Vitamin-D-Irrtum: Millionen schlucken zu viel
21.11.2025 - 20:30:12Millionen Deutsche greifen jetzt wieder zu Vitamin-D-Tabletten. Doch neue Richtlinien der Endocrine Society und Warnungen des BfR zeigen: Viele schlucken das Falsche – und oft zu viel.
Der Himmel über Deutschland ist grau, die Tage sind kurz. Pünktlich zum Start in die dunkle Jahreszeit beginnt der Run auf Apotheken und Drogeriemärkte. Das Ziel: Vitamin D. Es gilt als Wundermittel gegen Winterdepression, Knochenschwund und Infekte.
Doch wer heute blind ins Regal greift, handelt womöglich entgegen der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Sowohl die US-amerikanische Endocrine Society als auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) haben ihre Empfehlungen verschärft. Die Botschaft ist klar: Das “Viel hilft viel”-Prinzip ist nicht nur überholt, es ist riskant.
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Die wohl wichtigste Entwicklung: die Abkehr von der pauschalen Empfehlung für alle Erwachsenen. Die Endocrine Society hat für Aufsehen gesorgt.
Entgegen der jahrelangen Praxis, fast jedem Erwachsenen im Winter zur Pille zu raten, differenzieren die Experten nun schärfer. Für gesunde Erwachsene unter 75 Jahren wird eine routinemäßige Supplementierung nicht mehr uneingeschränkt empfohlen, sofern keine spezifischen Risikofaktoren vorliegen.
Anders sieht es für Risikogruppen aus. Eine tägliche Supplementierung wird nun explizit empfohlen für:
- Kinder und Jugendliche (1–18 Jahre): Zur Vorbeugung von Rachitis und zur potenziellen Senkung des Risikos für Atemwegsinfekte
- Menschen über 75 Jahre: Die Datenlage zeigt einen klaren Vorteil bei der Senkung der Sterblichkeit
- Schwangere: Zur Reduzierung von Komplikationen wie Präeklampsie
- Menschen mit Prädiabetes: Um das Fortschreiten zu Typ-2-Diabetes zu bremsen
Für den durchschnittlichen Büroangestellten mittleren Alters bedeutet das: Wer sich im Sommer ausreichend im Freien aufgehalten hat, zehrt oft länger von seinen Speichern als gedacht.
Warnung vor der Hochdosis-Falle
Während die Indikation präzisiert wurde, warnt das BfR in diesem Winter eindringlicher denn je vor der Art der Einnahme. Im Fokus stehen sogenannte “Hochdosis-Präparate” oder “Bolus-Gaben”.
Das Konzept klingt verlockend bequem: Statt täglich eine kleine Tablette zu schlucken, nimmt man einmalig 20.000 I.E. (Internationale Einheiten) für die nächsten 20 Tage oder gar eine Wochendosis von 50.000 I.E. ein. Doch genau hier liegt das Risiko.
Bei diesen hohen Einzeldosen steigt das Risiko für Nebenwirkungen unverhältnismäßig an. Zu den gefürchteten Folgen gehören:
- Hyperkalzämie: Ein gefährlich erhöhter Kalziumspiegel im Blut, der zu Übelkeit, Erbrechen und im schlimmsten Fall zu Nierenversagen führen kann
- Nierensteine: Die langfristige Einnahme zu hoher Dosen begünstigt die Verkalkung der Nieren
- Paradoxer Effekt: Einige Studien weisen darauf hin, dass extrem hohe Einzeldosen das Sturzrisiko bei Senioren sogar erhöhen könnten
Das BfR bleibt bei seiner konservativen Empfehlung: Wer supplementiert, sollte auf eine tägliche Dosis von bis zu 20 µg (800 I.E.) zurückgreifen. Diese Menge gilt als sicher und ausreichend.
Mythencheck: Krebs, Herz und Immunsystem
Ein weiterer Grund für die Ernüchterung sind die Ergebnisse großer Langzeitstudien. Die Hoffnung, Vitamin D sei ein potentes Mittel zur Verhinderung von Krebs oder Herzinfarkten in der Allgemeinbevölkerung, hat sich weitgehend zerschlagen.
Analysen zeigen ein differenziertes Bild:
- Krebs-Prävention: Die Einnahme schützt Gesunde kaum davor, überhaupt an Krebs zu erkranken. Allerdings gibt es Hinweise, dass eine ausreichende Versorgung bei bereits Erkrankten die Sterblichkeit leicht senken kann
- Herz-Kreislauf: Weder Herzinfarkte noch Schlaganfälle lassen sich durch Vitamin-D-Pillen signifikant verhindern
- Immunsystem: Es unterstützt die normale Funktion des Immunsystems, ist aber kein “Booster”, der eine Grippeimpfung ersetzt
Markt unter Druck
Die neuen Leitlinien treffen auf einen Markt, der jahrelang nur eine Richtung kannte: Wachstum. Nahrungsergänzungsmittel sind ein Milliardengeschäft. Die Regale in Drogerien sind voll mit Produkten, die oft Dosierungen von 1.000 bis 4.000 I.E. als “Standard” anpreisen.
Verbraucherschützer kritisieren seit langem, dass viele dieser Präparate als Lebensmittel verkauft werden und damit weniger strengen Kontrollen unterliegen als Arzneimittel. Die Diskrepanz zwischen den wissenschaftlichen Empfehlungen (800 I.E. täglich) und den Marketingversprechen (“Hochdosiert für maximale Power”) wird diesen Winter besonders deutlich.
Apotheker berichten, dass Kunden zunehmend verunsichert sind. “Früher wollten alle die höchste Dosis, heute fragen viele nach der Sicherheit”, bestätigt eine Sprecherin eines großen Apothekerverbands.
Was jetzt gilt
Die Ära der blinden Massensupplementierung neigt sich dem Ende zu. Für den Moment gilt die Faustregel:
- Keine Panik: Ein leichter Abfall des Spiegels im Winter ist physiologisch normal
- Risikogruppe prüfen: Gehören Sie zu den Über-75-Jährigen oder haben Sie dunkle Hauttypen? Dann ist Supplementierung ratsam
- Sicher dosieren: Bleiben Sie bei den empfohlenen 800 I.E. (max. 1000 I.E.) täglich
- Finger weg von Hochdosis-Experimenten ohne ärztliche Überwachung
Der Winter mag dunkel sein, aber die wissenschaftliche Datenlage war selten so klar wie heute.
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