Omnibus-Paket, Compliance-Hürden

Omnibus-Paket: EU senkt Compliance-Hürden drastisch

21.11.2025 - 06:51:12

Brüssel nimmt Unternehmen an die Leine – aber nicht so, wie viele dachten. Seit dem 18. November verhandeln Europaparlament, Rat und Kommission im sogenannten Trilog über das „Omnibus”-Vereinfachungspaket. Das Ziel: Berichtspflichten für Lieferketten und Nachhaltigkeit massiv reduzieren. Doch während die EU-Bürokratie zurückfährt, verschärfen deutsche Gerichte gleichzeitig die internen Spielregeln – besonders beim Thema Lohngleichheit.

Die Folge? Compliance-Verantwortliche stehen vor einem Paradox: Weniger Papierkram nach außen, mehr juristische Risiken nach innen. Was bedeutet das konkret für deutsche Unternehmen?

Der wohl bedeutendste Schritt dieser Woche: Die formellen Trilog-Verhandlungen starteten am 18. November mit dem klaren Auftrag, das Paket noch vor Jahresende abzuschließen. Im Kern geht es um Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und der Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD).

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Das Europaparlament legte bereits am 13. November seine Verhandlungsposition vor – und die hat es in sich. Künftig sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von über 1,5 Milliarden Euro unter die direkten EU-Vorgaben fallen.

Zum Vergleich: Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt derzeit ab 1.000 Mitarbeitern. Würde die neue EU-Schwelle Realität, fiele die Zahl betroffener deutscher Firmen dramatisch. Zusätzlich will das Parlament verpflichtende Klimatransitionspläne aus der CSDDD streichen – Umweltverbände sind alarmiert, Wirtschaftsverbände atmen auf.

Berlin wartet auf Brüssel – und plant Schnellschuss

Die Bundesregierung hatte bereits Ende August signalisiert: Deutschlands LkSG muss an ein „schlankeres” EU-Regime angepasst werden. Der Entwurf vom 29. August 2025 zielte darauf ab, nationale Vorgaben zu lockern, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.

Mit dem Trilog-Start am Dienstag wurde aus „Abwarten” faktisch eine „Copy-Paste-Strategie”. Falls die EU das Omnibus-Paket mit den hohen Schwellenwerten verabschiedet, dürfte Berlin das LkSG umgehend angleichen. Tausende Mittelständler, die seit Januar 2024 unter dem 1.000-Mitarbeiter-Limit ächzen, würden damit auf einen Schlag befreit.

Doch nicht alle jubeln. Die „Initiative Lieferkettengesetz”, ein NGO-Bündnis, warnte diese Woche erneut: Eine 5.000-Mitarbeiter-Grenze würde die meisten risikobehafteten Lieferketten faktisch unkontrolliert lassen. Die Präventionsmechanismen des Gesetzes würden ausgehöhlt.

Gleiches Geld für gleiche Arbeit? BAG dreht an der Beweislast-Schraube

Während Brüssel also Entlastung verspricht, kommt aus Erfurt die Quittung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 23. Oktober 2025 die Spielregeln bei Lohndiskriminierung neu definiert (Az. 8 AZR 300/24). Die Entscheidung liegt zwar vier Wochen zurück, ihre Tragweite wird aber erst jetzt in den Compliance-Abteilungen spürbar.

Die Kernaussage: Eine Arbeitnehmerin kann bereits dann eine Diskriminierungsvermutung begründen, wenn sie nachweist, dass ein einziger männlicher Kollege mit vergleichbarer Tätigkeit mehr verdient. Dieser „Paarvergleich” macht Schluss mit der bisherigen Anforderung, strukturelle Benachteiligung über eine ganze Gruppe hinweg zu belegen.

Für Personalabteilungen bedeutet das: Interne Gehaltsaudits müssen deutlich kleinschrittiger werden. Die externe Berichtslast mag sinken – die interne Dokumentationspflicht steigt. Das rechtliche Risiko bei Gehaltsdisparitäten war selten höher.

Zwei-Klassen-Compliance: Außen hui, innen pfui?

Die Ereignisse im November 2025 zeichnen das Bild einer gespaltenen Compliance-Landschaft. Auf der Makroebene – ESG und Lieferketten – schwingt das politische Pendel in Europa stark Richtung Deregulierung. Der Trilog-Start diese Woche ist direkte Antwort auf die Wachstumsschwäche der vergangenen Jahre.

Auf der Mikroebene – individuelle Arbeitnehmerrechte – verschärft die deutsche Justiz hingegen den Ton. Diese Diskrepanz zwischen Brüsseler Lockerung und Erfurter Strenge schafft neue Herausforderungen. Künftig könnten Unternehmen weniger Zeit damit verbringen, asiatische Drittlieferanten zu kartieren – müssen dafür aber mehr Ressourcen in akribische Gehaltsstrukturanalysen stecken, um teure Klagen zu vermeiden.

Wie geht es weiter?

Die Trilog-Verhandlungen laufen auf Hochtouren. Bis Mitte Dezember 2025 wird eine politische Einigung erwartet. Bestätigt sich die 5.000-Mitarbeiter-Schwelle, dürfte Berlin das LkSG Anfang 2026 im Eilverfahren anpassen.

Die Folgen der BAG-Entscheidung hingegen entfalten sich erst jetzt richtig. Arbeitsrechtler rechnen im ersten Quartal 2026 mit einer Klagewelle auf Basis der erleichterten Beweislast. Compliance-Strategien müssen umdenken: vom „alles berichten” zum „jede Gehaltsabweichung dokumentieren”.

Eine Frage bleibt: Kann sich die deutsche Wirtschaft wirklich freuen, wenn die eine Hand gibt, was die andere nimmt?

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