TV-L-Tarifrunde, Forderung

TV-L-Tarifrunde 2025: 7 Prozent Forderung setzt Kirchen unter Druck

22.11.2025 - 12:40:11

Die Diakonie steht vor einem heißen Winter. Während die Gewerkschaft ver.di diese Woche ihre Forderungen für die Tarifverhandlung der Bundesländer (TV-L) vorlegte, bereiten sich evangelische Arbeitnehmervertretungen bereits auf die MAV-Wahlen Anfang 2026 vor. Beide Prozesse könnten die kirchliche Arbeitswelt grundlegend verändern.

Am 17. November beschloss die Bundestarifkommission von ver.di ihre Forderungen: 7 Prozent mehr Gehalt (mindestens 300 Euro monatlich) bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten. Ab dem 3. Dezember verhandelt die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern der Länder. Das Ergebnis wird massive Auswirkungen auf die Refinanzierung kirchlicher Sozialeinrichtungen haben – und trifft damit direkt die rund 1,8 Millionen Beschäftigten bei Caritas und Diakonie.

Die Gewerkschaft macht ernst. Nach der TVöD-Einigung im April 2025, die vielen als zu zahm galt, fordert ver.di nun deutlich mehr. “Der öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern”, erklärte ver.di-Chef Frank Werneke am Montag.

Die Kernforderungen im Detail:
* 7 Prozent Gehaltserhöhung, mindestens jedoch 300 Euro pro Monat
* 200 Euro mehr für Auszubildende und Praktikanten
* 20 Prozent höhere Zuschläge für Arbeit zu ungünstigen Zeiten
* Übernahmegarantie nach der Ausbildung
* Nur zwölf Monate Laufzeit

Besonders die Mindesterhöhung von 300 Euro soll untere Lohngruppen stärken – ein direktes Signal an Pflege- und Erziehungsberufe, wo der Personalmangel am drängendsten ist.

Anzeige

Die MAV‑Wahlen 2026 stehen bevor – und in vielen diakonischen Einrichtungen fehlt es Wahlvorständen an Routine für mediative Sprechstunden. Das kostenlose E‑Book “MAV als Mediator” liefert einen praxiserprobten 4‑Schritte‑Plan: Konflikte früh erkennen, Gespräch strukturieren, deeskalierende Formulierungen anwenden und Lösungen rechtssicher dokumentieren. Ideal für Kandidat:innen, Wahlvorstände und aktive MAV‑Mitglieder, die Tarifgewinne vor Ort schützen und die psychische Gesundheit der Kolleg:innen stärken wollen. Kostenloses MAV‑Mediator‑E‑Book herunterladen

Arbeitgeber sprechen von “astronomischen” Forderungen

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bezeichnete die Forderungen bereits einen Tag später als “nicht finanzierbar”. Die angespannten Länderhaushalte ließen einen solchen Abschluss nicht zu, so die Arbeitgeber. Die Kosten würden sich auf mehrere Milliarden Euro belaufen.

Damit ist die Frontstellung klar: Ver.di will die Lücke zum TVöD-Bereich schließen, die Länder verweisen auf leere Kassen. Der 3. Dezember könnte turbulent werden.

Warum das die Kirchen massiv trifft

Kirchliche Arbeitnehmer fallen nicht direkt unter den TV-L. Doch der “Dritte Weg” des kirchlichen Arbeitsrechts orientiert sich traditionell an öffentlichen Tarifabschlüssen. Was ver.di und TdL aushandeln, setzt die Messlatte für die Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Caritas und Diakonie.

“Die 7-Prozent-Forderung ist ein Fanal”, analysiert die Arbeitsrechtlerin Dr. Hannah Weber. “Kirchliche Einrichtungen kämpfen noch mit der Umsetzung der TVöD-Ergebnisse vom April. Ein hoher TV-L-Abschluss zwingt sie zu vergleichbaren Anpassungen in allen staatlich refinanzierten Bereichen – sonst droht eine Personalflucht.”

Konkret betroffen sind vor allem:
* Kindertagesstätten
* Krankenhäuser
* Pflegeeinrichtungen
* Beratungsstellen
* Bildungseinrichtungen

Alle diese Bereiche werden teilweise durch öffentliche Mittel refinanziert. Steigen die Personalkosten deutlich, müssen Bund und Länder nachziehen – oder die Einrichtungen geraten in existenzielle Schwierigkeiten.

MAV-Wahlen 2026: Die stille Revolution

Während die Tariffront brodelt, läuft im Hintergrund die Maschinerie der kirchlichen Demokratie an. Nach den Caritas-Wahlen im Frühjahr 2025 steht nun die Diakonie vor ihrem regulären Wahlzyklus im Frühjahr 2026.

Die bestehenden Mitarbeitervertretungen müssen jetzt Wahlvorstände bilden. Ver.di intensiviert bereits die Kandidatensuche. “Die kommenden MAV-Wahlen in der Diakonie sind mehr als nur Posten-Vergabe”, betonte eine Gewerkschaftssprecherin am Mittwoch. “Es geht darum, dass die Tarifgewinne auch wirklich in den Einrichtungen ankommen.”

Starke MAVs sind entscheidend, weil sie:
* Die Umsetzung neuer Tarifverträge überwachen
* Arbeitsbedingungen vor Ort gestalten
* Bei Umstrukturierungen mitbestimmen
* Einzelne Beschäftigte schützen

Die Wahlen fallen vermutlich genau in die Phase, in der neue Tarife implementiert werden müssen. Wer dann in den Gremien sitzt, prägt die kirchliche Arbeitswelt für die nächsten vier Jahre.

Der TVöD-Schatten

Die aggressive Haltung in der TV-L-Runde ist auch eine Reaktion auf den TVöD-Abschluss vom April 2025. Damals einigte man sich nach Schlichtung auf 3,0 Prozent (mindestens 110 Euro) ab April 2025, weitere 2,8 Prozent folgen im Mai 2026.

Vielen Gewerkschaftern war das zu wenig. Die hohe Inflation 2024 und 2025 hat reale Kaufkraftverluste gebracht. Die 7-Prozent-Forderung soll das korrigieren. Zudem bleibt die “Ost-West-Angleichung” ein Streitpunkt – ver.di fordert gleiche Arbeitszeiten und Bedingungen für Unikliniken in den östlichen Bundesländern.

Was jetzt kommt

Die nächsten Wochen werden entscheidend:

3. Dezember 2025: Erste Verhandlungsrunde TV-L in Berlin/Potsdam. Beide Seiten stehen weit auseinander.

Januar 2026: Falls keine Einigung, drohen Warnstreiks an Universitätskliniken und Landesverwaltungen – mit Auswirkungen auf kirchliche Einrichtungen.

Frühjahr 2026: Die heiße Phase der Diakonie-MAV-Wahlen fällt voraussichtlich mit der Umsetzung neuer Tarifabschlüsse zusammen.

Für Beschäftigte im kirchlichen Dienst wird deutlich: Was diesen Winter am Verhandlungstisch entschieden wird, bestimmt ihr Gehalt. Was im Frühjahr an den Wahlurnen entschieden wird, bestimmt ihre Mitspracherechte für die kommenden Jahre.

Die Botschaft der Gewerkschaften ist klar: Jetzt mobilisieren, jetzt kandidieren, jetzt Druck machen. Die Kirchen stehen vor der Frage, ob sie diesen Druck aushalten – oder ob die Refinanzierungslücke sich zur Existenzkrise ausweitet.

Anzeige

PS: Kandidieren Sie bei den MAV‑Wahlen oder engagieren sich für die Mitarbeitervertretung in Ihrer Einrichtung? Der kostenlose Leitfaden “MAV als Mediator” zeigt praxisnah, wie Sie in der Sprechstunde schwierige Gespräche souverän moderieren, Konflikte deeskalieren und Beteiligte zu tragfähigen Lösungen führen. Mit konkreten Gesprächsleitfäden, Formulierungsvorschlägen, Fallbeispielen und dem Umgang mit sensiblen Fällen hilft er Wahlvorständen, Tarifgewinne auch wirklich in den Einrichtungen zu verankern. Jetzt kostenlosen MAV‑Mediator‑Leitfaden sichern

@ boerse-global.de