Schleswig-Holstein schafft Microsoft-Ausstieg bei E-Mails
15.10.2025 - 22:29:01Schleswig-Holstein migriert über 40.000 E-Mail-Postfächer von Microsoft auf Open-Source-Lösungen und plant bis 2027 den vollständigen Ausstieg aus Microsoft-Produkten als Teil einer europaweiten Bewegung.
Das nördlichste Bundesland zeigt, wie digitale Souveränität geht: Über 40.000 Postfächer sind erfolgreich von Microsoft Exchange auf Open-Source-Alternativen umgestellt worden. Schleswig-Holstein wird damit zum bundesweiten Vorreiter einer Bewegung, die sich quer durch Europa zieht.
Die sechsmonatige Migration umfasste mehr als 100 Millionen Nachrichten und Kalendereinträge für rund 30.000 Beschäftigte aller Landesbehörden – von den Ministerien über die Justiz bis hin zur Polizei. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter feierte den Erfolg: „Wir wollten unabhängig von großen Tech-Konzernen werden und digitale Souveränität sichern. Bei der E-Mail-Kommunikation können wir jetzt sagen: Mission erfüllt.“
Doch das ist erst der Anfang. Der komplette Microsoft-Ausstieg soll bis 2026 oder 2027 abgeschlossen sein – einschließlich Windows und Office-Paket.
Der schleswig-holsteinische Masterplan
Was macht die Kieler Strategie so besonders? Die systematische Herangehensweise. Statt eines radikalen Komplettumbruchs setzt das Land auf eine mehrstufige Transformation zum „digital souveränen IT-Arbeitsplatz“.
Phase eins ist bereits angelaufen: Microsoft Office weicht LibreOffice auf 30.000 Arbeitsplätzen. Nach dem E-Mail-Erfolg folgt der Austausch von SharePoint durch die Open-Source-Plattform Nextcloud. Den Höhepunkt bildet der Wechsel von Windows zu einem Linux-System – derzeit noch in der Testphase.
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„Es gibt weltweit kaum ein vergleichbares Projekt dieser Größenordnung“, räumt Minister Schrödter ein. Die Hoffnung: Andere Verwaltungen sollen vom schleswig-holsteinischen Modell lernen und nachziehen.
Warum Europa den Tech-Riesen misstraut
Hinter dem Umbruch steht mehr als nur Technik-Spielerei. Digitale Souveränität lautet das politische Schlagwort, das quer durch Europa an Bedeutung gewinnt. Die Idee: Staaten und ihre Bürger sollen die Kontrolle über ihre digitalen Infrastrukturen und Daten behalten – ohne Abhängigkeit von ausländischen Konzernen.
Die Sorgen sind berechtigt. Der US-amerikanische CLOUD Act kann Tech-Unternehmen zwingen, Daten an US-Behörden herauszugeben – unabhängig vom Speicherort. Für DSGVO-sensible europäische Behörden ein Albtraum-Szenario.
Open-Source-Software bietet hier einen Ausweg: Der Code lässt sich prüfen, anpassen und auf vertrauenswürdigen Servern betreiben. Das Ergebnis? Mehr Sicherheit, weniger Vendor-Lock-in.
Europa macht Ernst mit dem Microsoft-Boykott
Schleswig-Holstein steht nicht allein da. Quer durch die EU rüsten sich Behörden gegen die Tech-Dominanz aus dem Silicon Valley:
Frankreich setzt in Lyon auf OnlyOffice statt Microsoft. Die Gendarmerie nutzt seit Jahren eine eigene Linux-Distribution auf Tausenden Rechnern.
Dänemark experimentiert ebenfalls mit Open-Source-Alternativen und plant den schrittweisen Microsoft-Ausstieg in öffentlichen Ämtern.
Sogar die EU-Kommission selbst verfolgt eine Open-Source-Strategie und will faire Ausschreibungsverfahren durchsetzen.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 82 Prozent der Europäer finden, dass mit Steuergeldern entwickelte Software quelloffen sein sollte – deutlich mehr als im weltweiten Durchschnitt.
Die Risiken des großen Umbruchs
Doch der Weg ist steinig. Solche Migrationen sind komplex, teuer und können zunächst die Produktivität senken. Kritiker warnen vor versteckten Kosten: Open-Source bedeutet oft mehr interne IT-Unterstützung, maßgeschneiderte Entwicklungen und intensive Schulungen.
Das Münchener Beispiel mahnt zur Vorsicht. Die bayerische Landeshauptstadt wechselte in den 2000ern zu Linux – und kehrte später zu Windows zurück. Grund: Verwaltungs- und Kompatibilitätsprobleme.
Microsoft reagiert auf den europäischen Widerstand mit eigenen Souveränitäts-Versprechen. Das EU Data Boundary-Projekt soll europäische Kundendaten innerhalb der EU halten. Zusätzlich wird die Rechenzentrumskapazität massiv ausgebaut.
Die Zukunft gehört Open Source
Trotz aller Hürden: Der Trend ist nicht mehr zu stoppen. Schleswig-Holsteins Erfolg wird andere Länder und Kommunen ermutigen. Experten erwarten beschleunigte Adoptionsraten und offene Standards in Behörden-Ausschreibungen.
Die Vision reicht weit über Office-Software hinaus. Souveräne KI-Plattformen und Cloud-Initiativen wie Gaia-X setzen ebenfalls auf Open-Source-Prinzipien. Das Ziel: europäische Alternativen zu US-amerikanischen und chinesischen Tech-Giganten.
Kann Europa seine digitale Unabhängigkeit zurückgewinnen? Schleswig-Holstein zeigt: Der erste Schritt ist getan.