Frankfurt-News, Anleihen

Während die US-Notenbank diese Woche die Füße still hielt, senkten die Schweizer den Leitzins auf Null - und bald könnte es sogar wieder Negativzinsen geben.

20.06.2025 - 13:20:02

Börse Frankfurt-News: Anleihen: Ohne klare Richtung

Der Nahostkrieg wirkt in zwei Richtungen auf den Markt.

20. Juni 2025. Die Unsicherheit aufgrund des Israel-Iran-Kriegs hat die Märkte fest im Griff. Die große Frage ist nun, ob die USA in den Krieg eintreten werden. Für den Rentenmarkt hat die Unsicherheit zwei gegenläufige Effekte: Einerseits führt die Unsicherheit zu mehr Nachfrage nach "sicheren Häfen" wie Bundesanleihen - und Druck auf die Renditen. Andererseits wächst durch den starken ?-lpreisanstieg die Inflationsgefahr, was eher für steigende Renditen spricht. Unter dem Strich geht es daher seitwärts. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen schwankt weiter um 2,5 Prozent, am Freitagmorgen sind es 2,51 Prozent.

"Für US-Notenbank ist Geduld Gebot der Stunde"

In den USA hat Notenbankchef Jerome Powell am Mittwoch die Leitzinsen unverändert gelassen. Damit stellte er sich erneut gegen die vehementen Forderungen von US-Präsident Tump, die Zinsen zu senken. Powell signalisierte aber weiter zwei Zinssenkungen in diesem Jahr. Laut Tim Oechsner, der für die Steubing AG Anleihen handelt, befindet sich die Fed in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite stünden die negativen Auswirkungen der US-Politik auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt, was für zumindest mittelfristig niedrigere Zinsen spreche. Auf der anderen Seite könnten die Zölle und der ?-lpreisanstieg die Inflation schüren, was höhere Zinsen nötig machte. "Geduld ist offenbar das Gebot der Stunde, Powell möchte erstmal Klarheit. Das dürfte Donald Trump nicht gefallen", kommentiert Oechsner.

Auch andere Notenbanken waren diese Woche aktiv: Die schwedische Riksbank, die norwegische Notenbank und die Schweizerische Nationalbank SNB senkten die Zinsen, im Fall der SNB sogar wieder auf 0 Prozent. Die britische Notenbank ließ ihren Leitzins unverändert.

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Wieder Negativzinsen?

Gerade einmal etwas mehr als zweieinhalb Jahre lag der Schweizerische Leitzins im positiven Bereich, wie Sandro Pannagl von der LBBW schreibt. Mit dem Erreichen der Nulllinie seien nun auch Negativzinsen in Kürze wieder vorstellbar.

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Siebenjährige Anleihen erwartet

Kommende Woche wird die Deutsche Finanzagentur im Namen der Bundesrepublik aller Voraussicht nach wieder Bundesanleihen mit siebenjähriger Laufzeit in ihren Emissionskalender stellen, wie Analyst Hauke Siemßen von der Commerzbank berichtet. "Damit möchte sie den Markt an das siebenjährige Laufzeitenband gewöhnen, um wahrscheinlich ab nächstem Jahr deutlich höhere Erlöse aus Staatsanleiheemissionen zu generieren", erklärt er. Diese seien nötig, um die sich abzeichnenden Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung zu finanzieren. Schon während der Corona-Krise gab es siebenjährige Anleihen, 2024 wurde die Neuausgabe wieder eingestellt.

Gute Nachfrage nach Siemens, Knorr, VW und EnBW

Im Handel mit Unternehmensanleihen sieht Steubing-Händler Oechsner gute Nachfrage nach Papieren großer deutscher Unternehmen wie Siemens mit Laufzeit bis 2028 (DE000A1UDWN5), Knorr-Bremse bis 2029 (XS2905504671), VW bis 2031 (XS2694874533) und EnBW bis 2035 (XS2942479044), mit aktuellen Renditen von 1,88 Prozent, 2,57 Prozent, 3,49 Prozent und 3,57 Prozent. Ebenfalls beliebt: Bonds des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé mit Fälligkeit 2035 (XS2717310945) und aktuell 3,24 Prozent.

Umsatzspitzenreiter bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank ist diese Woche ein neuer Langläufer der Gothaer Allgemeinen Versicherung mit 5 Prozent bis 2045 (XS3092574055), wie Gregor Daniel berichtet. "Die Anleihe wurde nur gekauft", stellt er fest. Mindestanlagebetrag sind allerdings 100.000 Euro. Ebenfalls Käufe sieht er für Anleihen von MTU Aero Engines mit Laufzeit bis 2031 (XS2887896574), Sixt 2029 (DE000A3827R4) und Fraport 2032 (XS2832873355), die aktuell mit 3,26 Prozent, 2,86 Prozent und 3,37 Prozent rentieren.

Formycon bringt Anleihe

Ab heute bis voraussichtlich 30. Juni kann Daniel zufolge zudem eine erste Anleihe des Biotech-Unternehmens Formycon (NO0013586024) gezeichnet werden. Der Bond im nordischen Format und im Volumen von 50 Millionen Euro läuft bis 2029, der Zinssatz soll bei Euribor zuzüglichem 7 bis 7,5 Prozent liegen. Formycon - lange Zeit im Scale-Segment und jetzt im Prime Standard - produziert Biosimilars, also Nachahmerpräparate biotechnologisch hergestellter Arzneimittel. Mit den Erlösen will das Unternehmen seine Wachstumsstrategie gezielt vorantreiben.

Von Anna-Maria Borse, 20. Juni 2025, © Deutsche Börse

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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