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NatWest Group plc: Solider Dividendenwert mit Rückenwind – reicht das für die nächste Kursrunde?

30.12.2025 - 16:17:55

Die NatWest-Aktie hat sich nach einem schwierigen Vorjahr stark erholt. Wie nachhaltig ist der Aufschwung, was sagen Analysten – und wo liegen Chancen und Risiken für Anleger?

Die Aktie der NatWest Group plc ist in den vergangenen Monaten still und leise von einem Sorgenkind der europäischen Bankenszene zu einem der auffälligeren Comeback-Werte im britischen Finanzsektor avanciert. Steigende Zinsen, solide Kapitalquoten und eine offensive Ausschüttungspolitik haben das Sentiment deutlich aufgehellt – doch nach der kräftigen Rally stellt sich die Frage, ob der Aufschwung bereits gelaufen ist oder erst richtig beginnt.

Mehr über die NatWest Group plc, Geschäftsmodell und Investor-Informationen

Zum jüngsten Handelsschluss wurde die NatWest-Aktie (ISIN GB00BM8PJ831) an der London Stock Exchange bei rund 2,87 britischen Pfund (GBp 287) gehandelt. Daten von Finanzportalen wie Yahoo Finance und Reuters zufolge liegt der Titel damit leicht unter dem jüngsten Zwischenhoch, aber klar über den Tiefstständen des vergangenen Jahres. Auf Fünf-Tage-Sicht zeigt sich ein eher seitwärts gerichteter Verlauf mit kleineren Ausschlägen, während der 90-Tage-Trend deutlich nach oben weist. Das 52-Wochen-Spannungsfeld reicht dabei grob von der Zone um 2,00 Pfund auf der Unterseite bis in die Nähe von 3,00 Pfund auf der Oberseite – ein Indiz dafür, dass der Markt den strukturellen Turnaround der Bank inzwischen stärker einpreist.

Die kurzfristige Kursentwicklung wirkt zwar volatil, das übergeordnete Bild ist jedoch von einem moderat bullischen Sentiment geprägt. Anleger honorieren, dass NatWest nach Jahren des Schrumpfens und staatlicher Dominanz wieder klar profitabel ist, Aktien zurückkauft und eine attraktive Dividendenrendite bietet. Gleichzeitig bleibt das Umfeld für Banktitel angesichts Konjunktursorgen und möglicher Zinssenkungen durch die Bank of England anspruchsvoll.

Ein-Jahres-Rückblick: Das Investment-Szenario

Wer vor einem Jahr in die NatWest-Aktie eingestiegen ist, darf sich heute über ein deutlich freundlicheres Depotbild freuen. Der Schlusskurs lag damals bei rund 2,35 Pfund. Ausgehend vom aktuellen Niveau um 2,87 Pfund ergibt sich ein Kursplus von etwa 22 Prozent innerhalb von zwölf Monaten – und das wohlgemerkt ohne Berücksichtigung der Dividenden, die die Rendite zusätzlich aufhübschen.

Inklusive der Ausschüttungen, die bei britischen Banken traditionell einen hohen Stellenwert haben, fällt die Gesamtrendite für Langfristanleger noch einmal spürbar höher aus. Für Investoren, die in einer Phase hoher Skepsis gegenüber britischen Finanzwerten eingestiegen sind, war NatWest damit ein lohnendes antizyklisches Engagement. Umgekehrt verdeutlicht der Rückblick aber auch, dass ein beträchtlicher Teil der Erholung bereits im Kurs reflektiert ist – wer erst jetzt einsteigt, kauft nicht mehr im Krisenrabatt, sondern in einer Phase erhöhten Optimismus.

Im Vergleich zu anderen europäischen Großbanken liegt die Ein-Jahres-Performance von NatWest im oberen Mittelfeld: Einige kontinentale Institute mit stärkerem Investmentbanking-Schwerpunkt konnten zwar noch dynamischere Kursgewinne verbuchen, doch gemessen am defensiveren, stärker auf das Privat- und Firmenkundengeschäft fokussierten Geschäftsmodell schneidet NatWest respektabel ab. Der Markt scheint zu honorieren, dass die Bank das Risiko im Handelsbuch begrenzt hält und von einem soliden britischen Einlagen- und Kreditgeschäft lebt.

Aktuelle Impulse und Nachrichten

In den vergangenen Tagen standen bei NatWest vor allem operative Fortschritte und strategische Weichenstellungen im Fokus. Marktbeobachter registrierten, dass das Institut seine Kapitalausstattung trotz großzügiger Ausschüttungen auf einem komfortablen Niveau hält. Die harte Kernkapitalquote (CET1) bewegt sich weiterhin deutlich oberhalb der regulatorischen Mindestanforderungen, was Spielraum für weitere Aktienrückkäufe und stabile Dividenden eröffnet – ein entscheidender Treiber für das aktuelle Anlegerinteresse.

Hinzu kommen Signale aus dem Zinsumfeld: Nachdem die Bank of England ihre Zinsen in den vergangenen Jahren kräftig angehoben hatte, profitierte NatWest ebenso wie andere Retailbanken von einer Ausweitung der Zinsmargen. Zuletzt mehren sich jedoch die Erwartungen, dass der Zinserhöhungszyklus seinen Höhepunkt überschritten hat und im kommenden Jahr graduelle Senkungen folgen könnten. Analysten verweisen darauf, dass die Nettozinsmarge zwar unter Druck geraten könnte, NatWest aber bereits Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostenkontrolle eingeleitet hat. Vor wenigen Tagen unterstrichen Unternehmensvertreter erneut, dass man an den mittelfristigen Profitabilitätszielen festhalte und die Kostenquote weiter senken wolle.

Anfang der Woche machten zudem Berichte die Runde, wonach die britische Regierung ihre Restbeteiligung schrittweise weiter abbauen möchte. Der Staat war nach der Finanzkrise als Großaktionär eingestiegen und hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich Anteile platziert. Ein weiterer Rückzug der öffentlichen Hand wird vom Markt ambivalent gesehen: Einerseits erhöht er mittelfristig den Streubesitz und die Attraktivität der Aktie, andererseits können größere Platzierungen kurzfristig Druck auf den Kurs ausüben.

Das Urteil der Analysten & Kursziele

Die Einschätzungen der Analysten fallen mehrheitlich positiv aus. Gemäß aktuellen Konsensdaten großer Finanzportale liegt die vorherrschende Empfehlung im Bereich "Overweight" beziehungsweise "Kaufen". Mehrere Häuser haben in den vergangenen Wochen ihre Kursziele nach oben angepasst, um der verbesserten Ertragslage und der konsequenten Ausschüttungspolitik Rechnung zu tragen.

So sieht etwa Goldman Sachs die NatWest-Aktie weiterhin als unterbewertet und plädiert für einen klaren Kauf mit einem Kursziel, das moderat über dem aktuellen Marktniveau liegt. Begründet wird dies mit der robusten Kapitalausstattung, der attraktiven Dividendenrendite und dem weiteren Potenzial für Aktienrückkäufe. Auch JPMorgan und die Deutsche Bank positionieren sich mit "Overweight"- beziehungsweise "Buy"-Voten eher auf der optimistischen Seite. Ihre Kursziele signalisieren ein Aufwärtspotenzial im niedrigen zweistelligen Prozentbereich, vorausgesetzt, die Konjunktur in Großbritannien schwächt sich nicht stärker als erwartet ab.

Etwas verhaltener geben sich Institute wie HSBC und Barclays, die die Aktie überwiegend mit "Halten" einstufen. Sie verweisen auf strukturelle Risiken im britischen Markt, darunter die hohe Zins- und Immobilienabhängigkeit vieler Kunden sowie mögliche regulatorische Verschärfungen. Zudem warnen sie davor, dass ein absehbarer Rückgang der Nettozinsmargen das Gewinnwachstum bremsen könnte, wenn Kostensenkungen und Gebühreneinnahmen nicht im gleichen Umfang zulegen.

In der Summe dürfte die Analystenlandschaft als leicht bullisch interpretiert werden: Das Übergewicht der Kaufempfehlungen und die im Schnitt über dem aktuellen Kurs liegenden Zielmarken sprechen für weiteres Potenzial, allerdings ohne die Euphorie vergangener Bankhaus-Boomphasen. Anleger sollten die Kursziele zudem vor dem Hintergrund der bereits gelaufenen Rally und der konjunkturellen Unsicherheiten einordnen.

Ausblick und Strategie

Für die kommenden Monate steht bei NatWest die Bewährungsprobe im Zeichen eines konjunkturellen Übergangs an. Während die vergangenen Quartale von Rückenwind durch hohe Zinsen geprägt waren, könnte ein langsamer Rückgang des Leitzinsniveaus den Margenspielraum einengen. Entscheidend wird sein, inwieweit es dem Management gelingt, das Geschäftsmodell profitabel weiterzuentwickeln, ohne übermäßige Risiken einzugehen.

Strategisch setzt NatWest auf mehrere Säulen: eine stärkere Digitalisierung des Privatkundengeschäfts, den Ausbau effizienter Online- und Mobile-Angebote, eine weitere Bereinigung des Kreditportfolios sowie den konzentrierten Fokus auf das Kerngeschäft im Vereinigten Königreich und in Irland. Zusätzliche Ertragsquellen sollen durch Beratungs- und Gebührendienstleistungen erschlossen werden, während risikoreiche Engagements im Investmentbanking bewusst begrenzt bleiben. Aus Investorensicht erhöht dies die Planbarkeit, reduziert aber auch die Chance auf außerordentliche Gewinne in Boomphasen der Kapitalmärkte.

Positiv hervorzuheben ist, dass NatWest dank seiner soliden Kapitalbasis voraussichtlich in der Lage sein wird, die attraktive Ausschüttungspolitik fortzuführen. Dividenden und Aktienrückkäufe bleiben zentrale Argumente für einkommensorientierte Anleger. Gleichzeitig müssen Investoren im Blick behalten, dass sich im Fall einer stärkeren Rezession Kreditausfälle erhöhen und damit Wertberichtigungen steigen könnten. Die Qualität des Kreditbuchs, insbesondere im gewerblichen Immobilienbereich und bei hochverschuldeten Konsumenten, wird zu einem wichtigen Prüfstein.

Für neue Investoren stellt sich damit die klassische Timing-Frage: Nach der deutlichen Erholung der vergangenen zwölf Monate ist der Sicherheitsabstand zu den Tiefstständen geschrumpft. Wer heute einsteigt, setzt darauf, dass NatWest seine operative Stärke in ein nachhaltiges Gewinnwachstum überführt und der britische Markt keine negativen Überraschungen bereithält. Chancen bieten sich vor allem dann, wenn es im Zuge politischer oder konjunktureller Schlagzeilen zu zwischenzeitlichen Übertreibungen nach unten kommt, die das Bewertungsniveau wieder attraktiver erscheinen lassen.

Bestehende Anleger wiederum können den Wert weiterhin als soliden Dividendenbringer im Portfolio betrachten, sollten aber regelmäßig prüfen, ob sich das Chance-Risiko-Verhältnis in Anbetracht der makroökonomischen Entwicklung verschiebt. In einem Umfeld, in dem Zentralbanken weltweit vorsichtig auf einen Zinssenkungspfad einschwenken, dürfte die Kursentwicklung von NatWest stärker von den eigenen Effizienzfortschritten und der Stabilität der heimischen Wirtschaft abhängen als in den vergangenen Jahren.

Unterm Strich präsentiert sich die NatWest-Aktie heute als transformierter Titel: aus einer lange Zeit stigmatisierten Krisenbank ist ein respektabler, wenn auch nicht risikofreier Dividendenwert geworden. Ob daraus ein dauerhafter Liebling institutioneller und privater Anleger entsteht, hängt maßgeblich davon ab, wie konsequent das Management seine Strategie weiter umsetzt – und ob es gelingt, zwischen Wachstumsambitionen und Risikodisziplin die Balance zu halten.

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