Work-Life-Balance, Deutschland

Work-Life-Balance: Deutschland kämpft gegen die Erschöpfung

16.11.2025 - 08:01:12

44 Prozent der Beschäftigten fühlen sich ausgebrannt, während psychisch bedingte Fehltage auf Rekordniveau steigen. Die EU debattiert über ein Recht auf Nichterreichbarkeit als Gegenmaßnahme.

Die psychische Belastung deutscher Arbeitnehmer erreicht Rekordniveau. Fast die Hälfte der Beschäftigten fühlt sich ausgebrannt, während die Politik über ein “Recht auf Nichterreichbarkeit” debattiert. Die Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen – mit dramatischen Folgen.

Alarmierende Zahlen: Jeder Zweite fühlt sich erschöpft

Die Lage ist ernst: 44 % der deutschen Beschäftigten fühlen sich mental erschöpft oder ausgebrannt. Das belegen aktuelle Berichte von Krankenkassen und Forschungsinstituten. Noch drastischer zeigt sich der Trend bei den krankheitsbedingten Ausfällen.

392 Fehltage je 100 Versicherte aufgrund psychischer Erkrankungen verzeichneten die Krankenkassen 2024 – ein absoluter Höchststand. Innerhalb von zehn Jahren explodierten die psychisch bedingten Ausfälle um 54 %.

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Besonders hart trifft es das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Pflege. Ausgerechnet jene Branchen, die sich um andere kümmern sollen, leiden am stärksten unter der Belastung. Ein Weckruf, den die Politik nicht länger ignorieren kann.

“Always On”: Wenn Feierabend zur Illusion wird

Die ständige Erreichbarkeit hat sich zum Hauptstressfaktor entwickelt. E-Mails nach 20 Uhr, Anrufe am Wochenende – die “Always On”-Kultur raubt Arbeitnehmern ihre Erholungsphasen. Die wichtige Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben? Für viele längst Geschichte.

Die EU reagiert: Die Europäische Kommission hat Konsultationen zum “Recht auf Nichterreichbarkeit” aufgenommen. Frankreich und Belgien haben bereits entsprechende Gesetze eingeführt. Deutschland könnte nachziehen – etwa durch Anpassungen im Arbeitszeitgesetz.

Experten sind sich einig: Ohne klare Regeln zur Nichterreichbarkeit bleibt die mentale Gesundheit der Beschäftigten auf der Strecke. Der volkswirtschaftliche Schaden durch psychisch bedingte Ausfälle geht bereits in die Milliarden.

Homeoffice: Fluch und Segen zugleich

Hybride Arbeitsmodelle sind zum Standard geworden. Das Homeoffice kann die Zufriedenheit steigern und Burnout vorbeugen – sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Doch genau hier liegt das Problem.

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zur Vier-Tage-Woche zeigt: Der Wunsch nach Flexibilität ist groß, die Herausforderungen sind es auch. Ohne klare Abgrenzung führt die Flexibilität zur Entgrenzung der Arbeit. Das Ergebnis? Noch weniger Erholung, noch mehr Stress.

Kritiker warnen vor einer reinen Arbeitsverdichtung auf weniger Tage. Der Schlüssel liegt in intelligenten Modellen, die Produktivität und Wohlbefinden gleichermaßen berücksichtigen.

Unternehmen verschlafen die Gefahr

Die Realität in deutschen Betrieben ist ernüchternd: Weniger als ein Drittel setzt die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung konsequent um. Das zeigt eine DEKRA-Umfrage. Dabei wäre die Motivation da.

Eine Umfrage von Union Investment belegt: 90 % der Beschäftigten halten es für wichtig, dass sich Unternehmen um die mentale Gesundheit kümmern. Wo dies geschieht, steigt das psychische Wohlbefinden auf 83 %.

Der Fachkräftemangel verschärft das Problem zusätzlich. Der Druck auf die bestehende Belegschaft wächst, während immer mehr qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Eine gesunde Work-Life-Balance wird zum entscheidenden Faktor für die Arbeitgeberattraktivität.

Wendepunkt oder Wunschdenken?

Die kommenden Monate werden zeigen, ob Deutschland den Ernst der Lage begreift. Die Diskussion um das Recht auf Nichterreichbarkeit wird weiter an Fahrt aufnehmen – sowohl auf EU-Ebene als auch national.

Unternehmen stehen vor einer klaren Entscheidung: Entweder sie schaffen Rahmenbedingungen für gesunde Arbeit, oder sie verlieren ihre wertvollste Ressource. Dazu gehören klare Kommunikationsregeln, echte Erholungszeiten und eine Führungskultur, die das Wohlbefinden als strategisches Ziel begreift.

Die Vier-Tage-Woche wird weiter erprobt werden – mit Fokus auf echter Entlastung statt bloßer Arbeitsverdichtung. Langfristig werden nur jene Unternehmen erfolgreich sein, die erkennen: Ohne gesunde Mitarbeiter gibt es keinen gesunden Betrieb.

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