Wenn Beratung zum Risiko wird: Wie du dich vor undurchsichtigen Dienstleister-Verträgen schützt
14.11.2025 - 12:40:00Achtung vor Freelancern. In den letzten Jahren habe ich viele gute Erfahrungen mit externen Dienstleistern gemacht – aber einmal stand ich kurz davor, in eine Konstellation zu geraten, die im Nachhinein fast wie eine professionelle Masche wirkte. In diesem Artikel möchte ich dir kein „Horrorszenario“ verkaufen, sondern anhand eines anonymisierten Praxisbeispiels zeigen, wo Risiken lauern können – und wie du dich als Unternehmer:in besser schützt.
1. Das Muster: Viel Freiheit für den Dienstleister, wenig Kontrolle für den Auftraggeber
Im geschilderten Fall ging es um einen freien Berater im Bereich Marketing. Er schlug einen Vertrag vor mit folgenden Merkmalen:
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Mindestlaufzeit mit Vorschusszahlung (z. B. drei Monate á X Stunden)
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Stundenabrechnung ohne klar definierte Projekte
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Sehr weit gefasster Leistungsumfang („beispielhaft und nicht abschließend“)
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kein konkret geschuldeter Output, nur „Beratungsleistungen“
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die Möglichkeit, Unterauftragnehmer einzusetzen
Auf den ersten Blick wirkt das harmlos: Beratung ist eben nicht immer in exakten Ergebnissen messbar.
Im Detail steckt hier aber ein Risiko:
Wenn keine klar begrenzten Projekte, keine Ergebnisse und keine eindeutige Beauftragung nötig sind, kann ein Dienstleister später beliebig viele Stunden als „Analyse“ deklarieren – und du stehst als Auftraggeber da und kannst es kaum widerlegen
2. Zum Glück nachverhandelt: Enge Abstimmung statt Freifahrtschein
In meinem Fall wurde der ursprüngliche Vertragsentwurf deutlich angepasst, bevor er unterschrieben wurde.
Kritisch war insbesondere, dass der Dienstleister ursprünglich:
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möglichst freie Hand bei der Auswahl seiner Tätigkeiten haben wollte
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und faktisch selbst entscheiden wollte, wofür er seine Zeit verwendet – um es dann abzurechnen
Im endgültigen Vertrag wurde stattdessen festgelegt, dass:
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Leistungen „in enger Abstimmung mit dem Kunden“ erbracht werden müssen
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es keine Pflicht zur Beauftragung gibt – der Auftraggeber kann also entscheiden, ob und was er beauftragt
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Budgets und Kampagnen nur nach vorheriger Freigabe gestartet werden dürfen
Damit war klar:
Der Vertrag ist keine Blankovollmacht, nach der der Dienstleister machen kann, was er will und es dann automatisch in Rechnung stellt.
Er ist lediglich die rechtliche Basis, um konkret beauftragte Projekte abzurechnen.
3. Und dann kam der Stundennachweis …
Spannend wurde es, als der Dienstleister nach der Beendigung der Zusammenarbeit einen Stundennachweis schickte. Darin fanden sich unter anderem:
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umfassende „Analysen“ und „Screenings“, für die es keinen erkennbaren Auftrag gab
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Tätigkeiten an Systemen, auf die der Dienstleister gar keinen Zugriff hatte
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mehrere Positionen im Stil von „Analyse bestehender Strukturen und Prozesse“, „SEO-/Sichtbarkeitscheck“, „CRM-Datensichtung“, ohne dass jemals Berichte, Dokumente oder Ergebnisse vorgelegt worden wären
Auf Nachfrage berief er sich auf den Standpunkt, bei Beratungsleistungen seien keine Ergebnisse geschuldet, nur die Arbeitszeit. Das mag juristisch in bestimmten Konstellationen teilweise zutreffen – praktisch stellt sich aber eine einfache Frage:
Wenn jemand fünf Stunden SEO-Analyse macht –
wo ist dann die Auswertung, der Report, das Protokoll, die To-do-Liste?
Ohne irgendeinen Output bleibt nur ein Satz: „Ich habe daran gearbeitet, bitte zahle.“
Und genau da beginnt aus Auftraggebersicht das Risiko.
4. Vertragsklauseln, die in Kombination heikel sein können
Ohne einzelne Personen zu bewerten, lässt sich aus diesem Fall gut ableiten, welche Vertragskombinationen du dir sehr genau anschauen solltest:
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Mindestlaufzeit + Vorschuss + fehlende Ergebnisdefinition
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Wenn du mehrere Monate im Voraus zahlst, aber weder Projekte noch Ergebnisse konkret definiert sind, kann das zum Freifahrtschein werden.
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Weit gefasste, „beispielhafte“ Leistungsbeschreibungen
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Formulierungen wie „beispielhaft und nicht abschließend“ sind nett für Flexibilität – sie können aber auch genutzt werden, um im Nachhinein beliebige Tätigkeiten als vertragskonform zu deklarieren.
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Stundennachweis ohne laufende Transparenz
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Steht im Vertrag, dass ein Stundennachweis „idealerweise online einsehbar“ sein soll, du bekommst aber nie einen Zugang und erfährst erst zum Schluss von 60+ Stunden – dann fehlt dir jede Kontrollmöglichkeit.
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Unterauftragnehmer-Klausel ohne Begrenzung
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Wenn der Dienstleister Dritte einschalten darf, ohne dass du zustimmen musst oder eine Stundenobergrenze existiert, könnten theoretisch weitere Kosten entstehen, die du nur schwer kontrollierst.
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Sehr weite Vertraulichkeitsklauseln
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Vertraulichkeit ist wichtig. Wenn sie aber so allgemein formuliert ist, dass faktisch jede kritische Äußerung über die Zusammenarbeit problematisch werden könnte, schützt das eher die Reputation des Dienstleisters als dein Unternehmen.
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5. Was du daraus lernen kannst: Konkrete Tipps für Auftraggeber
Hier ein paar praktische Punkte, die ich aus dieser Erfahrung mitgenommen habe – vielleicht helfen sie dir bei deinen eigenen Dienstleisterverträgen:
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Immer mit einem klar abgegrenzten Testprojekt starten
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Beispiel: „Landingpage X für Produkt Y“
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Klare Deliverables, klarer Zeitrahmen, klarer Preis.
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Schriftliche Beauftragung je Projekt
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Nicht: „Mach mal eine Analyse“
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Sondern: „Bitte analysiere A, B, C mit folgendem Ziel, bis Datum X, max. Y Stunden.“
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Laufende Transparenz statt rückwirkender Überraschungen
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Verlange einen laufenden, einsehbaren Stundennachweis (z. B. in einem geteilten Tool)
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Keine Abrechnung von 30, 40, 60 Stunden auf einen Schlag ohne vorherige Zwischenstände.
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Output-Pflicht bei Beratungsleistungen
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Auch wenn kein „Werk“ geschuldet ist:
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Pro größere Tätigkeit mindestens ein Nachweis: Report, Screenshot, Dokumentation, Entscheidungsvorlage.
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Unterauftragnehmer nur mit Zustimmung
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Im Vertrag festhalten: Einsatz von Unterauftragnehmern nur nach schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers und mit definierter Stundenobergrenze.
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6. Vertraulichkeit konkretisieren
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Vertraulichkeit ja – aber bezogen auf:
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Geschäftsgeheimnisse
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interne Prozesse
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Kundendaten
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Nicht als pauschale Klausel, die jede spätere Kritik unmöglich macht.
6. Fazit
Nicht jeder externe Dienstleister arbeitet unseriös – im Gegenteil, die meisten leisten wertvolle Arbeit.
Aber es gibt Vertragskonstellationen, in denen die Balance zwischen Freiheit und Kontrolle kippt – zu Lasten des Auftraggebers.
Wenn du als Unternehmer:in
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eine längere Mindestlaufzeit,
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Vorschusszahlungen,
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sehr vage Leistungsbeschreibungen
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und fehlende Ergebnisnachweise
in Kombination siehst, lohnt es sich, sehr genau hinzusehen – und im Zweifel einen Anwalt oder eine fachkundige Person drüberschauen zu lassen, bevor du unterschreibst.


