Snapchat startet biometrische Alterskontrolle in Australien
24.11.2025 - 22:30:12Der „Wilde Westen” für minderjährige Internetnutzer endet. Ab heute beginnt eine neue Ära: Social-Media-Plattformen müssen erstmals weltweit das Alter ihrer Nutzer mit Banking-Software und Gesichtserkennung überprüfen.
Australien macht den Anfang. Snapchat führte heute Morgen eine Pflicht-Alterskontrolle ein, die auf Banken-Identifikationssysteme zurückgreift. Grund: Die australische Regierung verbietet ab 10. Dezember Social Media für unter 16-Jährige vollständig. Plattformen, die nicht kontrollieren, drohen Strafen von bis zu umgerechnet 29 Millionen Euro.
Doch Australien steht nicht allein da. Malaysia kündigte heute ebenfalls ein Verbot für 2026 an. Das Muster ist klar: Regierungen weltweit ziehen die Zügel an – und zwingen Tech-Konzerne zu radikalen Sicherheitsmaßnahmen.
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Die technische Umsetzung ist beispiellos. Snapchat verlangt von australischen Nutzern ab sofort den Identitätsnachweis über ConnectID – ein System, das direkt an die großen Banken des Landes angebunden ist. Alternative: Der singapurische Anbieter k-ID, der das Alter per Gesichtsscan oder Ausweisdokument schätzt.
„Ziel ist es, junge Menschen online zu schützen, ohne neue Datenschutzrisiken zu schaffen”, erklärte Andrew Black, Geschäftsführer von ConnectID, zum Rollout. Kritiker sehen das anders: Erstmals werden Finanzdaten mit Social-Media-Zugang verknüpft – ein Präzedenzfall für die Cybersecurity-Branche.
Meta geht noch härter vor. Bereits seit dem Wochenende verschickt der Instagram- und Facebook-Mutterkonzern Benachrichtigungen an 13- bis 15-Jährige: Ab 4. Dezember werden ihre Konten deaktiviert. Die Nutzer haben nur wenige Tage Zeit, ihre Daten herunterzuladen, bevor der Zugang erlischt.
Malaysia und Indonesien folgen dem australischen Modell
Die digitale Abschottung breitet sich rasant aus. Malaysia bestätigte heute offiziell ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige ab 2026. Kommunikationsminister Fahmi Fadzil nannte Australien explizit als Vorbild für das geplante Online Safety Act. „Wir hoffen, dass die Plattformen nächstes Jahr der Regierungsentscheidung folgen werden”, so Fadzil vor Reportern.
Auch Indonesien verschärft die Gangart. Am Freitag erklärte Digitalministerin Meutya Hafid Kinderschutz im Cyberspace zur nationalen Priorität. Mit 60 Prozent junger Menschen unter den Internetnutzern setzt die Regierung auf einen „risikobasierten Ansatz” zur Inhaltsfilterung – ähnlich den aggressiven Regulierungen in Europa und Ozeanien.
Die Botschaft ist eindeutig: Der Asien-Pazifik-Raum zieht nach, was Beobachter als Beginn eines „Splinternets” werten – eines nach Altersgruppen fragmentierten Internets.
Gaming-Riesen rüsten auf: KI-Gesichtserkennung wird Standard
Die Tech-Branche reagiert mit massiven Architektur-Umbauten. Roblox, die bei Kindern extrem beliebte Gaming-Plattform, kündigte am 18. November eine KI-gestützte Gesichts-Altersschätzung an. Nutzer unter 13 Jahren dürfen künftig nur noch mit expliziter Elternerlaubnis außerhalb spezifischer Spiele kommunizieren. Der Rollout startet Anfang Dezember in Australien und den Niederlanden, im Januar folgt die globale Einführung.
Instagram vollzieht ebenfalls die Kehrtwende. Seit Mitte Oktober läuft die schrittweise Umstellung auf „PG-13-Standard-Einstellungen” für Teenager-Konten. Das System filtert automatisch Inhalte mit Kraftausdrücken oder „riskanten Stunts” heraus. Nutzer unter 18 landen automatisch in den restriktivsten Privatsphäre-Settings. Berichte vom 22. November zeigen: Diese „Sleep Mode”-Vorgaben sind mittlerweile für Millionen neuer Teen-Accounts Standard – die Ära freiwilliger Sicherheitsfeatures ist vorbei.
Großbritannien bestraft erstmals unter neuem Gesetz
Regulierungsbehörden nutzen bereits bestehende Gesetze für Strafen. Die britische Medienaufsicht Ofcom verhängte am 20. November eine Geldbuße von 50.000 Pfund gegen eine „Nudification”-Website, die keine wirksamen Alterskontrollen implementiert hatte.
Die Strafe ist eine der ersten unter dem neuen britischen Online Safety Act – und zeigt: Die Schonfrist für „Best Efforts” ist abgelaufen. Zusätzlich kündigten UK-Behörden am 21. November an, dass die Darstellung von Strangulation in Pornografie als „vorrangige Straftat” eingestuft wird. Plattformen müssen solche Inhalte proaktiv entfernen oder riskieren strafrechtliche Konsequenzen.
Der Blick nach vorne: Willkommen im Verifizierungs-Zeitalter
Das „Ehrensystem” der selbst eingegebenen Geburtsdaten ist Geschichte. Was Eltern und Cybersecurity-Experten erwarten sollten:
Biometrie wird Pflicht: Gesichtserkennung (wie bei Roblox und Snapchat) etabliert sich als Branchenstandard für Altersverifikation – mit offenen Fragen zum Datenschutz biometrischer Daten von Minderjährigen.
Bank-verknüpfte Identität: Australiens ConnectID-Modell deutet auf eine Zukunft hin, in der Social-Media-Zugang an reale Finanz- oder Behörden-Identitäten gekoppelt ist. Anonymität für junge Nutzer könnte komplett verschwinden.
VPN-Katz-und-Maus-Spiel: Sobald die Verbote im Dezember greifen, erwarten Experten einen Anstieg bei VPN-Nutzung durch technikaffine Teenager, die geografische Sperren umgehen wollen. Eine zweite Regulierungswelle gegen VPN-Dienste dürfte folgen.
Die Botschaft der Regierungen weltweit ist unmissverständlich: Der digitale Spielplatz wird eingezäunt – und die Torwächter müssen endlich Ausweise kontrollieren.
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