Virtuelle Aktienoptionen: BAG beendet Bad Leaver-Klauseln
22.11.2025 - 06:00:12Das Bundesarbeitsgericht zieht einen Schlussstrich: Deutschlands Startups und Unternehmen müssen ihre Mitarbeiterbeteiligungsprogramme grundlegend überarbeiten. Die gängige Praxis, ausgeschiedenen Mitarbeitern erworbene virtuelle Aktienoptionen (VSOPs) zu entziehen, ist ab sofort rechtswidrig.
Die Entscheidung des BAG (Aktenzeichen 10 AZR 67/24) vom 19. März dieses Jahres entwickelt sich derzeit zur Zeitenwende für die deutsche Startup-Szene. Juristen warnen in dieser Woche eindringlich: Unternehmen müssen ihre bestehenden Verträge sofort auf den Prüfstand stellen. Was jahrelang als Standardklausel in VSOP-Vereinbarungen galt, verstößt gegen fundamentale arbeitsrechtliche Grundsätze.
Der Kern des Urteils trifft die Branche hart: Sogenannte “Bad Leaver”-Klauseln, die bei freiwilliger Kündigung selbst bereits erdiente Optionen verfallen lassen, sind unwirksam. Das Gericht stuft sie als unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB ein.
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Die Logik dahinter? Einmal erdiente virtuelle Optionen sind Vergütung für bereits geleistete Arbeit. Punkt. Wer seinen Job wechselt, darf nicht bestraft werden, indem man ihm rückwirkend den Lohn entzieht.
“Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass erdiente virtuelle Optionen Teil der Arbeitsvergütung sind”, erläutern Rechtsexperten in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse. “Mitarbeiter allein deshalb ihrer Vermögenswerte zu berauben, weil sie ihr Grundrecht auf Jobwechsel wahrnehmen, zerstört das Gleichgewicht zwischen Arbeitsleistung und Bezahlung.”
Beschleunigter Verfall: Auch das ist Geschichte
Besonders perfide waren bislang sogenannte “Accelerated Forfeiture”-Mechanismen. Diese Klauseln erlaubten ausgeschiedenen Mitarbeitern zwar theoretisch, ihre erdienten Optionen zu behalten – ließen sie aber im Zeitraffer verfallen.
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber festgelegt, dass erdiente Optionen innerhalb von zwei Jahren nach Ausscheiden verfallen, obwohl die ursprüngliche Erdienungszeit vier Jahre betrug. Das BAG urteilte unmissverständlich: Verfallfristen dürfen nicht kürzer sein als die Erdienungszeiten. Alles andere entwertet nachträglich die bereits erarbeitete Vergütung.
Paradigmenwechsel: Von der Fessel zur Währung
Die rechtliche Begründung markiert einen fundamentalen Bruch mit der Vergangenheit. Noch 2008 hatte das BAG Aktienoptionen primär als Bindungsinstrument mit spekulativem Charakter betrachtet. Das Urteil von 2025 dreht diese Sichtweise radikal um: VSOPs sind eine “zweite Währung” für Gehalt.
Die Argumentation überzeugt: Gerade in Startups akzeptieren Mitarbeiter oft niedrigere Grundgehälter im Austausch gegen virtuelle Beteiligungen. Diese Optionen funktieren daher als aufgeschobene Zahlung. Ein Mitarbeiter kann nicht dafür bestraft werden, dass er das Unternehmen verlässt – nicht mit Geld, das er bereits verdient hat.
Der “Loyalitätsaspekt” ist erfüllt, sobald die Vesting-Kriterien für eine bestimmte Tranche erreicht sind. Was danach kommt, ist verdienter Lohn.
Schockwellen in der Venture-Szene
Die Auswirkungen auf die deutsche Gründerlandschaft sind massiv. Jahrelang waren strikte Verfallklauseln Industriestandard, um Talente bis zum “Exit Event” – einem Börsengang oder Verkauf – im Unternehmen zu halten.
“Unternehmen können nicht länger mit totalem Optionsverlust drohen, um Mitarbeiter zu fesseln”, kommentieren Branchenbeobachter diese Woche. “Der Fokus muss auf Mitarbeiterbindung durch Unternehmenskultur und wettbewerbsfähige laufende Vergütung verlagert werden – nicht auf strafende Vertragsklauseln.”
Handlungsbedarf: Vertragsaudits sind Pflicht
Mit der juristischen Aufarbeitung in dieser Woche wird der Handlungsdruck konkret. Rechtsabteilungen und Personalabteilungen sind aufgerufen, alle aktiven VSOP- und ESOP-Vereinbarungen unverzüglich zu prüfen.
Zentrale Maßnahmen für Arbeitgeber:
- “Bad Leaver”-Definitionen überarbeiten: Freiwillige Kündigung darf kein Verfallsgrund für bereits erdiente Optionen sein
- Verfallfristen kontrollieren: Klauseln, die erdiente Optionen nach Ausscheiden schneller verfallen lassen als die ursprüngliche Vesting-Periode, müssen gestrichen werden
- “Good Leaver”-Regelungen anpassen: Nicht erdiente Optionen dürfen weiterhin bei Ausscheiden verfallen, erdiente Anteile müssen jedoch fair behandelt werden
Experten rechnen damit, dass das Urteil zur Standardisierung der “Portabilität” virtueller Optionen führen wird: Ausgeschiedene Mitarbeiter behalten ihre erdienten Rechte bis zu einem Liquiditätsereignis – möglicherweise Jahre später. Zum Jahresabschluss 2025 dürfte die Compliance mit der BAG-Entscheidung 10 AZR 67/24 oberste Priorität bei Corporate-Governance- und arbeitsrechtlichen Audits haben.
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