Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: 35 Milliarden Euro Verlust
15.11.2025 - 14:40:12Die Zahlen sind alarmierend: Psychische Erkrankungen kosten deutsche Unternehmen jährlich Milliarden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beziffert den Ausfall der Bruttowertschöpfung für 2023 auf 35,4 Milliarden Euro. Die Produktionsausfallkosten belaufen sich auf 20,5 Milliarden Euro. Was lange als Randproblem galt, entwickelt sich zur zentralen Herausforderung der modernen Arbeitswelt.
Stress, Burnout und Angststörungen sind keine Einzelfälle mehr. Die Krankenkassen verzeichnen dramatische Anstiege: Der DAK-Psychreport zeigt für 2023 einen Höchststand bei psychisch bedingten Fehltagen – ein Plus von 52 Prozent im Zehnjahresvergleich. Die Techniker Krankenkasse meldet für 2024 durchschnittlich 3,75 Fehltage pro Erwerbsperson aufgrund psychischer Erkrankungen. Damit sind sie die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen.
Besonders problematisch: Die Ausfälle dauern deutlich länger als bei anderen Erkrankungen. Während ein grippaler Infekt nach wenigen Tagen überstanden ist, ziehen sich psychische Krankheitsfälle oft über Wochen oder Monate hin.
Der „Workplace Insights Report 2025″ offenbart eine besorgniserregende Entwicklung. Beschäftigte zwischen 31 und 40 Jahren tragen das höchste Burnout-Risiko: 18 Prozent – dreimal so hoch wie bei Berufsanfängern. Die Studie basiert auf Daten von fast 80.000 Beschäftigten und zeichnet ein klares Bild.
In dieser Lebensphase kulminieren die Belastungen. Karrieredruck, Familiengründung und steigende Verantwortung treffen zusammen. Hohe Arbeitsbelastung, permanenter Zeitdruck und eine schlechte Work-Life-Balance verstärken die Problematik. Die ständige Erreichbarkeit durch digitale Kommunikation verschärft die Situation zusätzlich.
Flexible Arbeitsmodelle bringen nicht nur Vorteile. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben wird zur Belastungsprobe. Wann hört der Arbeitstag eigentlich auf, wenn das Smartphone permanent Nachrichten anzeigt?
Gesetzliche Pflicht trifft auf betriebliche Realität
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, psychische Belastungen zu ermitteln und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Praxis sieht anders aus. Eine DEKRA-Umfrage aus 2025 zeigt: Nur bei 28 Prozent der befragten Beschäftigten finden solche Gefährdungsbeurteilungen tatsächlich statt.
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Besonders kleinere Betriebe mit unter 50 Mitarbeitenden vernachlässigen das Thema. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird durch eine Union-Investment-Umfrage deutlich:
- 90 Prozent der Erwerbstätigen halten mentale Gesundheit am Arbeitsplatz für wichtig
- Nur 44 Prozent haben den Eindruck, ihr Arbeitgeber nimmt das Thema ernst
Das Stigma rund um psychische Probleme hemmt viele Betroffene, offen über ihre Situation zu sprechen. Experten betonen: Eine unterstützende Kommunikationskultur ist entscheidend, um rechtzeitig Hilfe zu ermöglichen.
Was Beschäftigte selbst tun können
Neben der Verantwortung der Unternehmen können Arbeitnehmer ihre psychische Widerstandsfähigkeit aktiv stärken. Bewährte Strategien zur Selbsthilfe:
- Grenzen setzen: Bewusste Abgrenzung von Arbeit und Freizeit, Erreichbarkeit begrenzen
- Regelmäßige Pausen: Auch kurze Mikropausen von wenigen Minuten helfen, Konzentration zu erhalten
- Achtsamkeitspraxis: Meditation, Atemtechniken und Entspannungsübungen reduzieren Stress
- Bewegung und Ernährung: Körperliche Aktivität fördert das seelische Wohlbefinden
- Stressauslöser erkennen: Bewusstsein für persönliche Belastungsfaktoren entwickeln
Diese Maßnahmen ersetzen keine professionelle Hilfe bei manifesten Erkrankungen, können aber präventiv wirken.
Mehr als nur Statistiken
Der Anstieg psychisch bedingter Fehlzeiten spiegelt nicht nur mehr Erkrankungen wider. Die gestiegene Sensibilisierung und langsame Entstigmatisierung des Themas spielen ebenfalls eine Rolle. Menschen sprechen offener über mentale Belastungen als noch vor zehn Jahren.
Die moderne Arbeitswelt stellt neue Anforderungen. Digitalisierung und demografischer Wandel erhöhen den Druck. Gleichzeitig zeigen Studien: Investitionen in psychische Gesundheit zahlen sich aus. Unternehmen mit wertschätzender Kultur und aktiver Gesundheitsförderung profitieren von motivierteren, leistungsfähigeren Mitarbeitenden und niedrigeren Krankenständen.
Digitale Helfer und ganzheitliche Konzepte
Betriebliches Gesundheitsmanagement entwickelt sich weiter. Von vereinzelten Maßnahmen hin zu strategischen Gesamtkonzepten, die physische, mentale und soziale Aspekte verbinden. Digitale Tools bieten neue Möglichkeiten:
- Gesundheits-Apps zur Stressreduktion
- Online-Angebote mit flexiblen, personalisierten Übungen
- KI-gestützte Früherkennung von Belastungsmustern
Der Gesetzgeber könnte die Anforderungen an psychische Gefährdungsbeurteilungen künftig konkretisieren. Entscheidend bleibt jedoch die kulturelle Entwicklung in den Betrieben.
Nur wenn Führungskräfte psychische Gesundheit als integralen Bestandteil des Unternehmenserfolgs verstehen und aktiv vorleben, wird sich nachhaltig etwas ändern. Die Zahlen zeigen: Der Handlungsbedarf ist immens – und die Zeit drängt.
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