Telegram, Kehrtwende

Telegram macht Kehrtwende: Messenger-Gigant kooperiert mit Behörden

01.10.2025 - 17:37:02

Der Messenger-Dienst Telegram gibt Nutzerdaten an Behörden weiter und erreicht erstmals Profitabilität. Neue Premium-Features und ein grundlegender Strategiewechsel prägen die Entwicklung.

Der einst als „digitaler Schutzraum“ beworbene Messaging-Dienst Telegram bricht mit seiner jahrelangen Verweigerungshaltung. Das Unternehmen gibt nun Nutzerdaten an Strafverfolgungsbehörden weiter – ein fundamentaler Kurswechsel, der die gesamte Branche aufhorchen lässt.

Die Entscheidung folgt dem spektakulären Rechtsstreit um CEO Pavel Durov, der im Sommer in Frankreich verhaftet wurde. Gleichzeitig führt das Unternehmen neue Premium-Features ein und erreichte erstmals schwarze Zahlen. Eine Gratwanderung zwischen Regulation und Innovation.

Vom Datenschutz-Paradies zum kooperativen Partner

Telegram wird künftig IP-Adressen und Telefonnummern von Nutzern an Behörden übermitteln, sofern ein gültiger Gerichtsbeschluss vorliegt. Diese drastische Kehrtwende erweitert die bisherige Kooperation weit über terroristische Straftaten hinaus auf alle Kriminalitätsbereiche.

„Wir wollen kriminellen Missbrauch der Plattform verhindern“, erklärte CEO Pavel Durov den Politikwechsel. Die neue Linie ist eine direkte Reaktion auf den enormen Druck von Aufsichtsbehörden und Durums Verhaftung in Frankreich wegen unzureichender Moderation illegaler Inhalte.

Das Unternehmen entfernte bereits problematische Features wie die „Personen in der Nähe“-Funktion und ersetzte sie durch „Unternehmen in der Nähe“ für legitimen Handel. Stillschweigend verschwand auch die Garantie aus den FAQ, dass private Chats vor Moderationsanfragen geschützt seien.

Neue Features locken Creator und Unternehmen

Parallel zum Strategiewechsel baut Telegram sein Feature-Portfolio massiv aus. Ein Höhepunkt: das neue Verifikationssystem durch Drittanbieter. Vertrauensorganisationen können Accounts authentifizieren – anstelle des Standard-Häkchens erscheint dann ein individuelles Logo.

Für Creator führte Telegram die virtuelle Währung „Telegram Stars“ ein. Nutzer können diese kaufen, um digitale Geschenke zu versenden oder exklusive Inhalte zu bezahlen. Die Erlöse lassen sich in Kryptowährung auszahlen oder für Werbeanzeigen verwenden.

Premium-Abonnenten profitieren von Story-Alben, gruppierten Geschenk-Sammlungen und einer mächtigen Suchfunktion für öffentliche Beiträge. Zusätzlich integrierte das Unternehmen den KI-Assistenten Grok direkt in die App.

Profitabilität als Wendepunkt

Telegram erreichte Ende 2024 erstmals die Gewinnzone – ein Meilenstein, der die aggressive Monetarisierungsstrategie rechtfertigt. Die Zahl der Premium-Abonnenten verdreifachte sich auf über 12 Millionen Nutzer.

Datenschutz-orientierte Werbung und das Telegram-Stars-System erwiesen sich als wichtige Einnahmequellen. Diese finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht Investitionen in die Infrastruktur und Moderation, einschließlich eines KI-Teams zur Überwachung illegaler Inhalte.

Premium-Features wie schnellere Downloads, Sprach-zu-Text-Konvertierung und erweiterte Chat-Personalisierung überzeugen offenbar genügend Nutzer zum Upgrade. Eine entscheidende Entwicklung für die weitere Expansion.

Balanceakt zwischen Sicherheit und Privatsphäre

Die Transformation birgt Risiken: Jahrelang unterschied sich Telegram von Konkurrenten wie WhatsApp durch lockere Moderation und Großgruppen-Features. Allerdings nutzt der Dienst standardmäßig keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – ein wichtiger Unterschied zu Signal.

Normale Telegram-Chats werden nur zwischen Client und Server verschlüsselt, wodurch das Unternehmen theoretisch auf Nutzerdaten zugreifen kann. Die neue Kooperationsbereitschaft mit Behörden nähert Telegram den Standards etablierter Social-Media-Plattformen an.

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Diese Strategie soll Regulatoren besänftigen und die Plattform für Unternehmen und Werbetreibende attraktiver machen. Gleichzeitig droht die Entfremdung der Kernnutzerschaft aus Datenschutz-Aktivisten, Journalisten und Oppositionellen.

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Wie wird die fast eine Milliarde starke Nutzergemeinschaft auf diesen Wandel reagieren? Die kommenden Monate werden zeigen, ob Telegram den Spagat zwischen behördlichen Anforderungen und Nutzererwartungen meistert. CEO Durov kündigte regelmäßige Transparenzberichte über Datenanfragen an – ein weiterer Indikator für den neuen Kurs des einstigen Rebels der Messaging-Welt.

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