Weihnachtsgeschenke, Compliance-Fallen

Weihnachtsgeschenke: Neue Compliance-Fallen bei digitalen Präsenten

20.11.2025 - 18:20:12

Streaming-Abos, Gaming-Gutscheine, Social-Media-Giveaways – das Weihnachtsgeschäft zwischen Unternehmen wird digital. Doch genau hier lauern 2025 die größten rechtlichen Risiken.

BERLIN – Pünktlich zum Start der Adventszeit schlagen Rechtsexperten Alarm: Die harmlose Aufmerksamkeit zwischen Geschäftspartnern kann schnell zur Compliance-Falle werden. Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte warnte heute eindringlich vor „neuen Fallstricken” beim geschäftlichen Schenken. Während Weinflaschen und Firmenkalender bekanntes Terrain sind, entstehen durch digitale Geschenke rechtliche Grauzonen, die viele Unternehmensrichtlinien schlicht nicht abdecken.

Die Crux: Digitale Geschenke landen direkt im persönlichen Postfach oder Account – fernab jeder Poststelle oder Compliance-Prüfung. „Mit fortschreitender Digitalisierung häufen sich neue Geschenkformen wie Gutscheincodes, Streaming-Abos, digitale Items in Online-Spielen oder gesponserte Giveaways in sozialen Medien”, erklärt der Verband in seiner Mitteilung.

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Sebastian Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht, stellt klar: Trotz ihrer Immaterialität gelten diese digitalen Assets rechtlich als Zuwendungen. „Oft gibt es hierfür noch keine etablierten Regelungen im Arbeitsrecht, aber die Grundsätze bleiben dieselben.” Das Risiko? Eine fristlose Kündigung, wenn die Annahme als Bestechung oder verschwiegener Vorteil ausgelegt wird.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Geschenk physisch oder digital ist. Ein Spotify-Premium-Abo für ein Jahr oder exklusive Gaming-Skins können den gleichen Wert haben wie ein teurer Präsentkorb – nur dass sie unsichtbar bleiben.

„Anfüttern” ist gefährlicher als ein Einzelgeschenk

Noch tückischer als einzelne hochwertige Präsente ist das systematische „Anfüttern” mit kleinen Aufmerksamkeiten über das Jahr verteilt. Müller warnt: „Werden diese in der Summe relevant, kann dies den Eindruck unzulässiger Einflussnahme rechtfertigen.”

Diese Einschätzung deckt sich mit einer Analyse der EQS Group vom 17. November 2025. Der führende Compliance-Software-Anbieter betont: „Das Aussehen eines Interessenkonflikts kann genauso schädlich sein wie ein tatsächlicher.”

Für 2025 bedeutet das: Compliance-Reife misst sich nicht mehr daran, ob Konflikte vollständig vermieden werden, sondern wie transparent sie gemanagt werden. Unternehmen müssen über einfache Verbote hinausgehen und Meldesysteme implementieren, die kumulative Werte über verschiedene Abteilungen hinweg erfassen. Sonst entsteht schnell das Szenario, bei dem ein Zulieferer mehreren Ansprechpartnern derselben Firma kleine, unbemerkte Geschenke zukommen lässt – die in der Summe problematisch werden.

Die 50-Euro-Grenze gilt weiterhin – aber mit Tücken

Für versendende Unternehmen bleibt die strikte Einhaltung steuerlicher Grenzen entscheidend. Aktuell liegt die Freigrenze für steuerfreie Geschenke an Geschäftspartner bei 50 Euro (netto) pro Person und Jahr. Diese Grenze wurde im Januar 2024 von 35 Euro angehoben.

Achtung: Es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Kostet ein Geschenk 50,01 Euro, wird der gesamte Betrag als Betriebsausgabe nicht absetzbar. Um zu verhindern, dass der Empfänger das Geschenk als Einkommen versteuern muss, wenden Unternehmen typischerweise die Pauschalsteuer von 30 Prozent nach § 37b Einkommensteuergesetz an.

Für Arbeitnehmer gilt weiterhin die Faustregel von 25 Euro als kritischer Orientierungspunkt. Diese Schwelle markiert den Bereich, in dem Geschenke üblicherweise ohne Genehmigung angenommen werden dürfen – sofern die interne Richtlinie nichts anderes vorsagt.

Der Branchenbeobachter Haufe bekräftigte am 14. November 2025 die Bedeutung klarer interner Richtlinien. Ein gestaffeltes System – etwa „bis 25 Euro keine Genehmigung, 25 bis 50 Euro mit Vorgesetzten-Freigabe” – sei häufig effektiver als ein totales Verbot, das kulturell schwer durchsetzbar sei.

Warum gerade jetzt die Aufregung?

Die verschärfte Compliance-Fokussierung Ende 2025 ist kein Zufall. Mit der vollständigen Umsetzung der EU-Whistleblower-Schutzrichtlinie sind Mitarbeiter heute besser geschützt – und motivierter –, Compliance-Verstöße zu melden. Ein „harmloser” Verstoß gegen Geschenkeregeln wird heute mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit intern gemeldet als noch vor fünf Jahren.

Zudem spiegelt die Verschiebung zu digitalen Geschenken die Remote-Work-Trends wider, die sich in den letzten Jahren verfestigt haben. Physische Kontrolle ist schwieriger, wenn Mitarbeiter von zu Hause arbeiten – klare, kommunizierte Richtlinien werden essentiell.

Dass der DFK explizit „Gaming-Skins” und „Streaming-Abos” erwähnt, zeigt: Regulierer und Compliance-Verantwortliche holen auf bei den Lifestyle-Gewohnheiten jüngerer Belegschaften.

Ausblick: Automatisierung wird 2026 Standard

Experten erwarten für 2026 einen Schwenk zu automatisierter Compliance-Überwachung. Manuelle Geschenke-Register in Excel-Tabellen werden obsolet. Mehr Unternehmen dürften „Gift-Declaration”-Module direkt in ihre HR- oder Beschaffungssoftware integrieren – mit Echtzeit-Erkennung der vom DFK beschriebenen „Anfütter”-Taktiken.

Für die kommenden Wochen bleibt Sebastian Müllers Rat jedoch simpel: „Im Zweifelsfall immer den Arbeitgeber konsultieren und eine Genehmigung einholen, bevor ein Geschenk angenommen wird.”

Denn eines ist klar: Die festliche Stimmung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst kleine digitale Aufmerksamkeiten rechtliche Konsequenzen haben können – besonders wenn sie sich häufen.

Hinweis: Dieser Artikel bietet allgemeine Informationen und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Steuergesetze und Compliance-Regelungen können sich ändern. Bitte konsultieren Sie für spezifische Fälle qualifizierte Steuerberater oder Rechtsanwälte.

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