Bauträger, Tiefste

Österreichs Bauträger: Tiefste Krise seit über einem Jahrzehnt

21.10.2025 - 23:31:02

Österreichs Wohnungsneubau steckt in der schwersten Krise seit Jahren mit 56 Prozent weniger Baubewilligungen. Hohe Kosten und strenge Kreditregeln bremsen Projekte aus, während ESG-Kriterien zur Überlebensstrategie werden.

Österreichs Wohnungsneubau steckt in der schwersten Krise seit Jahren. Die Baubewilligungen für Wohnungen sind um dramatische 56 Prozent eingebrochen – von 72.500 Genehmigungen im Rekordjahr 2017 auf nur noch 32.100 im Jahr 2024. Dieser Abwärtstrend wird sich in den kommenden Jahren in deutlich weniger Fertigstellungen niederschlagen und die Wohnungsnot in Ballungszentren weiter verschärfen.

Die Zahlen der Statistik Austria zeichnen ein düsteres Bild einer Branche im Umbruch. Hohe Baukosten, gestiegene Zinsen und strenge Kreditvergaberichtlinien haben viele Bauprojekte unrentabel gemacht.

Kostenlawine bremst den Hausbau aus

Die Gründe für den historischen Tiefstand sind vielschichtig. Explodierende Baukosten für Holz, Metall und Stahl haben zusammen mit hohen Energie- und Transportkosten einen enormen Kostendruck erzeugt. Zwar stabilisieren sich die Preise für Baumaterialien langsam, doch das Niveau bleibt historisch hoch.

Die seit Mitte 2022 geltende Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) verschärfte die Situation zusätzlich. Obwohl sie formell am 30. Juni 2025 auslief, wollen die Banken die strengen Vorgaben zu Eigenkapital und maximalen Kreditraten auf Wunsch der Aufsicht beibehalten.

Das Ergebnis: Viele Bauträger legen Projekte auf Eis oder zögern bei neuen Vorhaben.

ESG wird zur neuen Währung am Bau

Inmitten der Krise entwickelt sich Nachhaltigkeit vom Nice-to-have zur harten Währung. ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) entscheiden heute über Erfolg oder Misserfolg von Immobilienprojekten.

Die EU-Vorgaben treiben diese Entwicklung voran: Ab 2030 sind emissionsfreie Neubauten Pflicht. Bereits jetzt sind fossile Heizsysteme in Neubauten verboten. Für Bauträger bedeutet das einen radikalen Strategiewechsel.

Der Lohn für nachhaltiges Bauen:
* Höhere Verkaufspreise und stabilere Mieteinnahmen
* Günstigere Finanzierungskonditionen durch “grüne” Kredite
* Schutz vor “Stranded Assets” – wirtschaftlich entwerteten Immobilien

Digitaler Wandel als Überlebensstrategie

Innovative Bauträger setzen auf mehrere Gegenmittel zur Krise. Fixpreisvereinbarungen mit Lieferanten sollen die Kostenunsicherheit reduzieren. Alternative Baustoffe werden verstärkt geprüft.

Die Digitalisierung wird zum Gamechanger: Moderne Baufirmen nutzen digitale Bauakten und Bauzeiten-Apps, um Transparenz zu schaffen und Projekte effizienter zu steuern. Das senkt Kosten und erhöht die Planbarkeit für alle Beteiligten.

Gleichzeitig erfordert der Markt neue Wohnkonzepte. Der geförderte Wohnbau gewinnt gegenüber dem freifinanzierten Segment wieder an Bedeutung. Projekte müssen künftig ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte geschickt verbinden.
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Milliarden-Hilfe der Regierung umstritten

Die Bundesregierung reagierte mit einem milliardenschweren Wohnbaupaket. Das umfasst Zweckzuschüsse für die Bundesländer, gestrichene Gebühren beim Ersterwerb von Eigenheimen und erhöhte Abschreibungen für Wohngebäude.

Branchenvertreter kritisieren die Maßnahmen jedoch als zu komplex. Sie fordern einen umfassenden “Bau-Turbo” durch weniger Bürokratie.

Zaghafte Erholung erst 2026 erwartet

Die Prognosen bleiben gedämpft. Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO erwartet für 2025 eine weitere leichte Schrumpfung. Erst 2026 könnte ein zaghaftes Wachstum von etwa 1,5 Prozent einsetzen.

Eine echte Trendwende wird erst erwartet, wenn die Zinsen weiter sinken und die staatlichen Hilfen greifen. Das ifo-Institut prognostiziert für Österreich 2026 sogar einen weiteren Rückgang um 9 Prozent – während sich andere europäische Märkte bereits erholen.

Langfristig werden jene Bauträger überleben, die sich als anpassungsfähig erweisen. Der Fokus verschiebt sich bereits in Richtung Sanierung und nachhaltige Projektentwicklung. Wer ESG-Kriterien als integrale Geschäftsstrategie begreift, verschafft sich den entscheidenden Wettbewerbsvorteil in einem sich wandelnden Markt.

@ boerse-global.de