Entlastung: Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten sind dauerhaft von der elektronischen Pflicht ausgenommen. Der traditionelle Stundenzettel behält seine Gültigkeit. Eine Entscheidung, die Bäckereien, Friseursalons und kleine Handwerksbetriebe aufatmen lässt.

Kein Zwang zu teuren Softwarelösungen, keine komplexen Schulungen für digitale Systeme. Die Ausnahme-Regelung trägt der Realität Rechnung: Kleinbetriebe arbeiten oft mit knappen Ressourcen und engen Margen. Zusätzliche Bürokratie könnte hier existenzgefährdend wirken.

Darüber hinaus ermöglicht der Entwurf Tarifverträgen, branchenspezifische Lösungen auszuhandeln. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände können so maßgeschneiderte Regelungen entwickeln, die der jeweiligen Branche gerecht werden.

Gestaffelte Fristen je nach Unternehmensgröße

Der Gesetzgeber zeigt Verständnis für unterschiedliche Leistungsfähigkeiten. Nach Inkrafttreten gelten gestaffelte Übergangsfristen:

Kleinbetriebe bis 50 Beschäftigte: Fünf Jahre für die Umstellung
Mittlere Unternehmen bis 250 Mitarbeiter: Zwei Jahre Vorlaufzeit
Großunternehmen: Ein Jahr ab Inkrafttreten

Diese Abstufung berücksichtigt, dass die Implementierung digitaler Systeme nicht nur Geld kostet, sondern auch Planung, Schulungen und Testphasen erfordert. Gerade mittelständische Betriebe erhalten so die Chance, Lösungen zu finden, die zu ihrer Betriebsgröße passen.

Vertrauensarbeitszeit am Scheideweg?

Bleibt das beliebte Modell der Vertrauensarbeitszeit erhalten? Diese Frage beschäftigt besonders Wissensarbeiter und moderne Dienstleister. Der Koalitionsvertrag verspricht: Ja, aber mit Anpassungen.

Die reine Arbeitsdauer muss künftig erfasst werden – das steht außer Frage. Doch die Flexibilität in der Gestaltung bleibt bestehen. Beschäftigte können weiterhin selbst entscheiden, wann sie arbeiten. Die Dokumentationspflicht ändert daran nichts.

Was bedeutet das konkret? Mitarbeiter erfassen ihre Zeiten eigenverantwortlich, behalten aber die Freiheit über Beginn und Ende ihrer Arbeitstage. Die Kontrollmöglichkeit dient dem Gesundheitsschutz, nicht der Gängelung. So zumindest die Theorie.

Wann kommt das finale Gesetz?

Die spannendste Frage bleibt unbeantwortet. Ein konkreter Termin für das Inkrafttreten existiert nicht. Die Regierungskoalition berät weiterhin über Details, eine finale Einigung steht aus.

Doch Arbeitgeber sollten nicht auf das offizielle Gesetz warten. Die grundsätzliche Aufzeichnungspflicht gilt bereits heute durch das BAG-Urteil. Wer jetzt handelt, vermeidet Zeitdruck und rechtliche Risiken. Die geplanten Übergangsfristen bieten ausreichend Spielraum für eine sorgfältige Implementierung.

Für Unternehmen ab zehn Mitarbeitern lautet die Empfehlung: Softwarelösungen prüfen, Prozesse planen, Beschäftigte einbinden. Die digitale Zeiterfassung kommt – die Frage ist nicht ob, sondern wie gut vorbereitet die deutsche Wirtschaft sein wird.

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