Vietnam, Digitaler

Vietnam macht ernst: Digitaler Zwang beim Banking

10.12.2025 - 10:22:12

Vietnam führt ab Januar 2026 eine staatliche Biometrie-App für Bankgeschäfte ein, während Indien nach Widerstand der Tech-Branche einen ähnlichen Plan zurückzieht.

Während Indien zurückrudert, beschreitet Vietnam einen radikalen Weg: Ab Januar 2026 ist die staatliche Biometrie-App für Bankgeschäfte Pflicht. Ein Modell für Asien – oder digitaler Überwachungsstaat?

Zwei Länder, zwei völlig gegensätzliche Entwicklungen: Vietnam verschärft seinen Kurs bei der digitalen Überwachung dramatisch, während Indien nach massivem Widerstand aus der Tech-Branche einen Rückzieher machen musste. Die Ereignisse der vergangenen Woche zeigen exemplarisch, wie unterschiedlich Staaten mit der Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre umgehen.

Am Montag kündigten die vietnamesischen Behörden an, dass künftig zentrale Alltagsdienste – von Flugreisen bis zum Banking – zwingend an die staatliche Digital-ID-App VNeID gekoppelt werden. Der Zeitpunkt ist brisant: Nur Tage zuvor hatte Indien eine ähnliche Initiative nach heftigem Protest von Apple, Samsung und Datenschützern wieder kassiert.

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VNeID wird zur digitalen Pflicht

Vietnam geht aufs Ganze. Seit dieser Woche müssen Flugreisende im ganzen Land den Check-in über biometrische Verifizierung per VNeID-App durchführen. Die Maßnahme folgt der Premierminister-Direktive Nr. 24 und ist erst der Anfang einer umfassenden Digitalstrategie.

“Die Integration von VNeID in die Luftsicherheit ist nur der erste Schritt”, erklärte ein Regierungssprecher in Hanoi. “Unser Ziel ist ein nahtloses, sicheres digitales Ökosystem, in dem das Smartphone eines Bürgers als primäres Ausweisdokument dient.”

Doch der wahre Paukenschlag kommt aus der Finanzwelt: Ab dem 5. Januar 2026 greift die Verordnung 45/2025/TT-NHNN der vietnamesischen Zentralbank. Sie macht biometrische Verifizierung zur Pflicht für Kontoeröffnungen und die Ausstellung von Zahlungskarten. Wer ohne VNeID kommt, bleibt außen vor – faktisch ein Ausschluss vom modernen Wirtschaftsleben.

Hanoi zeigt bereits, wie das System in der Praxis funktioniert. Alle zwölf Stationen der Metro-Linie 2A sind seit dieser Woche mit biometrischer Identitätsprüfung ausgestattet. Pendler können ihre digitale ID für bargeldlose Zahlungen nutzen. Klingt praktisch – doch was bedeutet es, wenn der Staat jeden Ihrer Schritte dokumentiert?

Indiens Rückzieher nach Tech-Aufstand

Ganz anders verlief der Versuch in Indien. Am 3. Dezember zog das Telekommunikationsministerium eine erst eine Woche zuvor erlassene Anordnung zurück, die Smartphone-Hersteller zur vorinstallierten “Sanchar Saathi”-App verpflichtet hätte. Apple, Samsung und Co. sollten die staatliche Sicherheits-App auf allen in Indien verkauften Geräten ausliefern – innerhalb von 90 Tagen.

Die Reaktion der Tech-Giganten? Eiskalte Ablehnung. Kritiker bezeichneten Sanchar Saathi als “Spionage-App” und verglichen sie mit Überwachungssoftware. Als die globalen Konzerne unter Verweis auf Datenschutzrichtlinien und die Integrität ihrer Betriebssysteme die Kooperation verweigerten, stand die indische Regierung vor einer Grundsatzfrage: Handelskonflikt riskieren oder zurückrudern?

“Die Kehrtwende der Regierung zeigt, welche Macht globale Tech-Konzerne in solchen Verhandlungen noch immer haben”, analysiert ein Cybersecurity-Experte im Fachmagazin CPO Magazine. “Ohne die Kooperation von Apple und Samsung war das Mandat schlicht nicht durchsetzbar.”

Offiziell verteidigt Delhi die App weiterhin als reines Schutzinstrument gegen Betrug. Über 14 Millionen Nutzer hätten sie bereits freiwillig heruntergeladen, betont das Ministerium. Die Strategie hat sich nun gewandelt: Statt Zwang setzt man auf Überzeugung – und die dezente Bitte an Hersteller, die App “nach Möglichkeit” über Software-Updates zu verbreiten.

Sicherheit oder Überwachung?

Die gegensätzlichen Entwicklungen werfen eine Grundsatzfrage auf: Wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Sicherheitsarchitektur und digitaler Massenüberwachung?

Vietnam verkauft die VNeID-Zentralisierung als notwendigen Schritt zur Modernisierung und Betrugsbekämpfung. Die Plattform soll sich zur “Super-App” entwickeln, die künftig Gesundheitsdaten, Sozialversicherung und Führerscheine vereint. Die Regierung verspricht: Mit biometrischer Verknüpfung wird Identitätsdiebstahl praktisch unmöglich.

Datenschützer sehen das anders. “Wenn Sie eine Regierungs-App brauchen, um ein Flugzeug zu besteigen, die Metro zu nutzen oder ein Bankkonto zu eröffnen, schaffen Sie faktisch digitale Kontrollpunkte für jeden Lebensbereich”, warnt ein Aktivist für digitale Rechte in Südostasien. Das System kreiere einen einzigen zentralen Angriffspunkt – ein Paradies für Hacker oder autoritäre Überwachung.

In Indien speiste sich der Widerstand aus mangelndem Vertrauen und konkreten technischen Bedenken. Anders als VNeID wurde Sanchar Saathi nicht als digitaler Ausweis, sondern als Sicherheitstool vermarktet. Experten befürchteten, eine nicht entfernbare Regierungs-App könne Schwachstellen ins Smartphone-Ökosystem einschleusen – potenzielle Hintertüren für Kriminelle oder Geheimdienste.

Präzedenzfall für die Tech-Branche

Die Ereignisse der vergangenen 72 Stunden haben Wellen durch die globale Technologiebranche geschlagen. Smartphone-Hersteller geraten zunehmend zwischen die Fronten nationaler Souveränitätsdebatten.

Für Unternehmen in Vietnam ist die Compliance nun Geschäftsbedingung. Die VNeID-Integration erfordert tiefgreifende technische Zusammenarbeit zwischen App-Entwicklern, Fluggesellschaften, Banken und dem Sicherheitsministerium. Eine hohe Einstiegshürde – aber auch Planungssicherheit für Firmen, die sich arrangieren.

In Indien setzt der erfolgreiche Widerstand der Tech-Konzerne ein Zeichen für künftige Regulierungsvorhaben. Der Markt ist zwar kritisch, doch globale Hersteller ziehen rote Linien, wenn staatliche Forderungen ihre Produktphilosophie oder Datenschutzverpflichtungen bedrohen.

“Der Rückzug der indischen Regierung ist ein seltener Sieg für Datenschutzaktivisten in der Region”, kommentierte der prominente indische Digital-Rights-Aktivist Nikhil Pahwa diese Woche. “Aber er signalisiert auch, dass die Regierung ihren digitalen Fußabdruck ausweiten will – und wir erwarten neue Versuche mit anderen Taktiken.”

Die Ära der “Staats-App” beginnt

Der Trend zu staatlich vorgeschriebenen Smartphone-Anwendungen beschleunigt sich 2026 trotz einzelner Rückschläge. In Vietnam dürfte die im Januar greifende Banking-Pflicht die VNeID-Nutzerzahlen in den zweistelligen Millionenbereich katapultieren. Die Regierung hat bereits durchblicken lassen, dass künftig auch Social-Media-Accounts und Internetzugang biometrische Verifizierung erfordern könnten.

Für Indien wird der Fokus vermutlich auf Anreize zur freiwilligen Sanchar-Saathi-Adoption schwenken. Analysten rechnen damit, dass die App mit anderen essenziellen Digitaldiensten gebündelt oder mit Subventionen für Nutzer versehen wird – Massenadoption ohne Rechtsgrundlage.

Während Regierungen weltweit mit Cyberkriminalität und dem Bedarf nach robusten digitalen Identitätssystemen ringen, hat sich das Smartphone unbestreitbar zur neuen Governance-Front entwickelt. Ob per Mandat oder Marktdruck: Die Präsenz des Staates in unseren Taschen wird zum permanenten Merkmal des digitalen Zeitalters.

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