Reiche, Kündigungsschutz

Reiche will Kündigungsschutz für Topverdiener lockern

28.12.2025 - 22:11:12

Die CDU-Wirtschaftsministerin will den Kündigungsschutz für Gutverdiener lockern, stößt damit aber auf strikte Ablehnung von SPD und Gewerkschaften. Der Konflikt stellt die Regierung vor eine Zerreißprobe.

Koalition am Scheideweg: Die Pläne von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zum Kündigungsschutz drohen die Regierung zu sprengen. Ihr Vorstoß, den Schutz für Gutverdiener zu lockern, stößt bei Koalitionspartner SPD und Gewerkschaften auf erbitterten Widerstand.

Frontalkurs gegen „starre“ Arbeitsgesetze

Reiche hat die Debatte um Strukturreformen in der ruhigen Weihnachtszeit neu entfacht. Sie fordert mehr Flexibilität für den Arbeitsmarkt und sieht im aktuellen Kündigungsschutz ein Hindernis für notwendige Umstrukturierungen der Wirtschaft. Ihr Fokus liegt auf sogenannten Spitzenverdienern mit einem Bruttojahresgehalt von über 100.000 Euro.

Für diese Gruppe sollen die strengen gesetzlichen Hürden für eine Kündigung gesenkt werden. Die Idee: Ein Optionsrecht, bei dem Arbeitgeber und gut verdienende Angestellte im gegenseitigen Einvernehmen auf den Standard-Kündigungsschutz verzichten könnten – etwa gegen eine höhere Vergütung. Innerhalb der CDU stößt der Vorstoß auf Unterstützung. Generalsekretär Carsten Linnemann argumentiert, Topverdiener hätten ohnehin mehr Mobilität und Verhandlungsmacht.

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Hintergrund ist die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Reiche spricht von einem notwendigen „Fitnessprogramm“ für die „starren“ Arbeitsgesetze, um Investitionen anzulocken und Kapitalabflüsse zu stoppen.

SPD und Gewerkschaften ziehen rote Linie

Die Reaktion des Koalitionspartners SPD und der Gewerkschaften ließ nicht lange auf sich warten – und fiel vernichtend aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der dbb Beamtenbund lehnen die Pläne entschieden ab.

Die SPD spricht von einem „Frontalangriff“ auf den sozialen Konsens und zieht eine klare rote Linie. Kritiker monieren, die Grenze von 100.000 Euro sei zu niedrig angesetzt. Sie treffe einen großen Teil der Fachkräfte in der Industrie und untergrabe so die Jobsicherheit der Mittelschicht. Die Gewerkschaften warnen: Gerade die dringend benötigten Ingenieure, IT-Spezialisten und Manager würden verunsichert – das verschärfe den Fachkräftemangel, statt ihn zu lösen.

Die Weigerung der SPD, über solche Reformen auch nur zu verhandeln, deutet auf eine Blockade im Koalitionsausschuss hin, der Anfang 2026 tagt. Steht die Ampel-Koalition vor dem Aus?

„Agenda 2030“ weckt Erinnerungen an Schröder

Mit dem Begriff „Agenda 2030“ bedient sich die CDU einer bewusst gewählten Rhetorik. Er erinnert an die umstrittenen „Agenda 2010“-Reformen des ehemaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder. Damit positioniert sich die Union als Partei der wirtschaftlichen Erneuerung, die auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschreckt.

Reiche verknüpft die Kündigungsschutz-Debatte mit anderen heiklen Themen wie einer Erhöhung des Renteneintrittsalters oder Kürzungen beim Krankengeld. Medienberichte sprechen von einem Maßnahmenpaket nach dem Motto: „Leichter kündigen, länger arbeiten.“

Wirtschaftsexperten sind gespalten. Während einige, wie die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm, eine flexiblere Personalanpassung für notwendig halten, warnen andere vor den Risiken. In einer konjunkturellen Schwächephase würden solche Regelungen vor allem Entlassungen für Unternehmen billiger machen – ohne Garantie für Neueinstellungen.

Heißer Start ins neue Jahr

Mit Ende der Weihnachtspause wird der Streit um den Kündigungsschutz die politische Agenda dominieren. Die große Frage lautet: Kann die Koalition einen Kompromiss finden, der die CDU-Forderung nach Deregulierung erfüllt, ohne die sozialpolitischen roten Linien der SPD zu überschreiten?

Beobachter spekulieren, dass die CDU den radikalen Vorschlag als Verhandlungschip nutzen könnte, um in anderen Bereichen wie der Unternehmenssteuerreform Zugeständnisse zu erlangen. Doch der Spielraum ist eng. Die Haushaltsberatungen für 2026 stehen an.

Bleibt Reiche bei ihrer Forderung nach einer Gesetzesänderung, droht der Koalition im ersten Quartal ein echter Stresstest. Für die betroffenen Topverdiener gilt der volle Kündigungsschutz vorerst weiter. Doch der politische Wind dreht sich spürbar.

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