Energiecharta

Österreich will aus Energiecharta aussteigen

01.12.2025 - 10:51:12

Der Wirtschaftsausschuss des österreichischen Parlaments hat vergangenen Freitag weitreichende Weichenstellungen für 2026 beschlossen. Im Mittelpunkt: der geforderte Austritt aus dem umstrittenen Energiecharta-Vertrag und eine umfassende Modernisierung der Gewerbeordnung. Die Sitzung vom 28. November offenbarte dabei ungewöhnliche Allianzen – und einen klaren Kurs in Richtung Klimaschutz.

Die Debatte kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Österreichs Wirtschaft steht unter Druck, gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und ambitionierte Klimaziele zu erreichen. Kann dieser Spagat gelingen?

Den brisantesten Vorstoß wagte Klimaministerin Leonore Gewessler. In einem neuen Antrag (599/A(E)) forderten die Grünen formal den Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT). Der ursprünglich zum Schutz ausländischer Investitionen konzipierte Vertrag sei heute ein Hindernis für wirksamen Klimaschutz.

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Die Begründung ist scharf formuliert: Der ECT gefährde die Dekarbonisierung und den industriellen Wandel, indem er Fossilkonzernen ermögliche, Staaten wegen klimapolitischer Maßnahmen zu verklagen. Reformversuche auf EU-Ebene seien gescheitert. Damit schließt sich Österreich einer wachsenden Zahl europäischer Länder an, die den Vertrag als nicht mehr zeitgemäß betrachten. Selbst die EU-Kommission warnt inzwischen vor rechtlichen Risiken einer weiteren Mitgliedschaft.

Parteiübergreifende Einigkeit bei Abfall und Energie

Ungewöhnliche Eintracht herrschte zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS. Die drei Fraktionen reichten gemeinsam einen Antrag (627/A) zur Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 ein. Ziel der Änderungen: mehr Rechtssicherheit bei der Umsetzung der Kreislaufwirtschaft – ein Bereich, den Österreich strategisch ausbauen will.

Parallel dazu legte die Bundesregierung zwei neue Gesetzesentwürfe zur Energiepreisdeckelung vor. Die Details werden derzeit geprüft, doch die Stoßrichtung ist klar: Der Staat will weiterhin stabilisierend eingreifen, um Unternehmen und Verbraucher vor Marktturbulenzen zu schützen. Dies knüpft an frühere Maßnahmen an, darunter das Stromkosten-Ausgleichsgesetz für 2025/2026, das energieintensive Betriebe unterstützen soll.

Gewerbeordnung soll entstaubt werden

Für 2026 steht eine grundlegende Überarbeitung der österreichischen Gewerbeordnung auf der Agenda. Die Grünen forderten in Antrag 584/A(E) eine Modernisierung auf “Stand 2026” – ein Zugeständnis an die Wirtschaftskammer, die seit Langem weniger Bürokratie verlangt.

Konkrete Details der geplanten Vereinfachungen sollen in den kommenden parlamentarischen Verfahren ausgearbeitet werden. Die Initiative zielt darauf ab, das regulatorische Umfeld agiler und wettbewerbsfähiger zu gestalten. Ob das ausreicht, um international Boden gutzumachen, wird sich zeigen müssen.

Neuordnung der Forschungsförderung geplant

Auch die Innovationspolitik kam nicht zu kurz. Mit Antrag 597/A(E) schlugen die Grünen ein neues Modell für die “forschungsorientierte Unternehmensförderung” vor. Die Kernidee: eine klarere Aufgabenteilung zwischen Ministerien und Förderagenturen.

Ministerien würden strategische Ziele und thematische Schwerpunkte festlegen. Förderagenturen hingegen erhielten erweiterte operative Autonomie für Programmgestaltung und Mittelzuteilung – basierend auf Expertise statt politischen Erwägungen. Einheitliche Kriterien, transparente Entscheidungsprozesse und regelmäßige Wirkungsanalysen sollen die Effizienz öffentlicher F&E-Investitionen sichern.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Zusammenarbeit zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS beim Abfallwirtschaftsgesetz deutet auf eine funktionsfähige Mehrheit für technische Reformen hin – möglicherweise ein Vorgeschmack auf künftige Koalitionskonstellationen.

Für Betriebsräte und Arbeitnehmer ist die Entwicklung ambivalent. Niedrigere Energiekosten und Forschungsförderung sichern Jobs. Doch der ECT-Austritt und die Regulierungsänderungen könnten Investitionssicherheit gefährden – vor allem im Energiesektor. Hier ist Wachsamkeit gefragt.

Die am Freitag eingebrachten Anträge werden voraussichtlich Anfang Dezember im Nationalratsplenum zur Abstimmung kommen. Besonders der Energiecharta-Austritt wird zum Lackmustest für den parlamentarischen Konsens zwischen Klimaschutz und Investitionsschutz.

Branchenvertreter sollten sich auf weitere Details zur “Stand 2026”-Gewerbeordnung und den Energiepreisgesetzen einstellen. Die Forschungsförder-Reform könnte bei Annahme bereits Mitte 2026 greifen und F&E-Projekte in Technologie und Industrie beschleunigen.

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