Signal, Backups

Signal führt verschlüsselte Backups ein – Europa plant Chat-Kontrolle

13.09.2025 - 05:41:02

Signal führt sichere Backups ein, Apple und Google implementieren plattformübergreifende Verschlüsselung. Gleichzeitig debattiert die EU über umstrittene Chat-Kontrolle, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gefährden könnte.

Während die EU über umstrittene Verschlüsselungsregeln berät, rüsten Messaging-Dienste ihre Sicherheitsstandards auf. Signal startet sichere Backups, Apple und Google arbeiten an verschlüsselter plattformübergreifender Kommunikation. Ein Showdown zwischen Datenschutz und Überwachung bahnt sich an.

Die Entwicklungen dieser Woche kommen zu einem brisanten Zeitpunkt: Am 12. September trafen sich EU-Vertreter in Brüssel, um über die „Chat-Kontrolle“ zu diskutieren. Die dänische EU-Ratspräsidentschaft plant eine Abstimmung bis zum 14. Oktober. Die Verordnung würde Anbieter zwingen, digitale Kommunikation zu scannen – auch verschlüsselte Nachrichten – um Material mit Kindesmissbrauch aufzuspüren.

Datenschützer, Tech-Unternehmen und hunderte Sicherheitsexperten warnen vor einer „Hintertür“, die die digitale Sicherheit aller Nutzer untergraben würde.

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Signal bietet erstmals kostenpflichtiges Feature

Der datenschutzfokussierte Messenger Signal hat diese Woche „sichere Backups“ eingeführt – ein lang erwartetes Feature. Die Beta-Version für Android ermöglicht kostenlose, Ende-zu-Ende-verschlüsselte tägliche Sicherungen aller Textnachrichten und der letzten 45 Tage an Medien.

Wer den kompletten Medienverlauf sichern möchte, zahlt erstmals bei Signal: 1,99 Euro monatlich für erweiterten Speicherplatz. Das Unternehmen betont, dass es selbst keinen Zugriff auf die Backup-Inhalte hat. Nutzer erhalten einen 64-stelligen Wiederherstellungsschlüssel – die einzige Möglichkeit, das Archiv zu entschlüsseln.

Das System basiert auf Signals „Secure Value Recovery“-Technologie mit einer PIN, auf die das Unternehmen keinen Zugriff hat. Signal schließt damit eine wichtige Usability-Lücke, ohne seine Datenschutzprinzipien zu verwässern.

Apple und Google verschlüsseln plattformübergreifend

Bei der Interoperabilität machen Google und Apple ebenfalls Fortschritte. Google erweitert seine Messages-App um den „Messaging Layer Security“-Standard (MLS) – eine Industrienorm für Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in Gruppenchats beliebiger Größe.

Apple hat mit iOS 18 den RCS-Standard übernommen und sich zur MLS-Unterstützung verpflichtet. Die GSM Association, die RCS überwacht, kündigte an, dass ihre neueste Spezifikation Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über MLS enthält – entwickelt in Zusammenarbeit mit Apple.

Das bedeutet: Bald können iPhone- und Android-Nutzer sicher miteinander chatten, inklusive hochwertigem Medienaustausch und Lesebestätigungen – weit über die bisherigen SMS/MMS-Standards hinaus.

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Über 500 Experten warnen vor Chat-Kontrolle

Die EU-„Chat-Kontrolle“ stößt auf massiven Widerstand. Am 9. September unterzeichneten über 500 Kryptografen und Sicherheitsforscher einen offenen Brief. Ihr Vorwurf: Die Maßnahmen seien technisch fehlerhaft und würden die Privatsphäre aller europäischen Bürger „komplett untergraben“.

Das geplante Client-Side-Scanning würde Nachrichten vor der Verschlüsselung durchsuchen. Nutzer, die dem nicht zustimmen, könnten nur noch reine Textnachrichten versenden. Die Experten warnen vor hohen Fehlerquoten und Sicherheitslücken, die Hacker und feindliche Staaten ausnutzen könnten.

WhatsApp erklärt, die Verordnung „zerstöre Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“. Signal drohte bereits mit dem Rückzug aus der EU, falls die Pläne umgesetzt werden.

Scheideweg für digitale Kommunikation

Tech-Unternehmen reagieren auf Nutzerwünsche nach besseren Features und stärkerem Datenschutz. Die MLS-Einführung bei Google und Apple signalisiert eine Zukunft, in der sichere Kommunikation nicht mehr auf einzelne Apps beschränkt ist. Gleichzeitig implementieren Dienste wie Signal bereits Post-Quantum-Kryptografie gegen künftige Bedrohungen durch Quantencomputer.

Auf der anderen Seite sorgen sich Regierungen und Strafverfolger, dass verschlüsselte Dienste für illegale Aktivitäten missbraucht werden. Der Kernkonflikt: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verhindert per Definition jeden Zugriff außer für Sender und Empfänger.

Sicherheitsexperten argumentieren, dass jeder Scan-Mechanismus – selbst gegen Kindesmissbrauch – die Sicherheit für alle schwächt. Die hohe Zahl falscher Alarme bei aktuellen Scan-Technologien verstärkt die Sorge vor ungerechtfertigten Ermittlungen gegen unschuldige Nutzer.

Entscheidung mit globaler Tragweite

Die kommenden Wochen werden wegweisend. Eine EU-Abstimmung am 14. Oktober könnte globale Standards für verschlüsselte Kommunikation setzen. Bei Annahme der „Chat-Kontrolle“ droht ein Showdown mit Tech-Unternehmen, rechtliche Herausforderungen und der mögliche Rückzug einiger Dienste aus dem EU-Markt.

Parallel läuft die technische Entwicklung weiter: MLS-verschlüsselte RCS-Nachrichten zwischen Android und iOS, Signals breitere Backup-Einführung und die Schließung der Sicherheitslücke zwischen den dominierenden Mobilplattformen.

Das Ergebnis der europäischen Regulierungsschlacht wird maßgeblich bestimmen, inwieweit diese technischen Fortschritte ihr Versprechen wirklich privater und sicherer globaler Kommunikation einlösen können.

@ boerse-global.de