Union Investment-Studie: Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz vernachlässigt
06.10.2025 - 13:51:02Engagement zahlt sich aus – Desinteresse rächt sich
90 Prozent der deutschen Beschäftigten fordern mehr Unterstützung für ihre mentale Gesundheit – doch weniger als die Hälfte fühlt sich vom Arbeitgeber ernst genommen. Diese dramatische Lücke zeigt eine aktuelle Studie von Union Investment auf und verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf in deutschen Unternehmen.
Die heute veröffentlichte repräsentative Befragung von über 1.000 Berufstätigen offenbart eine besorgniserregende Diskrepanz: Während praktisch alle Arbeitnehmer betriebliche Unterstützung bei psychischen Belastungen erwarten, haben nur 44 Prozent das Gefühl, dass ihre Arbeitgeber diesem Anspruch gerecht werden.
Besonders brisant: Jeder zweite Beschäftigte klagt über hohe Arbeitsbelastung. Die Folgen dieser Vernachlässigung sind messbar und teuer für die Unternehmen.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Wo Arbeitgeber aktiv in die mentale Gesundheit ihrer Belegschaft investieren, steigt das psychische Wohlbefinden auf 83 Prozent. Gleichzeitig identifizieren sich 84 Prozent der Mitarbeiter stark mit ihrer Arbeit.
Der Kontrast könnte größer nicht sein: In Betrieben, die das Thema ignorieren, fühlt sich nur ein Drittel der Beschäftigten mit dem Unternehmen verbunden. „Mentale Gesundheit wird nicht nur durch persönliche Faktoren bestimmt, sondern ebenso durch unternehmensbezogene Rahmenbedingungen“, betont Sonja Albers, Vorstandsmitglied von Union Investment.
Ein weiteres alarmierendes Detail: Frauen leiden deutlich häufiger unter psychischen Belastungen als Männer. Nur 56 Prozent der weiblichen Beschäftigten fühlen sich psychisch wohl – gegenüber 64 Prozent bei den Männern.
Apps auf Rezept erobern den Markt
Die Wartezeiten auf Therapieplätze sind lang, die Nachfrage nach Unterstützung hoch. Digitale Lösungen füllen zunehmend diese Lücke. Seit 2020 können Ärzte in Deutschland sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) verschreiben – staatlich geprüfte „Apps auf Rezept“, die von den Krankenkassen erstattet werden.
Diese Programme unterstützen bei Depressionen, Angststörungen oder Schlafproblemen und ermöglichen ortsunabhängigen Zugang zu therapeutischen Techniken. Parallel dazu boomen frei verfügbare Achtsamkeits-Apps wie Headspace oder Flow Lab mit geführten Meditationen und Coaching-Einheiten.
Doch kann eine App den Therapeuten ersetzen? Die Antwort liegt in der intelligenten Kombination beider Welten.
Blended Care: Das Beste aus zwei Welten
Die Zukunft der psychischen Gesundheitsversorgung heißt „Blended Care“ – die Verschmelzung von persönlicher Therapie mit digitalen Tools. Patienten bearbeiten zwischen den Terminen Online-Module, führen digitale Tagebücher oder kommunizieren über Apps mit ihren Therapeuten.
Diese Hybridlösung bietet entscheidende Vorteile: Sie überbrückt Wartezeiten, steigert die Behandlungseffizienz und bindet Patienten aktiver in ihren Genesungsprozess ein. Therapeuten können sich in persönlichen Sitzungen intensiver auf ihre Patienten konzentrieren, während Routineaufgaben digital abgewickelt werden.
Besonders in ländlichen Gebieten mit Ärztemangel könnte dieser Ansatz die Versorgungslücke schließen.
Symptombehandlung statt Prävention
Die Union Investment-Studie deckt ein grundsätzliches Problem auf: Deutsche Unternehmen reagieren meist erst auf Krisen, anstatt präventiv zu handeln. Dabei sind die Risikofaktoren längst bekannt – hohe Arbeitsbelastung, chronischer Stress und mangelnde Anerkennung führen zu Burnout und teuren Ausfallzeiten.
Erschreckend: Nur 28 Prozent der Betriebe führen die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durch, wie der DEKRA Arbeitssicherheitsreport 2025 zeigt.
Die Herausforderung für Unternehmen liegt daran, eine Kultur der psychischen Sicherheit zu entwickeln. Symbolische Gesten reichen nicht – gefragt sind konkrete Programme, flexible Arbeitsmodelle und geschulte Führungskräfte.
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Der Wandel ist unaufhaltsam
Mentale Gesundheit entwickelt sich vom Nischenthema zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die Personalisierung der Selbstfürsorge schreitet voran – weg von Einheitslösungen, hin zu maßgeschneiderten Ansätzen.
Digitale Gesundheitsanwendungen werden die Versorgung weiter demokratisieren und entstigmatisieren. Blended Care dürfte zum neuen Standard werden. Für Arbeitgeber wird die aktive Investition in das psychische Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zur Überlebensfrage.
Die Botschaft ist eindeutig: Wer heute nicht handelt, verliert morgen die besten Köpfe.