Pflanzenmilch: Verbraucherschützer fordern Steuersenkung
03.12.2025 - 10:49:12Ein Fünftel aller Deutschen greift regelmäßig zu Hafer- oder Sojadrink. Doch während Kuhmilch mit 7 Prozent besteuert wird, zahlen Käufer von Pflanzenmilch 19 Prozent Mehrwertsteuer. Der neue Ernährungsreport 2025 liefert nun politische Munition: Verbraucherschützer fordern die Bundesregierung zur Gleichstellung auf.
Pünktlich zur Fachmesse Fi Europe in Paris hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gestern seinen Ernährungsreport 2025 vorgelegt. Die Zahlen sind eindeutig: 20 Prozent der Verbraucher nutzen pflanzliche Milchalternativen häufig oder sogar ausschließlich. Der Wandel im Kühlregal ist keine Nische mehr, sondern Mainstream.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) macht nun Druck. Seine Forderung: Der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent muss auch für Haferdrink und Sojajoghurt gelten.
„Es ist für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehbar, wieso Milchprodukte zu Grundnahrungsmitteln zählen und pflanzliche Alternativen als Luxusgut besteuert werden”, erklärt Jochen Geilenkirchen, Leiter des Teams Lebensmittel im vzbv.
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Die Zustimmung ist eindeutig: 67 Prozent der Befragten sprechen sich für die steuerliche Gleichstellung aus. Kritiker argumentieren, die aktuelle Regelung benachteilige Menschen mit Laktoseintoleranz und jene, die aus Klimaschutzgründen auf Kuhmilch verzichten wollen.
Paris zeigt die Zukunft des Kühlregals
Während in Berlin über Steuern debattiert wird, präsentiert die Branche auf der Fi Europe ihre Innovationen. Die Messe läuft noch bis morgen und steht im Zeichen von Clean Label und verbesserter Textur.
Die Emsland Group stellte gestern neue Lösungen für pflanzlichen Käse vor – mit möglichst kurzen Zutatenlisten. Ein Highlight: Die Podiumsdiskussion „The Future of Dairy: Is Plant-Based the New Normal?” analysierte heute globale Marktverschiebungen.
Die Prognosen sind beeindruckend: Bis 2035 soll der Markt für pflanzliche Milchalternativen auf über 52 Milliarden US-Dollar wachsen. Der asiatisch-pazifische Raum entwickelt sich dabei zum Wachstumsmotor.
Doch der Markt konsolidiert sich auch. Im November übernahm der dänische Hybrid-Milchproduzent PlanetDairy Vermögenswerte der gescheiterten schwedischen Firma Stockeld Dreamery. Die „Goldgräberstimmung” weicht einer Phase strategischer Akquisitionen.
Wissenschaft bestätigt Umweltvorteile
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat ihre Position in diesem Jahr geschärft. In ihrem aktualisierten Positionspapier vom August bestätigt sie: Pflanzliche Milchalternativen verursachen deutlich niedrigere Treibhausgasemissionen, verbrauchen weniger Wasser und benötigen weniger Land als Kuhmilch.
Die Empfehlung: Angereicherte Pflanzendrinks sind eine sinnvolle Option – vorausgesetzt, sie enthalten Calcium, Jod und Vitamin B12.
Eine Oxford-Studie vom Frühjahr lieferte weitere Argumente: Angereicherte Soja- und Mandelmilch können das Risiko für chronische Krankheiten im Vergleich zu Vollmilch senken. Die Ressourceneffizienz ist massiv: Soja- und Haferdrinks verursachen nur einen Bruchteil der CO₂-Emissionen.
Anachronismus im Steuerrecht?
Die Diskrepanz zwischen Konsumverhalten und Gesetzgebung wird zunehmend als überholt wahrgenommen. Während Fleischersatzprodukte noch mit Geschmacksvorbehalten kämpfen, haben Hafer- und Mandeldrinks diese Hürde längst genommen – besonders im Kaffee-Segment.
Wirtschaftlich zeigt sich eine Professionalisierung. Unternehmen setzen auf Hybrid-Modelle oder Präzisionsfermentation, um geschmackliche Unterschiede zur Kuhmilch zu beseitigen. Die Texturprobleme bei veganem Käse bleiben eine Herausforderung.
Für 2026 ist mit verschärftem politischen Druck zu rechnen. Angesichts der klaren Datenlage wird das Finanzministerium die Mehrwertsteuerreform kaum noch ignorieren können – möglicherweise als Teil eines größeren Pakets zur Förderung nachhaltiger Ernährung.
Technologisch dürften im nächsten Jahr die ersten massentauglichen Produkte mit fermentierten Milchproteinen auf den Markt kommen. Diese enthalten naturidentisches Casein – ohne Kühe. Das könnte die letzten Texturprobleme lösen, die auf der Fi Europe noch diskutiert wurden.
Der Markt ist erwachsen geworden. Nun muss die Politik entscheiden: Fördert sie diese Entwicklung als Teil der Klimastrategie oder besteuert sie Hafermilch weiterhin wie Champagner?


