VAT-Reform, Digitale

VAT-Reform: Digitale Events stehen vor Steuerwende

21.11.2025 - 21:09:12

Die Schonfrist läuft ab – und viele Unternehmen sind nicht vorbereitet. Ab 1. Januar 2026 gelten strikte Mehrwertsteuer-Regeln für Webinare, Online-Kurse und digitale Konferenzen. Wer jetzt nicht handelt, dem drohen empfindliche Steuernachforderungen.

Noch gut fünf Wochen bleiben Anbietern digitaler Veranstaltungen, um ihre Abrechnungssysteme anzupassen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat im August 2025 detaillierte Richtlinien veröffentlicht, die eine fundamentale Unterscheidung einführen: Live-Events werden steuerlich völlig anders behandelt als vorproduzierte Inhalte. Die bisherige Übergangsregelung (Nichtbeanstandungsregelung) endet am Jahresende – danach wird scharf kontrolliert.

Besonders brisant: Viele Betreiber von Online-Akademien und Coaching-Plattformen gehen noch immer davon aus, dass ihre “Bildungsinhalte” pauschal von der Mehrwertsteuer befreit sind. Ein teurer Irrtum, wie Steuerberater diese Woche eindringlich warnen.

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Die neue BMF-Regelung macht die Art der Übertragung zum Dreh- und Angelpunkt der Besteuerung. Entscheidend ist, ob Teilnehmer ein Event in Echtzeit erleben oder zeitversetzt abrufen.

Live-Streaming – etwa eine Zoom-Konferenz mit direkter Interaktion – gilt als “sonstige Leistung”. Hier greifen potenziell Steuerbefreiungen nach § 4 UStG, beispielsweise für Bildungs- oder Kulturangebote. Bei B2C-Geschäften erfolgt die Besteuerung am Kundenstandort, doch die Bildungsbefreiung bleibt ein wichtiger Vorteil.

Voraufgezeichnete Inhalte hingegen – downloadbare Kurse, automatisierte Webinare, Video-on-Demand – fallen unter “elektronisch erbrachte Dienstleistungen” gemäß § 3a Abs. 5 UStG. Die Konsequenz: Keine Steuerbefreiung, auch wenn der Inhalt bildenden Charakter hat. Diese Services sind grundsätzlich voll steuerpflichtig und werden am Standort des Kunden besteuert – bei EU-Verkäufen oft über das OSS-Verfahren (One-Stop-Shop).

“Die Unterscheidung zwischen einem Live-Webinar und einem Video-Kurs ist kein technisches Detail mehr, sondern ein Steuerfaktor”, fassten Branchenanalysten diese Woche zusammen.

Hybrid-Pakete: Die neue Grauzone

Was passiert, wenn Kunden ein Kombi-Ticket kaufen – Live-Seminar inklusive späterer Aufzeichnung? Diese “Hybrid-Bundles” waren lange ein Streitpunkt.

Die frühere strikte Auslegung behandelte solche Pakete als einheitliche Leistung, die komplett steuerpflichtig war – Bildungsbefreiung ausgeschlossen. Das BMF erlaubt nun einen differenzierteren Ansatz aus “Durchschnittsverbrauchersicht”:

Dominiert die Live-Komponente und dient die Aufzeichnung nur als Zusatzservice, kann das gesamte Paket der steuerlichen Behandlung des Live-Events folgen – potenziell also steuerfrei bleiben.

Hat die Aufzeichnung eigenständigen Wert, muss die Leistung möglicherweise aufgespalten oder anders behandelt werden, abhängig von den konkreten Vertragsbedingungen.

Automatisierung killt Steuervorteile

Hier liegt der Sprengstoff für die Branche: Lernplattformen ohne nennenswerte menschliche Interaktion verlieren ihre Privilegien. Automatisierte “Akademien” mit vorgefertigten Lektionen können sich nicht mehr auf Bildungsbefreiungen berufen – egal wie lehrreich der Inhalt ist.

Das unterscheidet sie fundamental von einem Live-Workshop mit direktem Austausch zwischen Dozent und Teilnehmern. Die Finanzbehörden ziehen hier künftig eine klare Linie zwischen “aktiver” (live) und “passiver” (elektronischer) Wissensvermittlung.

Was Unternehmen jetzt tun müssen

  1. Inhalts-Inventur: Jedes Produkt eindeutig als “Live” oder “Vorproduziert” klassifizieren.

  2. Bundle-Analyse: Preis- und Verpackungsstrategien für Kombi-Angebote überdenken – wo ist was die Hauptleistung?

  3. ERP-Update: Abrechnungssysteme müssen verschiedene Steuersätze automatisch zuordnen können (etwa 19% Mehrwertsteuer für Video-Downloads versus Steuerbefreiung für Live-Tickets).

  4. Grenzüberschreitende Prüfung: Bei EU-Kunden muss die OSS-Logik für elektronische Services korrekt implementiert sein.

Verschärfte Kontrollen ab 2026

Mit Inkrafttreten der neuen Regeln erwarten Experten deutlich intensivere Prüfungen durch die Finanzbehörden. Die Harmonisierung mit den EU-weiten Mehrwertsteuer-Richtlinien signalisiert: Die Unterscheidung zwischen “aktiver” und “passiver” digitaler Konsumption wird auf absehbare Zeit ein Eckpfeiler des digitalen Steuerrechts bleiben.

Wer die Übergangsfrist verschlafen hat, sollte die verbleibende Zeit bis Silvester nutzen. Die korrekte Unterscheidung zwischen einem “Zoom-Call” und einem “Video-Download” kann im neuen Geschäftsjahr den Unterschied zwischen Compliance und kostspieligen Nachforderungen ausmachen.

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