Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Finanzministerium

Umsatzsteuer-Anwendungserlass: Finanzministerium verschärft Regeln zu Lockdown-Gebühren

30.12.2025 - 13:14:12

Das Bundesfinanzministerium hat die strenge BFH-Rechtsprechung zu Lockdown-Gebühren verbindlich festgeschrieben. Steuerentlastungen sind nur bei tatsächlichen Geldrückzahlungen möglich, Gutscheine reichen nicht aus.

Das Bundesfinanzministerium hat die restriktive Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Fitness-Studio-Gebühren während der Corona-Lockdowns in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass übernommen. Die Änderung tritt zum 31. Dezember 2025 in Kraft und lässt kaum Spielraum für Steuerrückerstattungen.

BERLIN – Für Tausende Fitness-Studios und Steuerberater bedeutet eine aktuelle Verwaltungsanweisung das Aus für Hoffnungen auf pauschale Steuernachlässe. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die umstrittene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Mitgliedsbeiträgen aus Lockdown-Zeiten verbindlich in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) integriert. Kern der Neuregelung: Eine Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage ist nur zulässig, wenn Gelder tatsächlich an die Kunden zurückgezahlt wurden. Gutscheine oder Bonus-Monate reichen nicht aus.

UStAE-Änderung zementiert strenge Haftung

Die Anpassung betrifft konkret Abschnitt 17.1 des UStAE, der nun ausdrücklich auf das BFH-Urteil XI R 5/23 vom 13. November 2024 verweist. Damit bindet das Ministerium alle Finanzämter bundesweit an eine strenge Auslegung. Die Verwaltungsvorschrift stellt klar: Allein der Anspruch auf Rückzahlung oder die Ausstellung von Gutscheinen begründen keine Umsatzsteuer-Minderung.

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„Die Tür für pauschale Korrekturen ist damit endgültig zu“, kommentiert ein Steuerexperte aus Berlin. Betreiber, die ihre Steuererklärungen bereits in Erwartung einer milderen Regelung angepasst haben, müssen nun nachbessern. Andernfalls drohen Nachzahlungen und Zinsen. Die Änderung tritt am letzten Tag des Jahres 2025 in Kraft und gibt den Behörden eine klare Prüfungsgrundlage für die Steuerjahre 2020 bis 2022.

Hintergrund: Die wegweisenden BFH-Urteile

Der Schritt des Ministeriums ist der Schlusspunkt einer langen rechtlichen Auseinandersetzung. Während der Lockdowns 2020 und 2021 zogen viele Studios weiterhin Mitgliedsbeiträge per Lastschrift ein, obwohl sie geschlossen bleiben mussten. Als Entschädigung boten sie oft Zeitguthaben, Gutscheine oder Vertragsverlängerungen an – aber selten Bargeld-Rückerstattungen.

Viele Betreiber argumentierten, die Umsatzsteuerpflicht entfalle, weil die Hauptleistung – der Zugang zum Studio – unmöglich gewesen sei. Der Bundesfinanzhof wies diese Auffassung in den Grundsatzurteilen XI R 5/23 und XI R 36/22 zurück. Die Richter sahen in den Zahlungen weiterhin steuerpflichtige Entgelte, solange die Mitglieder das Geld nicht zurückforderten. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 UStG setze einen tatsächlichen Geldrückfluss voraus.

Neue Klarstellung bei Rückzahlungen durch Dritte

Neben der Lockdown-Problematik regelt die Jahresend-Novelle des BMF einen weiteren wichtigen Punkt: Rückzahlungen durch Dritte. Unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil XI R 31/23 vom 8. Juli 2025 stellt der UStAE nun klar, dass Steuerkorrekturen auch möglich sind, wenn ein Bürge oder ein Dritter – etwa ein Franchise-Geber oder eine Versicherung – die Erstattung vornimmt.

Entscheidend ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise: Der ursprüngliche Leistungserbringer kann seine Steuerschuld korrigieren, sobald der Kunde entschädigt wurde – unabhängig davon, wer die Zahlung leistete. Diese Klarstellung ist besonders für Franchise-Systeme oder Insolvenzfälle relevant.

Folgen für die Fitness- und Freizeitbranche

Die verbindliche Kodifizierung der Regeln stellt die ohnehin angeschlagene Fitness-Branche vor eine letzte große Compliance-Hürde.

Keine rückwirkende Entlastung für Gutscheine
Studios, die ihren Kunden Gutscheine oder sechs Bonus-Monate für einen sechsmonatigen Lockdown gewährten, können keine Umsatzsteuer-Minderung für die ursprüngliche Lockdown-Zeit geltend machen. Die Steuer ist für die Monate fällig, in denen das Geld einging. Die Bonus-Monate gelten als Erfüllung der bereits versteuerten Zahlung – eine doppelte Steuerentlastung ist ausgeschlossen.

Erhöhtes Prüfungsrisiko
Mit dem aktualisierten UStAE haben Steuerprüfer nun einen klaren Prüfmaßstab. Sie werden für jede beantragte Steuerkorrektur den Nachweis einer tatsächlichen Rückzahlung verlangen. Minderungen, die allein auf der „rechtlichen Unmöglichkeit der Leistungserbringung“ basieren, werden abgelehnt.

Administrative Planungssicherheit
Trotz der finanziellen Belastung für viele Betriebe bringt die Klarstellung auch Vorteile. „Die Rechtsunsicherheit ist endlich beendet“, so ein Branchenanalyst. Steuerberater können offene Vorgänge abschließen und Jahresabschlüsse finalisieren, ohne mit sich ändernden Gerichtsentscheidungen rechnen zu müssen.

Ausblick: Das Ende der Corona-Steuerdebatte?

Mit dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 31. Dezember 2025 schließt sich ein weiteres administratives Kapitel der Pandemie. Für Steuerexperten gilt es nun, anhängige Einspruchsverfahren zu überprüfen. Anträge, die auf der pauschalen Annahme „Lockdown-Zeiten sind nicht steuerbar“ basieren, müssen zurückgenommen oder angepasst werden.

Die hier etablierten Grundsätze – insbesondere die hohe Hürde für eine Änderung der Bemessungsgrundlage – werden wohl auch andere Branchen mit Leistungsstörungen betreffen, etwa die Veranstaltungs- und Reisebranche. Das BMF hat signalisiert: Der tatsächliche Geldfluss bleibt der entscheidende Faktor für Umsatzsteuer-Anpassungen. Dieser Grundsatz steht nun verbindlich in den Verwaltungsrichtlinien.

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