Mittelstand, Visier

Mittelstand im Visier: BSI warnt vor gravierender Cybersicherheits-Lücke

15.11.2025 - 08:21:12

Deutschlands Wirtschaftsrückgrat wird zur leichten Beute. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) schlägt Alarm: Während Cyberkriminelle ihren Fokus massiv auf kleine und mittlere Unternehmen verlagern, wiegen sich die meisten im trügerischen Glauben, gut geschützt zu sein. Der diese Woche veröffentlichte „Lagebericht zur IT-Sicherheit in Deutschland 2025? offenbart eine gefährliche Kluft zwischen Selbsteinschätzung und Realität – mit potenziell verheerenden Folgen für die gesamte deutsche Volkswirtschaft.

Die zentrale Erkenntnis des BSI: Unzureichend geschützte digitale Angriffsflächen sind das Einfallstor Nummer eins für erfolgreiche Cyberangriffe. Und ausgerechnet der Mittelstand, das Herzstück der deutschen Wirtschaft, scheint sich dieser Verwundbarkeit nicht bewusst zu sein.

Die Bedrohungslage eskaliert weiter

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Täglich werden durchschnittlich 119 neue Sicherheitslücken in Software entdeckt – ein Anstieg von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Flut potenzieller Einfallstore schafft ideale Bedingungen für Angreifer, die zunehmend geschickter darin werden, diese Schwachstellen auszunutzen. Das BSI verzeichnet einen alarmierenden Anstieg bei Exploit-Angriffen um 38 Prozent.

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Ransomware bleibt die dominante Bedrohung. Zwar führten internationale Ermittlungserfolge wie die Zerschlagung der LockBit-Gruppe zu einem leichten Rückgang finanziell motivierter Cyberkriminalität um neun Prozent. Doch gleichzeitig erreichten die durchschnittlichen Lösegeldforderungen Rekordniveau. Der Grund: Kriminelle setzen verstärkt auf eine perfide Doppelstrategie aus Datenverschlüsselung und gleichzeitigem Datendiebstahl mit Veröffentlichungsdrohung.

80 Prozent aller Angriffe treffen den Mittelstand

Die wohl besorgniserregendste Entwicklung: Geschätzte 80 Prozent aller gemeldeten Ransomware-Attacken richten sich mittlerweile gegen kleine und mittlere Unternehmen. Für Cyberkriminelle gelten sie als „leichte Beute” – ihnen fehlen schlicht die Ressourcen und das Spezialwissen für robuste Abwehrsysteme, über die Konzerne verfügen.

Das BSI warnt eindringlich: Diese massive Fokussierung auf den Mittelstand stellt ein systemisches Risiko für Deutschlands wirtschaftliche Stabilität und Innovationskraft dar. Doch die größte Gefahr lauert möglicherweise im Inneren der Unternehmen selbst.

Gefährliche Selbstüberschätzung

Die kritischste Schwachstelle ist nicht technischer, sondern psychologischer Natur: Eine gewaltige Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung und tatsächlichem Sicherheitsniveau. Sage und schreibe 91 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen bewerten ihre eigene IT-Sicherheit als „gut”. Die Realität sieht anders aus: Gemessen am „CyberRisikoCheck” des BSI erfüllen dieselben Firmen durchschnittlich gerade einmal 56 Prozent der grundlegenden Sicherheitsanforderungen.

Diese Selbstüberschätzung führt zu dem, was das BSI als „digitale Sorglosigkeit” bezeichnet – ein Paradies für Angreifer. Alexander Ingelheim, Geschäftsführer von Proliance, bringt es auf den Punkt: „Wenn Unternehmen ihre Sicherheit überschätzen, ist das kein Schutz, sondern Blindflug.”

Kein Wunder also, dass die kommende NIS2-Richtlinie, die Cybersicherheitspflichten auf mehr Unternehmen ausweitet, von Experten als dringend notwendige „Leitplanke” begrüßt wird. Sie soll einen datenbasierten Ansatz im Risikomanagement durchsetzen.

Experten fordern radikales Umdenken

Sicherheitsspezialisten sind sich einig: Es braucht einen fundamentalen Strategiewechsel. Das Kernproblem liegt in mangelnder IT-Hygiene. „Wir ertrinken in Schwachstellen mit 119 neuen pro Tag, aber das eigentliche Problem ist fehlende IT-Hygiene”, erklärt Zac Warren, Chief Security Advisor EMEA bei Tanium. „Die größten Einfallstore sind nach wie vor veraltete, ungepatchte Systeme. Angreifer wissen das und nutzen es aus.”

Thomas Boele von Check Point fordert einen Paradigmenwechsel: „Resilienz entsteht nicht durch Reaktion, sondern durch vorausschauende Vorbereitung – und durch konsequente Umsetzung von Prinzipien wie Zero Trust und der Intrusion Kill Chain.” Dieser Ansatz geht davon aus, dass weder Nutzer noch Geräte grundsätzlich vertrauenswürdig sind und verlangt strikte Verifikation bei jedem Zugriffsversuch.

Die Priorität für 2026: Angriffsflächen minimieren

Das BSI formuliert eine klare Handlungsempfehlung: Der entscheidende Hebel zur Verbesserung der Cybersicherheit ist der Schutz und die Verwaltung digitaler Angriffsflächen. Jedes Unternehmen muss vollständige Transparenz über sämtliche internetfähigen Assets, Server und Anwendungen gewinnen – und die damit verbundenen Schwachstellen konsequent managen.

Erschwerend kommt hinzu: Auch in der Bevölkerung sinkt die Bereitschaft zu grundlegenden Schutzmaßnahmen. Die Nutzung von Zwei-Faktor-Authentifizierung und Passwort-Managern ist das zweite Jahr in Folge rückläufig – oft mit der Begründung, diese seien „zu kompliziert”. Diese wachsende Sorglosigkeit auf individueller Ebene verschärft die Sicherheitslage für Unternehmen zusätzlich.

Die Botschaft der obersten deutschen Cybersicherheitsbehörde könnte kaum eindeutiger sein: Ohne realistische Risikobewertung, konsequentes Schwachstellenmanagement und eine Kultur der proaktiven Verteidigung bleibt der deutsche Mittelstand im Fadenkreuz internationaler Cyberkrimineller.

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