Wohnungsneubau, Historischer

Wohnungsneubau: Historischer Einbruch treibt Mieten in die Höhe

21.11.2025 - 15:20:12

Die Befürchtungen der Immobilienbranche haben sich bewahrheitet. Neue Daten der Statistik Austria zeigen: Der Wohnungsneubau in Österreich erreicht einen historischen Tiefpunkt. Während die Fertigstellungen massiv einbrechen, explodieren die Mieten – eine toxische Mischung für den Markt.

Die gestern veröffentlichten Zahlen lassen keinen Raum für Beschönigungen. Was Wirtschaftskammer (WKO) und der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) prognostiziert hatten, ist nun statistische Realität. Der Rückgang ist der massivste seit Jahrzehnten.

Die Kombination aus gestiegenen Zinsen, hohen Baukosten und regulatorischen Hürden hat den Motor der heimischen Baukonjunktur fast vollständig abgewürgt. Für Wohnungssuchende bedeutet das: Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum verschärft sich dramatisch.

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2024 wurden österreichweit nur noch knapp 54.500 Wohnungen fertiggestellt. Besonders alarmierend: Der reine Neubau umfasste lediglich 41.762 Einheiten – ein Rückgang von rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Generaldirektorin Manuela Lenk von der Statistik Austria fand deutliche Worte: “Aktuell sind deutlich weniger neue Wohnungen auf dem Markt als in den Vorjahren.” Die Fertigstellungszahlen folgen zeitversetzt dem dramatischen Einbruch der Baubewilligungen, der bereits 2021 begann.

Die regionale Verteilung:

  • Wien: Rund 12.500 fertiggestellte Einheiten – absoluter Spitzenreiter, aber gefährlicher Rückgang im Verhältnis zum Bevölkerungswachstum
  • Vorarlberg: Mit 8,7 fertiggestellten Wohnungen pro 1.000 Einwohner die höchste Quote im Bundesländervergleich
  • Kärnten & Steiermark: Fertigstellungsraten deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt von 5,9 Wohnungen pro 1.000 Einwohner

Experten warnen: Der Tiefpunkt könnte noch nicht erreicht sein. Der “Erste österreichische Neubaubericht” von Exploreal hatte für 2025 einen Einbruch von bis zu 44 Prozent gegenüber 2023 prognostiziert – mit den aktuellen Quartalszahlen wird dieses Szenario zur Realität.

Das Paradox: Weniger Wohnungen, höhere Preise

Der Markt bricht ein, Transaktionen gehen zurück – aber die Preise für Endverbraucher geben kaum nach. Im Gegenteil. Dieses Phänomen ist direkt auf die Angebotsverknappung zurückzuführen.

Während Kaufpreise für gebrauchte Immobilien in schlechteren Lagen teilweise nachgegeben haben, zeigt sich im Segment der Neubauwohnungen erstaunliche Preisstabilität. Daten von ImmoMarktAnalyse.at bestätigen: Die Preise für Neubauwohnungen haben 2025 weiter zugelegt (+1,1 %).

Der Grundmechanismus ist simpel, aber brutal. Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt ungebrochen hoch, getrieben durch Zuwanderung und den Trend zu kleineren Haushalten. Da kaum noch neuer Wohnraum auf den Markt kommt, konkurrieren immer mehr Menschen um immer weniger verfügbare Wohnungen.

Besonders fatal wirkt sich das auf den Mietmarkt aus. Viele Menschen können sich aufgrund strenger Kreditvergaberichtlinien und hoher Zinsen keinen Eigentumserwerb mehr leisten. Sie drängen auf den Mietmarkt. Die Folge: Die Mieten für frei finanzierte Neubauwohnungen in Ballungszentren wie Wien haben neue Rekordwerte erreicht. Der Quadratmeterpreis liegt in der Hauptstadt mittlerweile oft jenseits von 15 bis 16 Euro netto.

KIM-Verordnung wirkt weiter – trotz Auslaufen

Ein zentraler Streitpunkt bleibt die KIM-Verordnung. Obwohl sie offiziell Ende Juni 2025 ausgelaufen ist, wirkt sie faktisch weiter. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Österreichische Nationalbank (OeNB) haben Banken nahegelegt, die Kriterien der “nachhaltigen Kreditvergabe” weiterhin anzuwenden.

Für viele junge Familien bedeutet das: Ohne 20 Prozent Eigenkapital und eine Schuldendienstquote unter 40 Prozent des Nettoeinkommens gibt es keinen Kredit.

Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, hatte gewarnt: “Die Summe der negativen Effekte aus Teuerung und zu restriktiven Kreditvergaberichtlinien stellt den Markt auf den Kopf.” Diese Warnung hat sich bewahrheitet. Der private Wohnbau ist fast vollständig zum Erliegen gekommen.

Die Banken agieren extrem vorsichtig. Auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) erste Zinsschritte nach unten gesetzt hat – beim Endkunden kommen diese Erleichterungen aufgrund der strengen Vergabepraxis nicht an.

Erste Hoffnungszeichen für 2026

Trotz der Hiobsbotschaften gibt es erste, zarte Anzeichen einer Bodenbildung. Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator lieferte in seiner November-Auswertung überraschende Daten: Der Indikator stieg auf minus 1,3 Punkte – der höchste Wert seit Anfang 2023.

Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria, spricht von einer “Stimmungsverbesserung in allen Wirtschaftssektoren”. Auch am Bau scheint der absolute Pessimismus langsam zu weichen. Während der Hochbau noch in der Rezession steckt, stützt der Tiefbau dank öffentlicher Aufträge die Branche zumindest teilweise.

Für 2026 prognostizieren Institute wie das WIFO eine leichte Stabilisierung. Die Hoffnung ruht auf zwei Säulen:

  • Sinkende Zinsen: Weitere Zinssenkungen könnten Baufinanzierungen wieder attraktiver machen
  • Nachholeffekte: Der aufgestaute Bedarf an Wohnraum ist riesig. Projekte aus den Schubladen der Bauträger könnten bei besseren Rahmenbedingungen schnell reaktiviert werden

Strukturwandel statt zyklische Delle

Der aktuelle Einbruch markiert mehr als nur eine vorübergehende Schwäche. Es ist ein struktureller Wandel in der österreichischen Immobilienlandschaft. Die Jahre des “Betongolds”, in denen jedes Bauprojekt vom Plan weg verkauft wurde, sind vorbei.

Die Insolvenzwelle mit der Signa-Pleite hat den Markt bereinigt, aber auch tief verunsichert. Bauträger agieren heute wesentlich risikoadverser. Der Fokus verschiebt sich vom Neubau zur Sanierung. Dies ist zwar ökologisch sinnvoll und wird gefördert, kann aber den massiven Neubaumangel quantitativ nicht kompensieren.

Für die Politik ergibt sich ein dringender Handlungsauftrag. Ohne massive staatliche Impulse – sei es durch eine Wohnbauoffensive, steuerliche Anreize oder eine Reform der Kreditvergaberegeln – droht Österreich in eine langfristige Wohnungsnot zu schlittern.

Was Wohnungssuchende jetzt wissen müssen

Für 2026 müssen sich Mieter und Käufer auf weiterhin harte Zeiten einstellen. Da Fertigstellungen dem Baubeginn um etwa zwei Jahre hinterhinken, wird die Lücke an neuen Wohnungen im kommenden Jahr am größten sein.

Tipps für Wohnungssuchende:

  • Flexibilität zeigen: Randbezirke und der Speckgürtel bieten moderatere Preise als City-Lagen
  • Sanierung prüfen: Kauf und Sanierung älterer Bestandsimmobilien werden durch Handwerkerbonus und Landesförderungen attraktiver als Neubau
  • Schnell entscheiden: In Ballungsräumen hat sich der Markt zum Verkäufermarkt gedreht – gute Angebote sind schnell vergriffen

Der österreichische Wohnbau liegt am Boden. Die Quittung zahlen derzeit jene, die dringend ein Dach über dem Kopf suchen. Die Talsohle mag in Sicht sein, doch der Aufstieg wird lang und steinig.

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