Weihnachtsgeschenke, Streaming-Abos

Weihnachtsgeschenke: Streaming-Abos und Gaming-Skins im Visier der Compliance

22.11.2025 - 06:01:12

Rechtsexperten warnen vor Netflix-Codes und Gaming-Items als versteckte Compliance-Fallen. Unwissenheit schützt nicht vor Konsequenzen bei Verstößen gegen Anti-Korruptionsgesetze.

Digitale Geschenke werden zur Compliance-Falle: Was Arbeitnehmer bei Netflix-Codes und In-Game-Items beachten müssen.

Während traditionelle Weinpräsente und Geschenkkörbe seit Jahrzehnten die Büros schmücken, läuten Rechtsexperten in diesem Jahr die Alarmglocken. Der Verband der Führungskräfte und Spezialisten (DFK) warnt eindringlich vor einer neuen Kategorie von Geschenken, die auf den ersten Blick harmlos wirken, rechtlich jedoch explosive Risiken bergen. Gutschein-Codes, Streaming-Abos und virtuelle Gaming-Items schaffen Grauzonen, in denen sich selbst erfahrene Compliance-Beauftragte schwertun.

Die Botschaft ist unmissverständlich: Unwissenheit schützt vor Kündigung nicht. Während viele Unternehmen an diesem Wochenende ihre Geschenklisten finalisieren, hat sich die Definition dessen, was als “sicheres” Geschenk gilt, grundlegend gewandelt.

Netflix-Codes und Fortnite-Skins: Die unsichtbare Gefahr

Was macht digitale Präsente so problematisch? Im Gegensatz zu einem Präsentkorb, der sichtbar auf dem Schreibtisch steht und die Poststelle passiert, erfolgen digitale Transfers per E-Mail oder Direktnachricht. Sie entziehen sich den klassischen Kontrollmechanismen – unterliegen jedoch denselben strengen Anti-Korruptionsgesetzen.

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Sebastian Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht, identifizierte diese Woche drei besonders kritische Kategorien:

Abo-Codes: Gutscheine für Netflix, Spotify oder Cloud-Speicher wirken zunächst wie nette Gesten. Rechtlich bewegen sie sich jedoch in derselben Gefahrenzone wie teure Geschenkkörbe.

Gaming-Assets: Wertvolle “Skins” oder Items für Online-Spiele richten sich oft an jüngere Mitarbeiter oder deren Kinder. Ihr monetärer Wert kann beträchtlich sein – rechtlich werden sie wie Bargeldgeschenke behandelt.

Social-Media-“Gewinnspiele”: Besonders perfide sind angeblich zufällige Gewinne in sozialen Netzwerken, die gezielt an Geschäftspartner ausgespielt werden. Die Verschleierung verstärkt den Verdacht der Bestechung.

“Die Grenze ist nicht erst bei offensichtlichem Fehlverhalten erreicht, sondern sobald die Möglichkeit besteht, dass eine Einflussnahme zugunsten Dritter denkbar wäre”, stellte Müller am Donnerstag klar.

Die 25-Euro-Grenze: Mythos oder Richtschnur?

Trotz der digitalen Evolution gelten die traditionellen Regeln fort – werden aber häufig missverstanden. Anders als weitläufig angenommen, existiert im Privatsektor keine gesetzlich festgeschriebene “sichere” Wertgrenze.

Dennoch hat sich in Rechtsprechung und Unternehmensrichtlinien ein Orientierungswert von 25 Euro etabliert. Geschenke unterhalb dieser Schwelle gelten als “sozialadäquat” – vorausgesetzt, sie bleiben Einzelfälle.

Die “Drei Ks” (Kugelschreiber, Kalender, Kladden) bleiben grundsätzlich unproblematisch. Doch Vorsicht vor dem “Akkumulationseffekt”: Schickt ein Geschäftspartner über das Jahr verteilt mehrere kleine “Drei-K”-Artikel oder digitale Gutscheine, die zusammen einen erheblichen Betrag ergeben, kann dies als illegales “Anfüttern” für zukünftige Gefälligkeiten gewertet werden.

Luxus-Events als “Fortbildung”? Ein gefährliches Spiel

Besonders heikel wird es bei der Verschleierung von Freizeitvergnügen als berufliche Weiterbildung. Rechtsanwalt Müller warnt ausdrücklich vor “kreativen Umgehungen”, bei denen etwa eine Einladung zu einem Luxus-Weihnachtsevent oder eine Skireise als “Schulungsseminar” deklariert wird.

“Geschenke, bei denen teure Event-Einladungen als ‘Weiterbildung’ getarnt werden, gehen erheblich nach hinten los, da die Verschleierung selbst den Vorsatz beweist”, betont Müller.

Für Amtsträger gilt ohnehin: absolute Null-Toleranz. Schon die Annahme eines Kalenders oder Kaffees kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Steuerliche Fallstricke für 2025

Neben arbeits- und strafrechtlichen Risiken birgt die Geschenksaison auch steuerliche Klippen:

Geschäftspartner: Zuwendungen sind nur bis 50 Euro pro Empfänger und Jahr als Betriebsausgaben absetzbar. Wird diese Grenze überschritten, entfällt die Abzugsfähigkeit komplett – nicht nur für den überschießenden Betrag.

Mitarbeiter: Bei persönlichen Anlässen (Geburtstag, Hochzeit) bleiben Geschenke bis 60 Euro (brutto) steuerfrei. Für allgemeine Weihnachtsgeschenke ohne persönlichen Bezug greift die monatliche Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro.

Unternehmen sollten den Wert aller digitalen und physischen Geschenke sorgfältig dokumentieren – besonders beim Kombinieren mehrerer Kleinigkeiten.

Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Die verschärfte Tonlage der Rechtsexperten spiegelt einen grundlegenden Wandel wider. Automatisierte Compliance-Systeme und strengere Prüfstandards bedeuten: Auch Kleinstverstöße werden geahndet.

Der Fokus auf digitale Geschenke reagiert auf veränderte Geschäftsbeziehungen. Wenn Meetings über Zoom laufen und Kontakte über LinkedIn gepflegt werden, verlagern sich auch die “Danke”-Gesten ins Digitale. Ein 50-Euro-Amazon-Gutschein per LinkedIn-Nachricht hinterlässt zwar eine digitale Spur für Prüfer – ihm fehlt aber die physische Transparenz eines Geschenkkorbs am Empfang.

Für die kommenden Wochen gilt: Transparenz ist Trumpf. “Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag und ob Ihr Arbeitgeber eine Compliance-Richtlinie hat – und halten Sie sich daran”, rät der DFK. Im Zweifelsfall bei einem Digitalcode oder Paket: Vorgesetzten informieren oder umgehend zurückschicken.

Experten erwarten für 2026 eine Welle von “Zero-Gift-Policies”. Statt sich durch komplexe Wertgrenzen und Definitionsfragen zu navigieren, könnten Unternehmen zunehmend jegliche Geschenkannahme verbieten und Geschäftspartner stattdessen zu Charity-Spenden auffordern.

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