ReSourceEU, Milliarden-Offensive

ReSourceEU: Milliarden-Offensive gegen Chinas Rohstoff-Monopol

03.12.2025 - 18:21:12

Die Europäische Union nimmt den Kampf um ihre industrielle Zukunft auf: Mit einer milliardenschweren Strategie will Brüssel die kritische Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen beenden – und setzt dabei auf heimischen Bergbau, zentrale Beschaffung und ein brisantes Exportverbot.

Die Botschaft aus der EU-Kommission könnte kaum deutlicher sein: Europa will sich nicht länger erpressen lassen. Das am heutigen Mittwoch vorgestellte „ReSourceEU”-Programm soll die Versorgung mit strategisch wichtigen Metallen für Elektroautos, Windräder und Verteidigungssysteme sichern.

Hintergrund ist eine gefährliche Abhängigkeit: China kontrolliert aktuell rund 98 Prozent der europäischen Importe bei Seltenen Erden – und hat die Kontrollen über Exporte erst im Oktober mit neuen Drohungen verschärft. Was passiert, wenn Peking die Lieferketten wirklich kappt? Die EU will es nicht darauf ankommen lassen.

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Der Kern der Strategie ist ein Finanzpaket über drei Milliarden Euro, das gezielt in die europäische Rohstoffgewinnung fließen soll. Die Europäische Investitionsbank steuert zwei Milliarden bei, der Rest kommt aus dem Forschungsprogramm Horizon Europe und der Battery-Booster-Initiative.

„Europa handelt heute für seine Unabhängigkeit bei kritischen Rohstoffen”, erklärte Stéphane Séjourné, geschäftsführender Vizepräsident der Kommission. „Wir können nicht zulassen, dass unsere Industrien zur Geisel werden, wenn Handel als Waffe eingesetzt wird.”

Das Geld soll 25 bis 30 strategische Projekte anschieben – von der Förderung über die Verarbeitung bis zum Recycling. Denn europäischer Bergbau kann mit chinesischen Dumpingpreisen bislang kaum konkurrieren. Diese Kostenlücke soll das Förderprogramm schließen.

Neue Rohstoff-Zentrale nach japanischem Vorbild

Ein struktureller Paukenschlag: Nach dem Modell der japanischen Staatsagentur JOGMEC entsteht das European Critical Raw Materials Centre (ECRMC). Die neue Behörde soll Anfang 2026 ihre Arbeit aufnehmen und als zentrale Schaltstelle für Europas Rohstoffversorgung dienen.

Ihre Aufgaben umfassen drei Bereiche: Erstens die Überwachung globaler Lieferketten und Frühwarnung vor Engpässen. Zweitens die gebündelte Beschaffung – ähnlich der gemeinsamen Gas-Einkaufsplattform können EU-Staaten ihre Nachfrage bündeln und bessere Konditionen aushandeln. Drittens das Anlegen strategischer Reserven für Krisenzeiten.

„Wir schaffen eine ‚Single-Buyer’-Macht für Europa”, erklärte ein hochrangiger Kommissionsvertreter. „Von der Fragmentierung zu einer geschlossenen Front gegenüber globalen Lieferanten – das ist der Plan.”

Schluss mit Schrott-Exporten: Das kontroverse Exportverbot

Der wohl umstrittenste Baustein: Ab Mitte 2026 verbietet die EU den Export von „Black Mass” (geschredderter Batterie-Abfall) und Schrott-Magneten in Nicht-OECD-Länder. Was zunächst technisch klingt, hat enormes Konfliktpotenzial.

Bisher landen große Mengen europäischen Metallschrotts in Containern Richtung Asien – wo die Verarbeitung billiger ist. Damit soll nun Schluss sein. Brüssel setzt auf „Urban Mining”: Aus Elektroschrott und Altbatterien sollen strategische Rohstoffe zurückgewonnen werden.

„Wir verschiffen buchstäblich unsere strategische Autonomie in Schrottcontainern ins Ausland”, so Séjourné. „Das endet jetzt.” Die Kommission schätzt, dass Recycling langfristig bis zu 20 Prozent des EU-Bedarfs an Permanentmagneten decken könnte.

Zwischen Peking und Washington eingeklemmt

Der Zeitpunkt der Offensive ist kein Zufall. Im Oktober drohte China mit umfassenden neuen Exportkontrollen bei Seltenen Erden – ein Schock für europäische Hauptstädte. Zwar brachte ein Zoll-Waffenstillstand zwischen Xi Jinping und Donald Trump vor sechs Wochen eine zwölfmonatige Atempause. Doch Brüssel betrachtet dies als Aufschub, nicht als Lösung.

„Europa befindet sich in der Zwickmühle zwischen Chinas Ressourcen-Nationalismus und Amerikas aggressivem bilateralem Deal-Making”, analysiert Florian Anderhuber, stellvertretender Generaldirektor des Bergbau-Verbands Euromines. „Jetzt zählt Geschwindigkeit. Das Geld ist willkommen – aber wir brauchen auch die Genehmigungen zum Graben.”

Euphorie mit Fragezeichen

Die Industrie reagiert vorsichtig optimistisch. Automobilhersteller und Rüstungskonzerne, die unter volatilen Lieferketten leiden, sehen Licht am Horizont. Doch die Timeline gibt Rätsel auf: Während das Geld sofort fließt, dauern Bergbauprojekte oft über ein Jahrzehnt bis zur Produktion.

ReSourceEU versucht gegenzusteuern, indem „strategische Projekte” verkürzte Genehmigungsverfahren erhalten. Doch lokaler Widerstand bleibt ein Problem – ob in Portugal, Schweden oder Serbien: Neue Minen stoßen regelmäßig auf erbitterten Protest.

Die Gesetzesvorlage für die Exportbeschränkungen wird nächste Woche dem EU-Parlament vorgelegt. Vor der Sommerpause soll der rechtliche Rahmen stehen. Ob das Zeitfenster reicht, bevor China möglicherweise erneut die Daumenschrauben anlegt? Die nächsten Monate werden zeigen, ob Europa schnell genug handelt.

ReSourceEU kompakt:
Gesamtvolumen: 3 Milliarden Euro (EIB, Horizon Europe, Battery Booster)
Neue Behörde: European Critical Raw Materials Centre (Start 2026)
Exportverbot: Schrott-Magnete und Batterie-Abfälle (ab 2026)
Projektziel: 25-30 beschleunigte Bergbau- und Verarbeitungsprojekte
Fokus-Rohstoffe: Seltene Erden, Lithium, Kobalt, Gallium, Germanium

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