Ob Abwrackprämie, ein neuer E-Auto-Bonus oder weniger strenge CO2-Vorgaben - vor dem für Montag geplanten "Autogipfel" von Wirtschaftsminister Robert Habeck mangelt es nicht an Forderungen zur Unterstützung der kriselnden deutschen Autoindustrie.
22.09.2024 - 14:13:16Vor 'Autogipfel': Förderpakete und Entlastung bei CO2-Regeln
Bei dem Treffen mit Spitzen der Hersteller, Zulieferindustrie sowie Branchenvertretern geht es auch um Maßnahmen, um den schleppenden Elektroauto-Absatz anzukurbeln. Habeck (Grüne) hatte zuletzt weitere Fördermaßnahmen in Aussicht gestellt.
Die SPD setzt auf Sofortmaßnahmen, unter anderem auf eine neue "Abwrackprämie 2.0". Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier der SPD-Wirtschaftspolitiker. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben. Zuvor hat das Magazin "stern" darüber berichtet.
Weitere Vorschläge sind ein staatlicher Zuschlag zum E-Auto-Leasing für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen und eine Förderung für private Ladeboxen, Speicher und für Ladesäulen. Aus Sicht von Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer dürften die Vorschläge schon aus Budgetgründen eine sehr kurze Halbwertszeit haben.
In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2.500 Euro Umweltprämie erhielt, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte. Viele sprachen von "Abwrackprämie".
Union: Schadstoff-Regeln lockern
"Die damalige Abwrackprämie hat bei der Autonachfrage außer einem kurzen Strohfeuer nichts gebracht", kritisierte CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange. "Dafür gab es aber Chaos bei der Abwicklung und Missbrauch." Angesichts der Festlegung auf E-Autos sprach sich Lange für Technologieoffenheit aus. Außerdem solle es finanzielle Entlastungen und Erleichterungen bei den europäischen Schadstoffgrenzwerten für Autos geben.
In diese Richtung zielt auch der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. Er will drohende Strafzahlungen von Autobauern bei den geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoß aussetzen. "Wenn zehntausende von Arbeitsplätzen wackeln, dann ist keine Zeit für Bußgeldzahlungen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Die EU will die sogenannten Flottenziele für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) schrittweise verschärfen.
IG Metall für neues Förderpaket
Die Gewerkschaft IG Metall hält ein neues Förderpaket für Elektromobilität für notwendig. "Das Förderpaket muss dazu beitragen, den Hochlauf der E-Mobilität zu beschleunigen", sagte ein Gewerkschaftssprecher der Funke Mediengruppe. Die angekündigte Sonderabschreibung der Bundesregierung für gewerblich angeschaffte emissionsfreie Fahrzeuge sei ein sinnvoller erster Schritt. Die Bundesregierung hatte vor knapp einem Jahr die E-Auto-Förderprämie für alle Verbraucher überraschend gestrichen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält eine neue E-Auto-Prämie für sinnvoll. "Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern", sagte der IW-Experte Thomas Puls. Der Nutzwert von E-Autos müsse für Menschen erhöht werden, die keine eigene Lademöglichkeit haben.
"Der Autogipfel darf nicht zum Subventionsgipfel werden, sondern muss die grundlegenden Standortbedingungen der deutschen Industrie in den Blick nehmen", warnte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. "Der Versuch, die Probleme einzelner Unternehmen mit Steuergeld zuzuschütten, wäre zum Scheitern verurteilt, denn auf Subventionen lässt sich kein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell aufbauen."
Der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall kritisiert eine mögliche Neuauflage der E-Auto-Prämie als wenig hilfreich. "Es wäre entschieden zu kurz gedacht, mit ständig neuen Subventionen wie einer Neuauflage der Kaufprämie für E-Autos oder gar einer Abwrackprämie für funktionierende Verbrenner die Misere der Autoindustrie heilen zu wollen", mahnte Niedersachsenmetall-Chef Volker Schmidt.
Die Krise bei Zulieferern und Autobauern sei die unmittelbare Folge von zuvor nie gekannten Eingriffen der Politik in die Entwicklung von Antriebstechnologien, sagte Schmidt. Die langjährige politische Vorgabe elektrisch angetriebener Autos sei angesichts der zwischenzeitlichen "Entwicklung weiterer alternativer Antriebstechnologien zur Dekarbonisierung des Verkehrs zudem überholt".
DIW-Präsident sieht Hauptverantwortung bei den Herstellern
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie für einen Irrweg. "Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft". Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liege bei den Unternehmen selbst, nicht bei der Politik, sagte er der Funke Mediengruppe.
Umweltverbände für Neuordnung der Förderpolitik
Greenpeace spricht sich für eine andere Förderpolitik aus. "Statt einer ungerechten und ökologisch schädlichen Förderung von Dienstwagen sollte der Wirtschaftsminister eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen", forderte die Umweltschutzorganisation mit. Diese solle mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanziert werden. Sozial und ökologisch orientierte Verbände forderten eine "sozial gestaffelte Kaufprämie". Aus Sicht des ökologischen Verkehrsclubs VCD sollten die "weitreichenden Steuerprivilegien für Verbrenner" ab- und umgebaut werden. Außerdem müsse Schluss sein mit der Debatte um E-Fuels und das Aufweichen von CO2-Vorgaben.