Rückenschmerz, Bewegung

Rückenschmerz: Bewegung statt Operation wird Standard

21.11.2025 - 18:42:11

Medizinische Experten fordern Abkehr von vorschnellen MRT-Untersuchungen und Operationen bei unspezifischen Rückenschmerzen. Strukturierte Alltagsgymnastik wird zur bevorzugten Therapie.

Bewegung ist Medizin – was lange als Floskel galt, wird zur zentralen medizinischen Leitlinie. Ein Expertenforum in Südtirol und aktuelle Berichte der deutschen Fachpresse bestätigen diese Woche die Abkehr von vorschnellen Bildgebungen und Operationen.

Die Botschaft vom gestrigen Bürgerforum in Bruneck war eindeutig: Bei unspezifischen Rückenschmerzen findet eine fundamentale Wende statt. Weg von der „Reparaturmedizin” mittels Skalpell, hin zu strukturierter Alltagsgymnastik und Verhaltensänderung. Die Ärzte Zeitung warnt parallel vor der „Falle der Überdiagnostik”.

Expertenforum: „Der Rücken braucht Belastung”

Gestern versammelten sich führende Mediziner des Südtiroler Sanitätsbetriebes (SABES) in Bruneck, um unter dem Titel „Volkskrankheit Rücken” neue Therapiewege aufzuzeigen. Die Veranstaltung markierte einen Wendepunkt in der öffentlichen Kommunikation.

Dr. Bettina Wachtler, Primaria des Dienstes für Physikalische Medizin und Rehabilitation, stellte klar: Die weitverbreitete Angst vor Bewegung bei Schmerzen – das sogenannte „Fear-Avoidance-Verhalten” – ist einer der größten Chronifizierungsfaktoren. „Der Rücken ist kein Verschleißteil, das man schonen muss, sondern ein Organ, das Belastung benötigt, um gesund zu bleiben.”

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Dr. Michael Memminger, Primar der Orthopädie und Traumatologie, unterstützte diese Position: Operative Eingriffe seien heute nur noch in spezifischen Fällen das Mittel der Wahl – etwa bei neurologischen Ausfällen oder instabilen Brüchen. Für die breite Masse der Patienten mit unspezifischem Kreuzschmerz sei das Skalpell oft die falsche Lösung.

Die MRT-Falle: Wenn Bilder mehr schaden als nutzen

Parallel zum Forum thematisierte die Ärzte Zeitung am 18. November die Problematik bildgebender Verfahren. Unter dem Titel „Rückenschmerz: Wer muss sofort ins MRT?” diskutierten Experten, warum der schnelle Gang in die Röhre oft kontraproduktiv ist.

Das Problem: Hochauflösende Bilder zeigen bei fast jedem Menschen über 30 Jahre „Verschleißerscheinungen” wie leichte Bandscheibenvorwölbungen oder Facettengelenksarthrosen – oft völlig ohne klinische Relevanz. Werden Patienten mit diesen Zufallsbefunden konfrontiert, entwickeln sie häufig ein Krankheitsgefühl, das sie in die Inaktivität treibt.

Die aktuellen Empfehlungen sind strikt: Eine Bildgebung ist nur bei sogenannten „Red Flags” indiziert:

  • Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen
  • Verlust der Blasen- oder Darmkontrolle
  • Vorangegangene Unfälle oder Tumorerkrankungen
  • Fieber und nächtlicher Ruheschmerz

Fehlen diese Warnsignale, ist der Schmerz in 85 bis 90 Prozent der Fälle unspezifisch und bedarf keiner radiologischen Abklärung, sondern einer funktionellen Therapie.

Strukturierte Alltagsgymnastik: Das neue Rezept

Der Begriff „Strukturierte Alltagsgymnastik” grenzt sich deutlich von allgemeinem Freizeitsport ab. Es geht nicht um zweimal pro Woche ins Fitnessstudio, sondern um bewegungsfördernde Routinen im Tagesablauf.

Die Basis bilden Erkenntnisse aus der NAKO-Gesundheitsstudie, deren Auswertungen Mitte 2025 für Aufsehen sorgten. Die Studie zeigte an über 27.000 Teilnehmern: Nicht nur fehlende Muskelmasse, sondern vor allem die „Verfettung” der Rückenmuskulatur korreliert eng mit chronischen Schmerzen.

Die drei Säulen der neuen Therapie:

  1. Mikro-Pausen: Alle 30 Minuten kurze Bewegungsintervalle statt stundenlangem Sitzen
  2. Funktionelle Kräftigung: Übungen, die Alltagsbewegungen simulieren – korrektes Heben, Überkopf-Arbeiten
  3. Psychosoziale Aktivierung: Abbau von Schonhaltungen durch positive Bestärkung und Wiederaufnahme sozialer Aktivitäten trotz leichter Beschwerden

Notwendiger Kurswechsel mit ökonomischem Druck

Die aktuellen Vorstöße sind auch eine Reaktion auf enormen ökonomischen Druck. Rückenschmerzen bleiben der häufigste Grund für Krankschreibungen. Das alte Modell – Schmerzmittel, Krankschreibung, MRT, Operation – hat sich als kostspielige Sackgasse erwiesen, die oft zu einer „Karriere als Schmerzpatient” führt.

Dr. Josef Widmann, Sanitätsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, unterstrich beim Forum die Notwendigkeit evidenzbasierter Medizin. Der Schwenk zum biopsychosozialen Modell, das Körper, Psyche und soziales Umfeld gleichermaßen betrachtet, ist nun im klinischen Alltag angekommen.

Digitale Helfer auf dem Vormarsch

Für Patienten bedeutet dieser Wandel mehr Eigenverantwortung – doch sie werden nicht allein gelassen. Experten erwarten für 2026 einen weiteren Anstieg verschreibungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA), die strukturierte Alltagsgymnastik per App anleiten und überwachen.

Die Botschaft dieser Woche ist klar: Das beste Rezept gegen Rückenschmerzen wird nicht in der Apotheke eingelöst, sondern im Alltag gelebt. Oder wie es in Bruneck hieß: „Die nächste Haltung ist immer die beste.”

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